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Staunen über die Glockengießer

Die 671. Glocke aus Lauchhammer wird bald in Wittichenau läuten

Görlitz (rl). Freitag der 13. November war für die Wittichenauer Katholiken kein Unglückstag. Ganz im Gegenteil: Der Guss einer Glocke für ihre Kirche ist ganz hervorragend gelungen.

Katholische Christen aus Wittichenau sind mit Pfarrer Wolfgang Kresák nach Lauchhammer gekommen, um beim Guss der neuen Glocke für St. Maria Himmelfahrt dabei zu sein.

"Wie eine Suppe ist das heiße Metall in die Form gelaufen", stellte der Wittichenauer Pfarrer Dr. Wolfgang Kresák mit einer gewissen Ehrfurcht vor dem Werk der Glockengießer in Lauchhammer fest. Erstmals hat er persönlich den Vorgang erlebt und staunte, welche Arbeitsschritte notwendig sind, damit eine Glocke entsteht und zum Klingen gebracht werden kann.

Bevor aber am Freitag, 13. November, die etwa 1 150 Grad Celsius heiße Mischung aus 78 Prozent Kupfer und 22 Prozent Zinn aus dem rotscheinenden Keramikgefäß in die vorgefertigte Form geflossen ist, bat er mit rund 25 Mitgliedern seiner Pfarrgemeinde um Gottes Segen für den Guss der neuen Glocke. Er wies auch darauf hin, dass Glocken immer freitags um 15 Uhr, also zur Sterbestunde Jesu, gegossen werden. Aus verschiedenen Gründen musste es diesmal zwei Stunden eher sein. Als aber dann die Glockengießer die hellgelb glühende flüssige Masse in die Form laufen ließen, stimmte Pfarrer Kresák das "Te Deum" an, und alle Gemeindemitglieder sangen aus voller Kehle mit.

Nach zwei Minuten ist alles vorbei

Der Guss der neuen Wittichenauer Wandlungsglocke an sich dauerte gerade mal zwei Minuten. Wem das zu schnell war, konnte zusehen, wie noch zwei weitere Glocken für andere Zwecke gegossen wurden. Aber auch das war nach jeweils zwei Minuten erledigt.

Die Schnelligkeit hängt in erster Linie damit zusammen, dass die neuen Glocken relativ klein sind. Die Wittichenauer Glocke soll in den bei der zurzeit laufenden Sanierung der Pfarrkirche in den wieder errichteten Dachreiter kommen und während der heiligen Messe bei der Wandlung geläutet werden.

"Die Wittichenauer Pfarrkirche hat das größte Geläut im Bistum Görlitz. Bislang läuten sechs Glocken, nun werden es sieben sein. Selbst die Kathedrale in Görlitz hat nur vier Glocken", erklärt Michael Gürlach. Er ist im Bischöflichen Ordinariat der Glockensachverständige. Beim Guss in Lauchhammer am 13. November war er dabei. Und am vergangenen Dienstag ist er noch einmal dorthin gefahren, um die Qualität der Glocke abzunehmen. Seit Urteil lautet: "Der Guss ist geglückt. Auch klanglich ist die Glocke sehr gut gelungen."

So kann die Glocke mit einem Durchmesser von 472 Millimetern und einem Gewicht von 65 Kilogramm am Christkönigssonntag, 22. November, während einer zweisprachigen Andacht in Wittichenau auf das Patronat des heiligen Christophorus geweiht werden. Pfarrer Kresák will damit auch an zwei in den vergangenen Jahren verstorbene und mit Wittichenau verbundene Priester erinnern: an Pfarrer Christoph Bockisch, der von 1996 bis 2002 die Wittichenauer Pfarrgemeinde geleitet hat und 2006 gestorben ist, sowie an den aus dieser Stadt stammenden Pfarrer Christoph Kliemank, der in diesem Jahr gestorben ist. Auf der neuen Glocke steht der Spruch: "Sancte Christophore + + Ora pro nobis!" (Heiliger Christopherus + + Bitte für uns!").

Moderner Magnetantrieb für die jüngste Glocke

Wittichenau hatte auf der Pfarrkirche bereits bis in die 1960er Jahre einen Dachreiter, damals allerdings mit zwei Glocken. Die ehemalige Wandlungsglocke läutet heute im rund fünf Kilometer entfernen Kotten und fordert die Gläubigen auf, zu Gottesdiensten in die Dorfkapelle zu kommen. "Die andere Glocke ist verloren gegangen", sagt der Sachverständige des Bistums Michael Gürlach. Er weiß aber auch: "Die neue Wandlungsglocke ist etwas größer als die bisherige und passt damit vom Ton besser zum übrigen Geläut in Wittichenau." Außerdem wird es die erste Glocke im Bistum mit Linearantrieb sein. Michael Gürlach erläutert, dass es ähnlich wie bei einer Magnetschwebebahn funktionieren würde. "Das Gute daran ist, dass beim Läuten keine Nebengeräusche entstehen."

Der Betriebsleiter der Kunstgießerei in Lauchhammer, Dietmar Nicklisch erklärte den Wittichenauern, dass ihre Glocke die 671. war, die seit 1994 in seinem Werk gegossen wurde. Er erlebt fast jeden Freitag einen Glockenguss. Glockenformer und Gießer Andreas Noack stellte allen vor, wie aufwendig es ist, die Form für eine Glocke vorzubereiten, damit sie dann letztendlich in wenigen Minuten gegossen werden kann.

Rentner Georg Kretschmer aus Dubring, Mitglied des Pfarrgemeinderates, war kurz nach dem Glockenguss noch ganz ergriffen. "So etwas werde ich für unsere Wittichenauer Pfarrgemeinde wohl nicht mehr erleben können." Theoretisch kannte Pfarrgemeinderatsvorsitzende Kerstin Scholze den Ablauf, da sie Maschinenbau studiert hat. "Aber so etwas live zu erleben, das ist ganz toll. Es hat mich sehr bewegt und ging mir sehr nahe, vor allem als die Gebete gesprochen wurden und wir ,Großer Gott, wir loben Dich‘ gesungen haben."

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