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Anstoß

Ein Klappentext für mein Leben

Pater Bernhard Kohl

Vielleicht haben Sie zu Weihnachten ja ein Buch verschenkt oder sind selber ein leidenschaftlicher Leser. Der Ritus bei der Buchauswahl ist dabei vermutlich bei jedem von uns ähnlich: Man betritt eine Buchhandlung und muss sich zunächst einen Überblick über das Sortiment verschaffen. Bücher, Kalender, CDs ... Es ist schon erstaunlich, was in einer Buchhandlung so alles angeboten wird. Hilfreich können gerade bei Büchern kleine Aufkleber auf der Vorderseite eines Buches sein. "Bestseller" oder "Nobelpreis für Literatur 2009" liest man darauf. Oder aber man studiert den meist kurz gehaltenen Klappentext auf der Rückseite. Dort findet man eine Zusammenfassung des Inhalts, Informationen über den Autor oder Kritiken renommierter Zeitungen.

Einen solchen "Klappentext" finden wir auch in der Liturgie der Weihnachtszeit: den Johannesprolog, die Vorrede des Johannesevangeliums (Joh 1,1-18). Dieser wunderschöne Text fasst in konzentrierter Form die Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen zusammen. Der Bogen spannt sich von der Schöpfung bis zur Geburt Jesu. "Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt", heißt es dort. Jesus ist dieses fleischgewordene Wort Gottes. Mit ihm kam die Liebe, das Gute, das Leben in diese Welt.

Wenn Jesus das sich erfüllende Wort Gottes an uns Menschen ist, dann wird von uns eine Antwort erwartet - nicht nur damals, sondern immer wieder neu. Nicht allgemein, sondern konkret von mir. Auch meine Antwort auf die Anrede Gottes soll Fleisch werden, soll greifbar sein.

Als Christen sind Antworten von uns gefragt, die nicht allein dem Eigennutz dienen. Dabei sollten wir diesen Eigennutz nicht nur vermeiden, weil das verstandesmäßig von unserer christlichen Lehre her gefordert wird, sondern weil wir wirklich erfahren und spüren dürfen, dass es gut und sinnvoll ist, sich für andere Menschen einzusetzen, für sie eine erfahrbare Antwort auf die Anrede Gottes zu werden. Es gibt viele Orte und Formen, wo und durch die das Wort Gottes heute durch unser Tun "Fleisch" annehmen kann. Das müssen keine großen Aktionen sein. Allein Offenheit, Bereitschaft und Kreativität sind gefordert. Ein entscheidender Beitrag zum Aufbau des Reiches Gottes!

So kann der Johannesprolog zum Klappentext für mein Leben werden, für meine Heilsgeschichte mit Gott. Keine Angst vor der Kompliziertheit dieses Textes! Es ist einer der schönsten der Bibel überhaupt. Er braucht nur etwas Zeit, um sich setzen zu können. Aber bitte lassen Sie ihn nicht auf dem Büchertisch liegen. Nehmen Sie ihn und leben Sie ihn!

P. Bernhard Kohl OP, Leipzig

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