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"Eine gute und vielseitige Zeit"

Priesterkandidaten durchlaufen vor ihrem Studium in Erfurt ein Vorbereitungsjahr in Bamberg

Erfurt. Die Anforderungen an die Priester sind heute besonders hoch. Gleichzeitig kommen die Bewerber für diesen Beruf nur zum Teil aus einem fundiert christlichen Lebensumfeld. Mit dem Ziel, angehende Seelsorger in ihrer Ausbildung umfassend vorzubereiten, ist dem Theologiestudium in Erfurt seit 2008 ein Vorbereitungsjahr in Bamberg vorgelagert.

Regens Wolfgang Ipolt im Gespräch mit Johannes Kienemund und Philipp Janek vor dem Eingang zum Erfurter Regional- Priesterseminar.

"Als ich mich 2008 für die Priesterausbildung bewarb, war ich zunächst erschrocken, dass sie nun noch ein Jahr länger dauert", erinnert sich der 24-jährige Johannes Kienemund, der zu diesem Zeitpunkt schon einen Bachelor in den Studienrichtungen Popular- Musik und Medien erworben hatte. Er und sein Kommilitone Philipp Janek gehörten zu den ersten acht jungen Männern aus den ostdeutschen Diözesen, die vor ihrem Theologiestudium in Erfurt ein Vorbereitungsjahr (Propädeutikum) in Bamberg absolvieren mussten. Inzwischen liegt die knapp elfmonatige Zeit, die die Priesterkandidaten der fünf ostdeutschen Diözesen gemeinsam mit ihren Kommilitonen aus den Bistümern Bamberg, Eichstätt, Würzburg und Speyer durchlaufen haben, schon wieder ein gutes halbes Jahr zurück. "Im Rückblick", so der aus Ecklingerode im Eichsfeld stammende Kienemund, "war die Zeit aber sehr sinnvoll". Und sein Kommilitone Philipp Janek aus Wittichenau ergänzt: "Wir wussten vorher nicht, was auf uns zukommt. Doch die Zeit hat sich als hilfreich und vielseitig herausgestellt."

Glaubens- und Lebensschule sowie Sprachenstudium

So haben die Bewerber für die Priesterausbildung die für das Studium nötigen Altsprachen gelernt: Lateinisch, wer es noch nicht von der Schule mitbrachte, oder Griechisch sowie gegen Ende des Propädeutikums Hebräisch. Neben dem Sprachenstudium bekamen die Teilnehmer auch Sprecherziehung und eine kirchenmusikalische Einführung.

Parallel dazu waren die jungen Männer zwei Tage in der Woche ganztägig im diakonischen Einsatz zum Beispiel im Hort, einer Behindertenwerkstatt oder in der Altenpflege tätig. "Das war eine gute Abwechslung zum Sprachenstudium und zugleich eine für uns wichtige Erfahrung", sagt der 20-jährige Philipp Janek. "Dadurch, dass der diakonische Einsatz wenn auch nur zwei Tage in der Woche, aber über einen längeren Zeitraum verlief, konnten wir einige Menschen wirklich ein Stück begleiten bis hin zum Sterben", sagt Janek. "Oder wir wurden in der Arbeit mit Kindern von den Mädchen und Jungen gefragt, warum wir Priester werden wollen, und konnten mit einigen Vorurteilen aufräumen", ergänzt Kienemund.

Während des Propädeutikums wohnen die Teilnehmer im früheren Priesterseminar in Bamberg, wo sie während des Vorbereitungsjahres auch eine geistliche Einführung erhalten. "Wir haben täglich die Messe mitgefeiert und haben das Stundengebet der Kirche kennengelernt. Wir sind durch den Spiritual (geistlichen Begleiter) im Seminar ins geistliche Leben eingeführt worden und haben bewusst die Zeiten des Kirchenjahres gefeiert", erinnert sich Kienemund. "Zudem haben wir jede Woche mit einander Schriftkreis und einen stillen Abend gehalten, wie dies auch im Seminar üblich ist."

Aufenthalt in Israel als besonderes Geschenk erlebt

Zahlenmäßig seien natürlich die Kommilitonen aus den nordbayerischen Diözesen Bamberg, Eichstätt, Speyer und Würzburg den acht Teilnehmern aus den ostdeutschen Diözesen völlig überlegen gewesen. Und auch die kirchlichen Traditionen in Bamberg unterschieden sich von denen hierzulande erheblich. Dennoch hätten sie beide ihren Platz unter den Propädeutikumsteilnehmern gefunden und Beziehungen geknüpft, die sie auch künftig weiter pflegen wollen, sagen die Priesterkandidaten.

