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Der Zukunftsmann

Bistumsarchivar Daniel Lorek sorgt sich mit Blick auf das Morgen um die Zeugnisse der Vergangenheit

Magdeburg. Sein Fundus ist die Vergangenheit. Doch sein Blick richtet sich permanent in die Zukunft: Daniel Lorek arbeitet als Archivar des Bistums Magdeburg.

Archivar Daniel Lorek verwahrt nicht nur Schriften, sondern etwa auch eine Reliquie des 1944 ermordeten Max Josef Metzger.


Manchmal sind es die kleinen Zufälle, die Geschichte lebendig machen und sie in die Gegenwart holen. Wie im Fall der "Reliquie" von Max Josef Metzger, die sich seit gut fünf Jahren im Archiv des Bistums befi ndet. Sie stammt aus dem Nachlass von Pfarrer Franz Stahlschmidt. Ende der fünfziger Jahre hatte er in Wolmirsleben die Canisius-Bruderschaft gegründet, mit der er das Hauptanliegen Metzgers, die konfessionelle Spaltung der Christen zu überwinden, weitertragen wollte. Die Reliquie befi ndet sich in einer Nachbildung des Reichsapfels. Es handelt sich um einen Rückenwirbelknochen des 1944 von den Nazis hingerichteten Priesters, dessen Seligsprechungsprozess gerade läuft.

Auch Reliquien im Archiv des Bistums

"Bis vor kurzem", erzählt Daniel Lorek "dachte ich, der Reichsapfel wäre aus Messing gefertigt. In der DDR gab es so wenig Edelmetall, dass eine hochwertige Anfertigung unwahrscheinlich erschien." Doch ein kleines Schriftstück zeige, dass er sich geirrt habe. "Als ich im letzten Jahr hörte, dass sich die Canisius-Bruderschaft aufl öst, habe ich sofort nach dem Verbleib der Akten gefragt." Lorek bekam die Unterlagen für das Bistumsarchiv, vor allem von Stahlschmidts ehemaliger Haushälterin. Darin enthalten: eine alte Quittung über die Anfertigung des Reichsapfelreliquiars von 1969. "Seitdem wissen wir, dass es aus Silber ist."

Daniel Lorek ist seit 1993 Archivar in der Magdeburger Ortskirche. Aufgewachsen in einem katholischen Elternhaus in Elbingerode, studierte der heute 42-Jährige wie seine beiden Brüder Theologie. Sie wurden Priester, zunächst auch Loreks Ziel. Doch er entschied sich um, beendete sein Studium und wurde Nachfolger von Pfarrer Franz Schrader, der im Aufrag von Bischof Johannes Braun das Bistumsarchiv 1979 eingerichtet hatte. "Ich kannte das Archiv von meinen Recherchen zu Weihbischof Rintelen, über den ich meine Diplomarbeit geschrieben habe. Als ich mit der Uni fertig war, kamen zwei Anfragen: eine aus Weimar und eine vom Bistumsarchiv." Entschieden hat er sich für Magdeburg.

Zwei kahle Kellerräume im Gebäude des Bischöfl ichen Ordinariats beherbergen das Archiv. Neue Akten kommen zunächst unbearbeitet in die Altablage. Lorek erhält sie vor allem aus den Abteilungen des Ordinariats oder manchmal von Privatleuten. Er präpariert das neue Material, "entgrätet" es von rostanfälligem Eisen, ordnet es chronologisch und sortiert es nach Schlagwörtern. Erst dann kommen die Akten in den großen Magazinraum.

Digitalisierung als ein mehr als schwieriges Arbeitsfeld

Lorek, der in einer Nebentätigkeit auch als Diözesanrichter in Erfurt arbeitet, ist der einzige Archivar im Bistumsarchiv. Um im Notfall nicht auf sich allein gestellt zu sein und um die Koordination mit anderen Archiven zu verbessern, ist das Bistumsarchiv Mitglied im neu gegründeten archivischen Notfallverbund Magdeburgs. "Durch den Brand der Anna Amalia Bibliothek kam die Idee auf, auch in unserer Stadt enger zusammenzuarbeiten, wenn ein Schaden in einem Archiv auftritt." Sechs Archive haben sich in Magdeburg zusammengeschlossen. "Damit bei Rettungsaktionen nicht noch mehr verloren geht, sondern so viel wie möglich organisiert gerettet werden kann."

Mit den Archivaren anderer Bistümer trifft sich Lorek wenigstens einmal im Jahr. Die größte Rolle spielen dabei Zukunftsfragen. "Wir wollen mit unserer Arbeit zukünftigen Generationen etwa auch übermitteln, wie die Ordinariate gearbeitet haben. Das wird bald wohl nur noch digital gehen." Lorek blickt dieser Entwicklung mit gemischten Gefühlen entgegen. "Einerseits kann die Digitalisierung mit dazu beitragen, den Bestand zu sichern. Gerade in der DDR war das Papier derart miserabel, dass sich die Akten schon heute in bedenklichem Zustand befi nden." Andererseits sei die Digitalisierung aber auch ein mehr als schwieriges Aufgabenfeld: Anders als Akten müssen die Datenmassen in regelmäßigen Abständen auf neue Speichermedien kopiert werden. "Viele meinen, die Digitalisierung könne Kosten minimieren, was so nicht stimmt. Noch gibt es kein Konzept zur echten Langzeitarchivierung."

Bislang arbeitet Lorek daher noch mehr mit Papier als mit dem Computer. "Wir besitzen aus den letzten Jahren aber schon jetzt einige Dateien im Archiv." Die Vergangenheit hinterlässt immer häufi ger digitale Spuren. Der Archivar, der in die Zukunft blickt, ist darauf vorbereitet.

Von Kilian Trotier

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