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Begegnung im Stalag

Kriegsgefangenenlager: Olivier Messiaen war Häftling und Franz Scholz Seelsorger

Görlitz. Am 10. Dezember jährte sich der Geburtstag des Komponisten Olivier Messiaen zum 100. Mal, der Theologe Franz Scholz wäre 99 Jahre alt geworden. Beide verbindet ihre Zeit im Kriegsgefangenenlager Stalag VIIIa.

Fronleichnamsgottesdienst im Stalag VIIIa: Franz Scholz war für die Seelsorge der Kriegsgefangenen zuständig Fotos: epd(1)/Archiv Bistum Görlitz(2)

Franz Scholz kommt im Hochsommer 1940 nach Görlitz-Ost. Er übernimmt die Pfarrei St. Bonifatius. Für den damals 31-Jährigen ist es die erste Pfarrstelle. Mit der Aufgabe in Görlitz ist er betraut worden, weil er olnisch spricht. Neben der Pfarrei wartet noch eine "Sonderaufgabe", wie er es selber nennt: Die Seelsorge an den tausenden Kriegsgefangenen, die im Stammlager (Stalag) XIIIa interniert sind, darunter viele Polen.

Franz Scholz

Es ist eine der Tragödien des 20. Jahrhunderts, dass Menschen sich unter Umständen begegnen, die sie selbst verabscheuen. Das Kriegsgefangenenlager Stalag VIIIa ist ein solcher Ort, ein solcher Umstand. Scholz begegnet hier dem Lagerkommandanten Franzpeter Goebels. Der junge Mann stammt aus Mülheim an der Ruhr und spielt Klavier und Cembalo.

Interniert im Lager ist unter tausenden anderen auch Olivier Messiaen. Der 32-Jährige ist Organist an der katholischen Kirche Sainte Trinité in Paris und auf den Tag genau ein Jahr älter als der Gefangenen-Seelsorger Franz Scholz.

Messiaen schreibt hier im Lager ein Quartett für Klarinette, Violine, Violincello und Klavier. Die Offenbarung des Johannes ist das Thema mehrerer Sätze des "Quartetts für das Ende der Zeit". Der Lagerkommandant und Musikfreund Goebels ermöglicht die Uraufführung am 15. Januar 1941 vor etwa 5 000 Gefangenen.

Messiaen kehrt nach seiner Entlassung noch 1941 zurück nach Paris. Sein Werk und er selbst werden weltberühmt.

Oliver Messianen

Franzpeter Goebels wird nach dem Krieg Professor, erst in Düsseldorf, dann in Detmold. Er unterrichtet Klavier und Cembalo. Auch die Werke von Messiaen führt er auf. Franz Scholz erlebt das Ende des Krieges in Görlitz. Über seine Erlebnisse bis zum Mai 1946 berichtet er im 1975 erschienenen "Görlitzer Tagebuch". Später wird er Professor, unterrichtet Moraltheologie.

Am 10. Dezember dieses Jahres, dem 100. Geburtstag von Olivier Messiaen und dem 99. Geburtstag von Franz Scholz, ist jetzt auf dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers im polnischen Zgorzelec ein symbolischer Grundstein gelegt worden. Ein Gedenk- und Begegnungszentrum soll dort entstehen.

Die Bauzeit für das Gedenkund Begegnungszentrum wird auf drei bis fünf Jahre veranschlagt. Nach Angaben des Vereins "Meetingpoint Music Messiaen" liegen die Kosten zwischen drei und vier Millionen Euro. Unter anderem wollen die Initiatoren eine Förderung bei der Europäischen Union beantragen.

Der tatsächliche Baubeginn der Begegnungsstätte ist nach Angaben des Vereins in etwa einem Jahr geplant.

Von Markus Kremser

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