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"Bloß nicht so abgedreht heilig"

Zum Tag des geweihten Lebens (2. Februar): Offen für Berufungen - Klarissen als Wegbegleiterinnen

Bautzen. Nichts lag Katrin Damm vor einigen Jahren ferner als die Vorstellung, in ein Kloster mit strenger Klausur einzutreten. Am 23. Januar wurde sie als Postulantin im Bautzener Klarissenkloster aufgenommen.

Äbtissin M. Clara nimmt Katrin Damm (links) als Postulantin auf. In einer feierlichen Vesperandacht erklärt die neue Postulantin ihre Bereitschaft, in das klösterliche Leben hineinzuwachsen.

"Hier konnte man das Thema Berufung ansprechen, ohne dass gleich alles schreiend davonlief", erzählt Katrin Damm schmunzelnd. Die Offenheit, die der Potsdamer Jurastudentin vor mehr als drei Jahren im "Treffpunkt St. Clara" der Bautzener Klarissen auffiel, hatte sie in katholischen Gemeinden zuvor nicht angetroffen.

Nach dem Abitur hatte sich die junge Frau taufen lassen. Aufgewachsen in einem atheistischen Elternhaus in der Lutherstadt Wittenberg, war ihr mit sechzehn Jahren plötzlich die Erkenntnis gekommen: Es gibt Gott. "Kurz darauf habe ich zum ersten Mal in meinem Leben mit einem Katholiken über den Glauben gesprochen", erinnert sie sich. Und nach einiger Zeit war für sie klar: "Wenn es Gott gibt, gehöre ich getauft." Im Nachhinein betrachtet sie es als großes Glück, dass sie damals noch nichts von den umwälzenden Folgen ahnte, die dieser Schritt für ihr Leben haben sollte. Sie wusste, dass sie einmal Richterin werden wollte, und ganz in der Ferne zeichnete sich eine eigene Familie als Zukunftsvision ab. Den eigenen Glauben hätte sie gern "möglichst normal" gelebt, "bloß nicht sowas abgedreht Heiliges".

Dass Gott sie im Kloster haben wollte, wurde ihr erst im "Treffpunkt St. Clara" bewusst, und auch nicht gleich beim ersten Treffen. "Zuerst habe ich mich einfach gefreut, dass wir hier über unser Leben mit Gott gesprochen haben. Es war wohltuend und so, als hätte ich die anderen schon immer gekannt", erinnert sich Katrin Damm. Während einer Zeit der Anbetung beim dritten oder vierten Treffen habe sie plötzlich gespürt, dass sie im Kloster bleiben sollte - "und mich mit allen Kräften dagegen gesträubt". Was sie alles aufgeben müsste für ein Leben im Kloster, stand ihr klar vor Augen. Freiheit ist ihr sehr wichtig. "Mal in Urlaub fahren, jemanden besuchen, wenn er ein Problem hat - auf einmal geht das nicht mehr. Ich liebe stundenlange Spaziergänge, hier kann ich allenfalls ein paar Runden durch den kleinen Garten drehen." Ein tränenreiches Wochenende sei es gewesen, erzählt die junge Frau. "Plötzlich hörte ich immerzu aus allen Texten heraus: Du musst Gott vertrauen. Beruhigt hat mich das in dieser Situation aber ganz und gar nicht." Erst Wochen später gab sie ihre inneren Widerstände auf: "Insgeheim habe ich aber noch lange gehofft, dass sich diese Kloster-Phase irgendwann wieder legt."

Als Katrin Damm vor einigen Wochen bei den Klarissen einzog, fand sie zu ihrer eigenen Überraschung noch das Lebkuchenherz, das sie den Schwestern damals geschenkt hatte. "Es ist, als sollte ich einfach bleiben", endet ein selbst verfasstes Gedicht, das sie auf die Rückseite geklebt hat. Fast immer, wenn Katrin Damm irgendetwas besonders bewegt, fasst sie ihre Gedanken in ein Gedicht. Rund 200 Gedichte sind in der Zeit seit ihrer Taufe entstanden, etliche bewahren die Klarissen auf. Katrin Damm ist dankbar dafür, dass sie auf der Suche nach ihrem Lebensweg Begleiterinnen mit Erfahrung zur Seite hatte: "Sie halfen mir dabei, die Stimme Gottes zu unterscheiden von dem, was ich mir möglicherweise selbst eingebildet habe." In schwierigen Phasen hätten die Schwestern sie "aufgepäppelt", damit sie dann "weiterkämpfen" konnte. "Abnehmen kann mir die Schwierigkeiten keiner, den Abschiedsschmerz zum Beispiel - da musste ich alleine durch", weiß sie.

