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Wechselseitig befruchtend

Prior Nikolaus Natke über das Zusammenspiel von Dominikanern und Universität

Leipzig. Die Geschichte der Leipziger Universität war einst eng verknüpft mit der des Dominikanerordens. Durch eine Vortragsreihe und eine wissenschaftliche Fachtagung haben die Dominikaner in den vergangenen Monaten einiges getan, um die Beziehungen zur Leipziger Uni zu vertiefen.

Pater Nikolaus Natke (zweiter von links) feierte am 6. Dezember den ersten Gottesdienst im Rohbau der neuen Universitätskirche mit. Er nahm für den Dominikaner Gordian Landwehr (†1998), der öffentlich gegen die drohende Sprengung der Kirche protestiert hatte, eine Ehrung entgegen.

Das 600-jährige Bestehen der Leipziger Universität war Anlass für diverse gemeinsame Veranstaltungen der Dominikaner mit der Universität und mit anderen Partnern. Warum haben Sie sich dafür so intensiv engagiert?

Die Dominikaner kamen ja bereits vor 780 Jahren nach Leipzig, also 180 Jahre vor der Gründung der Universität. Und wir sind der Orden, bei dem das Studium ausdrücklich zum Ordensprogramm gehört. Die engen Verbindungen zur Universität liegen also gewissermaßen in der Natur der Sache. Bei der historischen Erforschung des Zusammenwirkens von Universität und Konvent gibt es erheblichen Nachholebedarf. Von 1539 bis 1920 waren ja keine Dominikaner in Leipzig. Und in der Zeit der Diktaturen war das Thema nicht von Interesse. Ein Jubiläum ist ein Ereignis, das gut geeignet ist, in dieser Hinsicht etwas ins Rollen zu bringen. In der Tat hatten wir insbesondere bei der wissenschaftlichen Fachtagung im Oktober den Eindruck, dass es wechselseitig befruchtend wirkt, wenn das ordenseigene Institut zur Erforschung der Geschichte des Dominikanerordens und der Lehrstuhl für Sächsische Landesgeschichte der Leipziger Uni zusammenwirken.

Welche neuen Erkenntnisse haben Sie selbst aus den Forschungen der Universität gewonnen? Können Sie ein Beispiel nennen?

Prior Nikolaus Natke Es war zwar bekannt, dass die Bibliothek des alten Dominikanerklosters in die Universitätsbibliothek übergegangen ist. Mir ist aber erst während der Fachtagung bewusst geworden, was das bedeutet, welche Schätze die Universität dort bewahrt hat. In dieser Weise war ich zuvor noch nicht mit unserer hiesigen Geschichte konfrontiert. Ich bin der Universität dankbar, denn der Orden wäre sicher nicht in der Lage gewesen, die Bände so sachgerecht zu lagern und zu erhalten.

Der Ordenshistoriker Gabriel M. Löhr hat vor 65 Jahren eine bedeutende Forschungsarbeit über die Dominikaner an der Universität Leipzig vorgelegt. Wurden seine Erkenntnisse durch die aktuellen Forschungen über den Haufen geworfen?

Im Wesentlichen sind sie bestätigt worden. Neue Erkenntnisse gibt es allerdings in der Frage, ob die Dominikaner zu den Gründungsvätern der Universität gehörten. Löhr nahm das an. Wir wissen aus den Unterlagen über die Promotionen nun aber sicher, dass dies nicht der Fall war. Einer der Gründungsväter der Uni trat später den Dominikanern bei, zur Gründung war er aber noch kein Ordensmitglied.

Sehen Sie weiteren Forschungsbedarf?

Da gäbe es sicher noch einiges. Interessant finde ich zum Beispiel die Frage, ob die Dominikaner Einfluss darauf hatten, dass die Universität Prag verließ und sich in Leipzig ansiedelte. Auch in Prag gab es ja zu dieser Zeit einen Dominikanerkonvent. In der jüngsten Ausstellung über die Universitätsgeschichte, die im Alten Rathaus gezeigt wurde, war auch eine Statue zu sehen, die Prager Studenten mit nach Leipzig gebracht haben, wahrscheinlich stellt sie den heiligen Thomas von Aquin dar. Ein Dominikaner. Warum sie gerade den mitgebracht haben, würde mich schon interessieren ...

Die Dominikaner haben sich in dem Streit darüber, was am Standort der einstigen Dominikanerkirche gebaut wird, auffallend zurückgehalten. Hätten Sie nicht auch gern ein Wörtchen mitgeredet?

Ich finde den Knatsch um den dortigen Bau verheerend. Er schadet allen Beteiligten, vor allem aber den Kirchen. Viel Positives, das die Wende hervorgebracht hat, wird dadurch zerstört. Wir distanzieren uns von dem Paulinerverein, der die Streitigkeiten immer wieder anheizt. Uns liegt an einem guten Verhältnis zur Universität und zur evangelischen Kirche. Zum jüngsten Objekt des Streites, der geplanten Glaswand zwischen Sakral- und Profanbereich des Gebäudes, kann ich nur sagen: Das finde ich aus katholischer Sicht gut. Glaube und Vernunft erscheinen getrennt, aber auch in wesentlicher Weise miteinander verbunden. Das war von jeher ein großes Thema für die Dominikaner.

Fragen: Dorothee Wanzek

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