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Bücher wurden immer wichtiger

Magdeburger Skriptorien spielten in der mittelalterlichen Buchmalerei eine wichtige Rolle

Magdeburg. Magdeburg war im Mittelalter eine Metropole der Kunst, des Wissens und des Glaubens. Dies spiegelte sich nicht zuletzt auch in der Buchmalerei, wie in der im Dezember zu Ende gegangenen Gotik-Ausstellung deutlich wurde.

Kuratorin Dr. Gabriele Köster verweist auf Seiten aus dem Fenitzer Psalter, wie sie im Herbst im Magdeburger Kunsthistorischen Museum zu sehen waren. Der Fenitzer Psalter entstand nach 1255.

"Magdeburg war im 13. Jahrhundert ein Zentrum der Kunst, des Wissens und des Rechts", sagt Dr. Gabriele Köster, Kuratorin der am 6. Dezember in Magdeburg zu Ende gegangenen Ausstellung "Aufbruch in die Gotik". In der Stadt gab es zu dieser Zeit verschiedene Bildungsstätten, darunter die berühmte Domschule. Hier an der Elbe in der Stadt Kaiser Ottos wurde Theologie getrieben und gelehrt, aber auch zunehmend über das Recht nachgedacht. Goldschmiede und Steinmetze vollbrachten handwerkliche Glanzleistungen. Aber auch in der Buchkunst waren Magdeburger Handwerker führend: "Seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts weiß man, dass Magdeburg in alter Zeit auch in der Buchmalerei eine wichtige Rolle gespielt hat", sagt Frau Köster. "Mit der Ausstellung ,Aufbruch in die Gotik‘ konnten wir erstmals eine große Zahl der mit der Elbestadt in dieser Hinsicht in Verbindung gebrachten Bücher zusammentragen."

Wo sich die Skriptorien in Magdeburg genau befanden, ist heute nicht bekannt. Denkbar seien Buchwerkstätten bei den Dominikanern oder Franziskanern. "Vielleicht saßen die Buchmaler im Magdeburger Kloster Berge der Benediktiner, wofür etwa die Chronik des Fruthof von Michelsberg Anhaltspunkte bietet. Vielleicht gab es auch schon freie Buchmaler-Werkstätten, die durch den großen Bedarf an abgeschriebenen Büchern entstanden."

Als gesichert aber gilt, dass in Magdeburg Bücher hergestellt wurden. Überdauert haben einige Psalter oder Psalterfragmente, teilweise mit Kalendarien oder anderen Beigaben. Erhalten geblieben sind auch theologische und die Lebenspraxis der Orden betreffende Schriften zum Beispiel aus dem Kloster Berge der Benediktiner und dem Pauli- Kloster der Dominikaner, zudem Heiligen-Viten, Evangeliare und Evangelistare.

"Mit großer Wahrscheinlichkeit" entstand zum Beispiel das Brandenburger Evanglistar in der Elbestadt. Der Bischof von Brandenburg habe über Jahre in Magdeburg gelebt, so Frau Köster. Anfang des 13. Jahrhunderts hatte Brandenburg noch keine entsprechende Infrastruktur für leistungsfähige Skriptorien. An dem Evangelistar sei gut zu zeigen, wie in Magdeburg unterschiedliche Strömungen der Kunst in Berührung kamen. So seien etwa in dem Buch genauso Einflüsse traditioneller byzantinischer wie auch damals neuer französischer Malkunst belegbar.

Zahlreiche der Bücher, die in den zurückliegenden Monaten der Gotikaustellung zusammengetragen waren, stammen aus der Bibliothek der Magdeburger Dominikaner. Das zeigt die Bedeutung der Ordensniederlassungen in der Stadt. Dominikaner, Franziskaner und Augustiner unterhielten in Magdeburg Ausbildungsstätten für ihre eigenen Ordensangehörigen und andere Geistliche, was einen Fundus an Büchern erforderte.

Geißelungs- und Kreuzigungsdarstellung im Brandenburger Evangelistar. Es wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit Anfang des 13. Jahrhunderts in Magdeburg geschaffen und wird heute im Domstiftsarchiv Brandenburg aufbewahrt. Erkennbar sind byzantinische und französische Einflüsse.



Interessanterweise habe es damals schon Leihlisten für Bücher gegeben, erzählt Gabriele Köster. "Wollte ein Ordensmann in Magdeburg ein ganz bestimmtes Buch aus Köln einsehen, bestellte er es über einen Boten und der nächste Mönch, der aus Köln nach Magdeburg kam, brachte es mit in die Elbestadt."

Weil immer mehr Laien - unter ihnen besonders Frauen aus den gehobenen Schichten - persönlich die Psalmen beten wollten, wurde im 13. Jahrhundert die Produktion von Psalterien immer wichtiger. "Einfach gestaltete Psalter für den täglichen Gebrauch konnten sich auch Leute mit vergleichsweise geringen Mitteln leisten", sagt Köster. Der Bedarf stellte sicher auch die Magdeburger Skriptorien vor die Herausforderung, Psalterausgaben in größerer Stückzahl herzustellen. Die erhalten gebliebenen Ausgaben belegen dies und zeigen einmal mehr, dass Magdeburg in alter Zeit ein wichtiger Ort der Buchkunst und Buchherstellung war.

Von Eckhard Pohl

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