Zwei Wochen lang hat sie sich jeden Tag von drei bis vier Freunden und Verwandten verabschiedet, bevor sie im Oktober ins Kloster zog. "Das war, wie auf der eigenen Beerdigung zu sein und Leute zu trösten", beschreibt sie. Zwei Wochen lang sagte man ihr: "Was haben wir Schönes zusammen erlebt, all das können wir nie wieder ..." Die Erinnerung an das weinende Kind der Freundin, dass sich an ihr festklammerte, die Wohnungsübergabe, der Verkauf des Autos, Abschied von CDs, Büchern, Erinnerungsstücken und nicht zuletzt von den Eltern, mit denen sie nie wirklich über ihre Entscheidung reden konnte, die ihr aber klar zu verstehen gaben: "Dort besuchen wir dich nicht." Dass sich das noch ändert, hofft sie jedoch. "Wenn du es dir anders überlegst, ruf an, ich setze mich sofort ins Auto und hole dich ab", hat sie in den Tagen des Abschieds unzählige Male gehört. Und nur ein einziges Mal: "Wenn du jemanden brauchst, der dich hinfährt ..."

"Das Loslassen war verdammt schwer", sagt sie einige Wochen später, " - doch komisch, was ich loslassen musste, fehlt nicht."


Info


Treffpunkt St. Clara


Menschen auf ihrem Berufungsweg zu begleiten - dazu hatten sich die Klarissen in Bautzen eigentlich gar nicht berufen gefühlt. Als sie zum Rosenkranzfest 2006 einige junge Frauen für ein Wochenende zu sich einluden,war es ihnen vor allem darum gegangen, mehr über die Lebenswelten junger Menschen von heute zu lernen, darüber, was sie bewegt.

Die drei Frauen, die der Einladung gefolgt waren, verband bei aller Unterschiedlichkeit die Suche nach einem intensiveren geistlichen Leben. Sie alle stellten sich die Frage: "Auf welchem Weg will Gott mich haben?" Ihr Drängen auf eine Fortsetzung für das gemeinsam mit den Schwestern verbrachte Wochenende verstanden die Klarissen als "Wink Gottes".

Drei bis fünf Frauen - die jüngste noch Schülerin, die Älteste in den 30ern - kommen seither im Rhythmus von sechs bis acht Wochen zum Treffpunkt St. Clara in Bautzen zusammen, beten gemeinsam das Stundengebet und sprechen mit drei Ordensfrauen über Lebensentscheidungen für eine christlich gelebte Ehe oder für ehelose Lebensformen. "Unser Roter Faden ist eigentlich nur Gott", sagt Äbtissin Maria Clara Faltermaier. Die Themen der Zusammenkünfte ergeben sich aus dem Leben der Teilnehmerinnen und daraus, was sie gerade bewegt. Die Papstenzyklika über die Hoffnung und das Berufungsgebet des heiligen Franziskus standen schon auf der Tagesordnung, aber auch Themen wie "Unterscheidung der Geister", Umgang mit dem Bösen, Erfahrungen mit der Kirche und "Was heißt Frau- Sein oder Mann-Sein?"

"Die Schwestern drängen uns dabei in keine Richtung", erzählt Katrin Damm aus Potsdam, die von Anfang an teilgenommen hat. Eine der jungen Frauen, die den Weg mit ihr begonnen haben, ist unterdessen Novizin bei den Mary-Ward-Schwestern, eine weitere hat vor zu heiraten. Sie selbst ist Postulantin bei den Klarissen geworden. Wichtig ist es den Schwestern allerdings, die Frauen, die sie begleiten, zu einer Lebensentscheidung zu ermutigen. "Das Leben fordert Entscheidungen heraus", hat die frühere Äbtissin Maria Assunta Paul den Frauen gleich zu Anfang gesagt. "Wer sich alle Türen immer offenhalten will, wird erleben, wie eine nach der anderen zufällt."

Neue Teilnehmerinnen sind im Treffpunkt St. Clara willkommen. Interessentinnen können sich telefonisch unter 0 35 91/21 10 83 melden oder per E-Mail: klarissen@ gmx.de


Von Dorothee Wanzek

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