Bei den Gefangenen geschätzt
Vierköpfiges Seelsorgeteam kümmert sich um Häftlinge in der JVA Burg / Ehrenamtliche gesucht
Burg. Seit einem dreiviertel Jahr gibt es in Burg eine neue Justizvollzugsanstalt mit 658 Haftplätzen. Vier Seelsorger bieten den Gefangenen Begleitung an. Gesucht werden dafür aber noch ehrenamtliche Mitarbeiter.
Torsten W. ist dankbar dafür, dass es die Seelsorger im Gefängnis gibt. "Ich habe Vertrauen zu ihnen", sagt der wegen Betrugs bis 2012 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg inhaftierte junge Mann. Hoffnungen über eine vorzeitige Entlassung macht sich Torsten W. nicht. Um so mehr schätzt er die Möglichkeit, immer wieder mit einem der Seelsorger ein Gespräch führen und an deren Angeboten aktiv teilnehmen zu können.
Mit vielen Häftlingen im Gespräch
Die Justizvollzugsanstalt Burg ist völlig neu errichtet worden. Mit Eröffnung am 30. April vergangenen Jahres haben auch die vier Seelsorger ihre Arbeit aufgenommen: Pfarrer Christoph Kunz (75-Prozent-Stelle) und Diakon Klaus Lange (50 Prozent) von der katholischen Kirche und Pfarrerin Jana Büttner (50 Prozent) und Pfarrer Helge Hoffmann (75 Prozent) von der evangelischen Kirche. Die JVA ist für 658 männliche Strafgefangene oder Sicherheitsverwahrte konzipiert, bislang sind gut zwei Drittel der Haftplätze belegt. Rund 25 Häftlinge betreut jeder der Seelsorger regelmäßig, wie Pfarrer Kunz sagt. Die Häftlinge seien dabei die Einladenden, die Gespräche finden in den Zellen statt.
"Die meisten der Gefangenen schätzen die Seelsorger", sagt Torsten W. Es sei gut, sich über persönliche Dinge aussprechen zu können, ohne dass darüber ein Bericht geschrieben werde, wie dies die Anstaltspsychologen und -sozialarbeiter tun müssten.
Durch die Einzelzellen in der JVA bestehe die Gefahr der Vereinzelung. Dem setzen die Geistlichen Angebote gemeinsamer Aktivitäten entgegen. "Wir wollen den Gefangenen die Chance bieten, einander zu begegnen und dabei auch zu lernen, vernünftig miteinander umzugehen", sagt Pfarrer Kunz. Neben den ökumenischen Gottesdiensten für zwei verschiedene Gruppen von je zirka 40 bis 45 Personen am Samstag- beziehungsweise Sonntagnachmittag lädt das Seelsorgeteam die Häftlinge zum wöchentlichen Bibelabend, aber auch zur Probe des gerade entstehenden Chores und der Musikgruppe, zum Gesprächskreis oder etwa in der Adventszeit zum Bastelabend ein. "Für die Gefangenen bieten die Angebote eine Ablenkung. Etliche sind zudem einfach neugierig oder sagen sich: Hier habe ich Zeit dafür", sagt Pfarrer Hoffmann. Sportmöglichkeiten oder Spielrunden bietet aber auch die Privatfirma an, die das Gefängnis gemeinsam mit dem Land Sachsen- Anhalt betreibt.
Bislang gebe es in der JVA Burg noch zu wenige Bedienstete, was eine hohe Arbeitsbelastung bedeute. "Wenn ein bisschen Ruhe ist, suchen auch die Bediensteten mal das Gespräch mit uns", erzählt Diakon Klaus Lange. In der Regel seien dies Kontakte "zwischen Tür und Angel". Diese Erfahrung macht auch Pfarrerin Büttner, zumal ein Drittel der Bediensteten Frauen seien. Dass mit der Pfarrerin auch eine Frau im Team ist, sei im "Männersystem Gefängnis" eine wichtige Bereicherung, weil durch sie "überraschend andere Sichtweisen ins Spiel kommen", betont Pfarrer Kunz.
Unterstützung für Freizeitangebote gesucht
"Wir sind als Seelsorger für jeden Menschen da, egal, welcher Konfession oder Weltanschauung er angehört", sagt Pfarrer Kunz. Die meisten der Gefangenen seien nicht religiös gebunden, eine kleinere Zahl Christen oder Muslime.
So ein Gefängnis sei wie ein Dorf, sagt Kunz. Häufiger und stärker als in einem Dorf gebe es aber immer wieder Krisensituationen, die es zu entflechten gelte. Bei seinem Dienst für die Gefangenen werde ihm deutlich, wie sehr es zum Menschsein gehört, mit Scheitern und Schuld umzugehen, sagt Kunz.
Für die Seelsorgearbeit in der JVA suchen die Geistlichen noch ehrenamtliche Mitstreiter. Sie könnten zum Beispiel wie Andreas Reinboth von der Oper in Leipzig die Musikgruppe der Häftlinge unterstützen, an der sich auch Torsten W. beteiligt. So gebe es etwa den Wunsch nach Gitarrenunterricht, sagt Pfarrer Kunz. Vielleicht könne die Musikgruppe künftig auch mal Konzerte im Gefängnis geben. Ehrenamtliche würden aber auch für eine Literatur-, eine Theatergruppe oder künstlerisch-gestalterische Aktivitäten gesucht. Wer bereit sei, einen solchen Dienst ehrenamtlich anzubieten, müsse sich aber auf eine Regelmäßigkeit und Dauer einlassen können und sich ganz offiziell einbinden lassen.
Kontakt:
Pfarrer Christoph Kunz,
Tel. 01 77/8 88 58 86;
E-Mail: christoph.kunz@gmx.de;
Mehr zur JVA Burg: www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=23192
Von Eckhard Pohl