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Anstoß

Was Eucharistie und Elbequelle gemeinsam haben

Guido Erbrich

Wer die Elbquelle besucht, muss sich ganz schön anstrengen. Ein langer Aufstieg, denn nicht weit vom Gipfel entfernt, entspringt auf dem Kamm des Riesengebirges der Fluss, der Deutschland schräg durchfließt, um dann in die Nordsee zu gelangen.

Am Beginn seiner Reise ist er noch sehr klein. Es ist überhaupt kein Problem drüber zu hopsen. Doch wer dem Weg von der kleinen Quelle hinunter ins Tal bis zum Meer folgt, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Es dauert nicht lange, da können Boote auf dem Flüsschen schwimmen, bald sind es Schiffe und zum Schluss befahren sogar Ozeanriesen und Supertanker die Elbe. In Cuxhafen versucht keiner mehr, einfach mal über die Elbe zu springen. Da ist sie so breit, dass man kaum noch hinüber schauen kann. Der Fluß ist zu einem majestätischen Strom geworden und vereinigt sich mit der unendlichen Weite des Meeres. Keiner, der an der Quelle steht, würde auf die Idee kommen, sie allein für den Fluss zu halten.

Das Zweite Vatikanische Konzil beschreibt mit einem sehr schönen Bild die Eucharistie: Sie ist Quelle und Gipfel des Lebens. Aus dieser Gipfelquelle sprudelt das Wasser des Lebens und will in das Leben hinunterfließen. Und hier, an dieser entscheidenen Stelle unseres Glaubens und Lebens besteht für uns Christen die eigenartige Versuchung, an der Quelle zu verharren und nicht hinunter ins Tal zu gehen. Es ist ja viel einfacher auf dem Gipfel zu bleiben und das Tal, in das das Leben spendende Wasser fließt, aus dem Blick zu verlieren.

Das wäre nun aber eine regelrechte Fehlinterpretation der Botschaft Jesu. Das "Tut dies zu meinem Gedächntnis", die Aufforderung Jesu beim Abendmahl ist ohne das "Geht hinaus in alle Welt und verkündet das Evangelium", seinen Verkündigungsauftrag an die Jünger, nicht zu denken. Dabei ist die Eucharistie die Vergewisserung, das Abstimmen und das Einswerden mit dem Gott, der immer wieder zu uns kommt. Aber danach gilt es die Sandalen zu schnüren und loszulaufen.

Das Leben spendende Wasser will die Ebene, ja die Wüste zum Blühen bringen. Es will dorthin, wo Trockenheit herrscht und Tod. Es will das Leben durchspülen und scheut sich nicht davor schmutzig und benutzt zu werden. Das Verharren an der Quelle ist nicht besonders fromm, im Gegenteil, es ist das Unvermögen dem Wasser in der Quelle den Weg ins Leben zuzutrauen. Was letztlich nichts anderes als Unglaube ist. Aus der Quelle der Eucharistie dürfen wir Kraft schöpfen für ein Leben in der Welt. Denn die Kranken brauchen den Arzt, nicht die Gesunden. Und diese Leben spendende Medizin ist ohne Risiken und Nebenwirkungen nicht zu haben.

Guido Erbrich, Bautzen

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