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Klares Zeugnis für Christus

Die Seligsprechung des sorbischen Kaplans Alois Andritzki steht bevor

Radibor. Der Seligsprechungsprozess für den sorbischen Priester Alois Andritzki soll in diesem Jahr abgeschlossen werden. Die Seligsprechung könnte dann bis Jahresmitte 2011 erfolgen.

Alois Andritzki auf dem Weg zum Primizgottesdienst in der Radiborer Pfarrkirche am 6. August 1939. Fotos: Cyrill-Methodius- Verein

Januar 1943 im KZ Dachau. Eisiger Wind fegt über den Appellplatz. Nur mit Hemd bekleidet schleppen sich Häftlinge ins Krankenrevier. Der heimtückische Bauchtyphus breitet sich aus. "Du, wir wollen sehen, dass wir zusammen bleiben", erinnert sich der damalige Häftling und heutige Prälat Hermann Scheipers (96) an die Worte des sorbischen Kaplans Alois Andritzki (1914-1943). Dieser überlebte das KZ nicht.

"Sein Sterben ist Zeugnis für den Glauben an Christus. Selbst in der Hölle von Dachau bewahrte er sich seine konsequente Haltung", sagt der Bautzener Dr. Rudolf Kilank, Pfarrer im Ruhestand. Wie viele Sorben und Deutsche in der Lausitz hofft er auf Alois Andritzkis Seligsprechung. In intensiver Recherche trug Rudolf Kilank im Auftrag des Bistums Dresden-Meißen für den katholischen Cyrill- Methodius-Verein als Postu-lator des Verfahrens Aussagen und Quellen zusammen. 2001 wurde das Verfahren auf Bistumsebene abgeschlossen und nach Rom zur weiteren Prüfung übergeben.

Glaubwürdig als Christ und als Priester

Im Juli 1998 hatte Bischof Joachim Reinelt das Verfahren eröffnet. Mit der Seligsprechung rechnet er nun bis Mitte 2011. "Alois Andritzki hat in schweren Zeiten glaubwürdig als Christ und Priester gelebt und gewirkt. Noch heute kann er als gutes Beispiel dienen. Vor allem was seinen Widerstand gegen die Nazi-Ideologie angeht", sagt Joachim Reinelt.

Alois Andritzkis Geburtshaus und sein Grab.



Am 2. Juli 1914 kam Alois Andritzki in Radibor bei Bautzen zur Welt. Seine Eltern, Lehrer und Kantor Johann und Ehefrau Magdalena, zogen zwei Töchter und vier Söhne groß. Nach der Volksschule Radibor und der Katholischen höheren Aufbauschule in Bautzen legte er sein Abitur mit Auszeichnung ab. 1934 bis 1938 studierte er in Paderborn Theologie. Bischof Petrus Legge weihte ihn am 30. Juli 1939 in Bautzen zum Priester. Seine erste Anstellung erhielt er als Kaplan an der Hofkirche Dresden. Dort wurde er zugleich Präfekt der Dresdner Kapellknaben und Präses der Dresdner Kolpingsfamilie.

"Alois war sehr hilfsbereit, ein sehr froher Mensch", erzählt seine Schwester Martha Hantusch in Radibor. Jugendliche konnte er mitreißen. "Vor allem mit seinen Fähigkeiten: er konnte zeichnen, gut schwimmen, turnen. Er spielte Fußball mit, organisierte Geländespiele. Aus jedem Instrument holte er Musik heraus", berichtet die Schwester. Alois Andritzki sah dabei über den katholischen Tellerrand hinaus. Immer betonte er gegenüber der Schwester, dass auch in den evangelischen Orten der Lausitz Sorben leben.

Alois Andritzki

1940, so erzählt die Schwester, organisierte Alois Andritzki ein bewegendes Krippenspiel in Dresden. "Davon ist lange geredet worden. Alois hat die Jugend begeistert." Er ermutigte sie zum selbständigen Denken und Fühlen. Wegen "heimtückischer Angriffe auf Staat und Partei" nahmen die Nazis den Kaplan am 21. Januar 1941 in Dresden fest. Während der Entlassung aus der Untersuchungshaft am 15. August 1941 wurde er sofort wieder verhaftet. Im Oktober 1941 verschleppten ihn die Nazis ins KZ Dachau.

Beim Transport dorthin lernte er den Benediktinerpater Maurus Münch aus Trier kennen. "Drei Dinge gelobten wir uns in den ersten Tagen", erinnert dieser sich später: "Wir wollten nie klagen! Wir wollten nie unsere Haltung als Akademiker preisgeben! Wir wollten keinen Augenblick unser Priestertum vergessen!"