Während des Vorbereitungsjahres besuchten die Teilnehmer an Wochenenden gemeinsam die Herkunftsdiözesen der Kandidaten und lernten so verschiedene kirchliche Situationen in Deutschland etwas näher kennen. Im Laufe des gesamten Propädeutikums gab es auch immer wieder Kontakt zur Heimatdiözese. So waren die Bewerber zum Beispiel zur Feier der Kar- und Osterliturgie zu ihrem Bischof eingeladen.

Wichtiger Höhepunkt der Vorbereitungszeit war ein vierwöchiger Aufenthalt in Israel. "Wir haben an den Stätten, wo Jesus gelebt hat, gestorben und auferstanden ist, ausführlich die Evangelien gelesen und uns gegenseitig mit Vorträgen Hilfen zum Verständnis gegeben", sagt Philipp Janek. "Einen Monat Zeit zu haben in Israel, das war schon Luxus", sind beide Theologiestudenten dankbar für diesen Teil ihres Einführungsjahres.

Unterbringung, Kost und Ausbildung waren während des Propädeutikums frei. Die Israelreise finanzierten die Bistümer und die Teilnehmer selbst. "Die Beteiligung an der Finanzierung hat uns eine gewisse Freiheit gelassen, unvoreingenommen die eigene Berufung zu prüfen", sagt Philipp Janek.

Seit Herbst vergangenen Jahres nun studieren Johannes Kienemund und Philipp Janek in Erfurt Theologie.

Hinweis

Wer sich für den Weg zum Priester interessiert, wendet sich an seinen Pfarrer oder an den Theologenreferenten seines Bistums.

Von Eckhard Pohl



Interview

Hilfreiche Kooperation mit nordbayerischen Diözesen


Vonseiten des Regional-Priesterseminars in Erfurt trägt Regens Wolfgang Ipolt Verantwortung für die Ausbildung der Priesterkandidaten.

Herr Regens, seit gut einem Jahr durchlaufen die Bewerber für die Priesterausbildung vor ihrem Studium in Erfurt ein Vorbereitungsjahr in Bamberg. Warum ist dies jetzt so?

Es geht darum, die Priesterkandidaten während ihrer Ausbildung gut auf ihren Dienst vorzubereiten. Angesichts unserer gesellschaftlichen Situation sind nicht wenige unter den Bewerbern, die in ihrem bisherigen Leben gar nicht das breite Spektrum christlicher Glaubenspraxis kennenlernen konnten. Das Propädeutikum will als Vorjahr der Priesterausbildung eine Glaubens- und Lebensschule sein. Zudem können die Teilnehmer in dieser Zeit die für das Studium erforderlichen Kenntnisse in den Altsprachen erwerben.

Warum absolvieren die hiesigen Priesterkandidaten das Propädeutikum gemeinsam mit Kommilitonen aus Bayern in Bamberg? Die kirchliche Situation dort ist doch anders als hierzulande.

Beim Ad-limina-Besuch in Rom hat der Papst 2005 gegenüber unseren Bischöfen die Einrichtung eines solchen propädeutischen Jahres angemahnt. Da unsere Bewerberzahlen hier im Regional- Priesterseminar Erfurt klein sind, mussten wir schauen, mit welchen Diözesen wir kooperieren können. Die Bischöfe unserer fünf Diözesen haben entschieden, dass wir unsere Bewerber mit nach Bamberg schicken. Die noch volkskirchlicher geprägte Situation in Bamberg und in den beteiligten Diözesen Bamberg, Eichstätt, Speyer und Würzburg ermöglicht unseren Studenten, gewinnbringende neue Erfahrungen zu sammeln. Andererseits können unsere Bewerber auch unsere hiesige Situation einbringen.

Die ersten Absolventen des Propädeutikums sind nun schon ein halbes Jahr in Erfurt. Wie sind die Erfahrungen?

Das intensive Sozialpraktikum, das auch zum Propädeutikum in Bamberg gehört, hat den Teilnehmern manches an menschlicher Wirklichkeit und auch an persönlichen Schicksalen nahegebracht. Sie haben dabei ein Stück gelernt, sich nicht vor den Menschen und ihrer Situation zu scheuen. Sie haben zudem geistliche Erfahrungen gesammelt, unterschiedlichste Gottesdienstformen und Äußerungen auch volkskirchlichen Glaubens kennengelernt und von alledem auch Anregungen für unser Leben im Erfurter Regional-Seminar mitgebracht. Zudem war das Propädeutikum für die Teilnehmer auch eine Zeit der Überprüfung ihrer Berufung zum Priester.

Fragen: Eckhard Pohl

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