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Ein mitmenschlicher Dienst

Die Hallenserin Johanna Mogalle ist seit 1991 als ehrenamtliche Telefonseelsorgerin tätig

Halle. "Es lohnt sich, mit und an sich selbst zu arbeiten", sagt Johanna Mogalle. Diese Einstellung und den damit verbundenen Anspruch hält die Hallenserin auch für ihre inzwischen langjährige Tätigkeit als Telefonseelsorgerin für äußerst wichtig.

Johanna Mogalle hat schon mehr als 2000 Stunden als Telefonseelsorgerin gearbeitet. Kürzlich war sie in Würdigung ihres Ehrenamtes zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten eingeladen.

Nach den politischen Umbrüchen 1989/1990 wollte sich Johanna Mogalle bewusst in die Gesellschaft einbringen. Dabei hielt sie nach einer Aufgabe Ausschau, die möglichst ökumenisch von den Kirchen gemeinsam übernommen wird. "Mit meiner ursprünglich medizinischen Ausbildung dachte ich an Bahnhofsmission, Hospiz ... In dieser Zeit war aber auch die Telefonseelsorge Halle im Aufbau und suchte ehrenamtliche Mitarbeiter. "Ich sagte mir: Neugierig auf Menschen bist du! Probier‘s!" erinnert sich die heute 53-jährige Hallenserin.

Inzwischen hat Johanna Mogalle weit mehr als 2000 Stunden am Telefon verbracht, um Menschen, die die 0800 / 111 0 111 oder 0800/ 111 0 222 wählen, aufmerksam zuzuhören, mal eine Frage zu stellen, vor allem aber "auf Augenhöhe" Raum zum sich Aussprechen zu bieten. "Dabei gilt unbedingt, das Gehörte nicht zu bewerten", sagt Frau Mogalle. "Der Anrufer selbst muss gegebenenfalls erkennen, ob sich im Gespräch für ihn neue Möglichkeiten auftun, das Leben zu bewältigen. Unsere Aufgabe ist es, aktiv zuzuhören, aber keine grundsätzlichen Ratschläge zu geben."

Zuhören, ohne Ratschläge zu erteilen

Die Probleme, mit denen sich Menschen an die Telefonseelsorge wenden, seien sehr vielfältig: Einsamkeit, Arbeitsplatzverlust, Krankheit, Tod und Trauer, Partner- und Beziehungsprobleme, Mobbing, auch Anrufe von Kindern mit ihren Sorgen, angefangen beim toten Meerschweinchen bis zu schlechten Schulzensuren. Für sie selbst schwer zu verkraften seien Anrufe, in denen es darum geht, was Kindern etwa durch sexuellen Missbrauch angetan wurde, sagt Frau Mogalle, die beruflich als Schulsekretärin arbeitet. "Prinzipiell sind diejenigen Gespräche besonders schwierig, die in irgendeiner Weise stark die eigene Lebenssituation tangieren, ihr vielleicht sogar ähneln. Denn dann ist viel innere psychische Abgrenzung nötig zu dem, was man hört." Manchmal bedankten sich Aufrufer nach einem Gespräch, sagt Frau Mogalle, manchmal bleibe aber auch offen, ob es eine Hilfe war.

Glücklicherweise sei die Telefonseelsorge- Ausbildung viel mit Selbsterfahrungselementen verbunden. "Man muss sich mühen, sich selbst auf die innere Spur zu kommen und herauszufinden, was einen trägt. Dabei stößt man auf eigene Grenzen, die es in Ehrlichkeit zu sich selbst zu akzeptieren gilt." Nicht jeder sei deshalb als Telefonseelsorger geeignet. "Wichtig ist, eine positive Grundeinstellung zum Leben zu haben und das Anderssein des anderen gut akzeptieren zu können." Der eigene Glaube könne dabei echte Hilfe sein, aber es gebe auch konfessionslose Mitstreiter, die den Dienst seit Jahren sehr gut versehen, weiß Frau Mogalle, die selbst in der Propstei beheimatet ist.

#Wer als Telefonseelsorger tätig ist, müsse auf einen guten "Selbstund Eigenschutz" bedacht sein. "Nur dann ist aushaltbar, was wir alles zu hören bekommen", betont Frau Mogalle. "Man muss lernen, auf sich selbst aufzupassen, und für ein gutes inneres Gleichgewicht zu sorgen." Ihr selbst helfen dabei Dinge, die sie gern tut, wie zum Beispiel Theater- oder Konzertbesuche. "Es muss einem gut gehen, bevor man sich ans Telefon setzt", sagt Frau Mogalle.

Ein Ehrenamt, das Zeit erfordert

Einmal im Monat findet eine Supervision statt, "um das loszuwerden, was man noch mit sich herumträgt", sagt die Seelsorgerin, die auch neue Ehrenamtliche als Mentorin auf den Dienst vorbereitet. Und dann gebe es ganz viele Angebote der Weiterbildung von "Nein sagen ohne Schuldgefühle" über "Tod, Trauer, Verlust" bis zu "Mobbing". Da sei schon einiges an Zeit aufzubringen. Aber man lerne auch viele interessante Menschen kennen. "Und macht einem die Arbeit Freude, findet sich die Zeit", sagt Frau Mogalle.

Von Eckhard Pohl

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