Hermann Scheipers beschreibt Alois Andritzki als frohen, tapferen, frommen Zeugen Christi. "Ich habe ihn niemals niedergedrückt oder verzweifelt gesehen. Er war gegenüber seinen Mitbrüdern und den anderen Mitgefangenen stets hilfsbereit und auch beim kommunistischen Blockpersonal geachtet und beliebt." Noch im KZ heiterte Alois die anderen auf. Im Handstand lief er abends durch den Schlafsaal. Mit Saltos schwang er sich auf seinen Strohsack. Auch im KZ betete er, beichtete er und feierte Gottesdienst. "Sein großes Krippenbild, mit dem er Weihnachten 1941 unsere Barackenkapelle schmückte, war zugleich von inniger Wärme und höchstem liturgischem Empfinden", schildert Maurus Münch. "Alois sang begeistert und sicher vom Blatt den schwersten Choral." Stets hatte er ein frohes Wort und feinen Witz für die Mitgefangenen übrig.

"Wer ihn sah, war froh für den ganzen Tag"

Mit anderen Priestern bildete er einen Studienkreis. Hier lasen sie an drei Abenden in der Woche aus der Heiligen Schrift. Aus diesem Bibelkreis entstand ein Liturgiekreis. "Wer ihn am Morgen sah, ward froh für den ganzen Tag", so Pater Münch über Alois Andritzki. "Aber nie hat er sich nur das Geringste vergeben. Nie hat er auch nur durch ein schiefes Wort einen Mitbruder verletzt."

Nach Weihnachten 1942 erkrankte Alois an Bauchtyphus. Doch erst am 19. Januar 1943 meldete er sich im Krankenrevier. Im Sterben liegend erbat er einen Priester. Pfleger Wastl, ein Kommunist und Rotspanienkämpfer, erwiderte nur: "Was, a Pfaffen will er. A Spritzen kriegt er." So starb Alois Andritzki am 3. Februar 1943 durch eine Giftinjektion, einen Tag nach Maria Lichtmeß. Hermann Scheipers, ebenfalls krank, lag in seiner Nähe. "Kaplan Andritzki ist eindeutig als Märtyrer der Kirche zu bezeichnen", befürwortet er die Seligsprechung. Auch der Cyrill- Methodius-Verein, Akteur und Erbitter des Verfahrens, hofft darauf.

Beten für die Seligsprechung

"Alois Andritzki lebte eine klare Ausrichtung auf Christus vor. Er setzte seine besten Fähigkeiten für Christus ein. Er strahlte eine sehr natürliche, authentische Freude am Glauben aus", meint Rafael Ledschbor, Redakteur der sorbischen katholischen Wochenzeitschrift "Katolski Posol". Alois Andritzki, so betont er, hat Glauben reflektiert, hinterfragt, vertieft. Gerade das strahlt auf heutige Christen aus.

Zu Hause betet Rafael Ledschor wie viele Sorben jeden Abend mit der Familie für die Seligsprechung. 1998 regte der Ralbitzer Gemeindepfarrer Michal Nawka allabendlich das Rosenkranz- Gebet für die Seligsprechung an. Ebenso das Gebet an jedem ersten Donnerstag im Monat, dem so genannten Priesterdonnerstag. Eine Seligsprechung, so Rafael Ledschbor, gäbe neue Impulse für den Glauben. "Davon würden wir Sorben langfristig zehren."

"Für uns war Kaplan Andritzki einfach Vorbild durch seine Lauterkeit, seine Freude, seine große Bescheidenheit und noch größere Hilfsbereitschaft", erinnert sich Maria Cermanová in Usti nad Labem (Tschechien), die 1939 zur katholischen Jugend der Dresdner Hofkirche gehörte, an Alois Andritzki. "Glaube und Christsein müssen gelebt werden." Das hat sie bei ihm immer gespürt. Kaplan Andritzki, so schildert sie, pflegte ein besonderes Verhältnis zu Kranken und Einsamen.

Als Mensch, Lehrer und Priester wertschätzt Professor Dr. Wolfgang Marcus, 1990 bis 1994 für die SPD im ersten Sächsischen Landtag, Kaplan Andritzki. Dieser war sein Religionslehrer 1939 im katholischen St. Benno-Gymnasium Dresden. "Seinen Religi-onsunterricht empfand ich immer als höchst aktuell - ich freute mich eine ganze Woche lang auf die nächste Stunde", erinnert er sich. "Seine Verhaftung, sein Prozess, vor allem aber sein Abtransport nach Dachau und die Todesnachricht von dort wühlten mich auf", unterstreicht Wolfgang Marcus. "Sie gaben mir Kraft für ein Leben, dem Totalitarismus zu widerstehen."

Weitere Informationen:
www.andritzki.de oder www.kaplan-andritzki.de

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