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"Wir sind wie Schwestern"

Sie kannten einander nicht. Und doch hat eine junge Frau einer anderen das Leben gerettet.

Görlitz (eco). Wenn Bianca nicht gewesen wäre, würde Anna nicht mehr leben. Und Hania wäre nicht geboren worden.

Anna Trybulska (links) und Bianca Seitzinger auf der Altstadtbrücke in Görlitz. Eine Knochenmarkspende von Bianca hat Anna das Leben gerettet

Es ist bitterkalt an diesem Freitag auf der Altstadtbrücke über die Neiße. Anna Trybulska hat ihre kleine Tochter auf dem Arm. Die kleine Hania ist elf Monate alt und dick eingepackt. Vom deutschen Ufer kommt eine junge Frau herüber und geht auf Anna zu. Als sie sich treffen, liegen sie sich in den Armen. Minutenlang. Drei Minuten, vier Minuten. Sie schauen einander an und weinen.

Die beiden jungen Frauen, die sich hier begegnen, haben sich nie zuvor gesehen. Es ist das erste Mal, dass Anna Trybulska die Frau sieht, die ihr das Leben gerettet hat: Bianca Seitzinger.

Die Geschichte, die die beiden verbindet beginnt 2005. Bei Anna Trybulska wird Leukämie, Blutkrebs diagnostiziert. Die junge Frau aus Ober Schönbrunn (Studniska Gorne), einem kleinen Dorf zehn Kilometer östlich von Görlitz, ist jetzt dringend auf eine Knochenmarkspende angewiesen. Die Schwierigkeit dabei ist, dass nur ein genetischer Zwilling die notwendigen Zellen spenden kann.

Bianca Seitzinger aus Backnang bei Stuttgart kann sich noch gut daran erinnern, wie es war, als sie sich damals von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) typisieren ließ. Eine Freundin hatte sie mitgenommen und dann wurden ihr ein paar Milliliter Blut abgenommen. Das war es. Nur kurze Zeit später kommt der Anruf. Ob sie spenden könne, fragt die Stimme am anderen Ende. "Natürlich", ist ihre Antwort.

Die Empfängerin dieser Spende ist Anna. In Polen hatte sich kein passender Spender gefunden. Jetzt, nach der Spende, ging es wieder bergauf. Den Krebs hat die 26-Jährige mit Biancas Hilfe besiegt.

In Deutschland wartet jeder fünfte Patient vergeblich auf den passenden Spender. In Polen ist es sogar jeder zweite. Deshalb findet jetzt in der Europastadt Görlitz/ Zgorzelec die erste deutschpolnische Typisierungsaktion der DKMS statt. An diesem Wochenende kann jeder mitmachen, der zwischen 18 und 55 Jahren alt ist. Jeweils von 10 bis 16 Uhr werden im Citycenter, Am Frauentor, und im Gimnazjum Nr. 3, Straße der Heimatarmee (ul. Armii Krajowej) den Spendern ein paar Tropfen Blut abgenommen.

"Ich habe immer gehofft, aber auch gewusst, dass es ganz anders ausgehen kann", sagt Anna rückblickend auf die Zeit ihrer Krebserkrankung. Bianca Seitzinger ist sich auch heute noch sicher, dass sie es wieder tun würde, denn sie hat ein Familienmitglied dazugewonnen. "Wir sind irgendwie wie Schwestern", sagt sie.

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