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"Gott mag die Mathematik"

Über den Stern von Betlehem und warum der Sternenhimmel so faszinierend ist

Nur Matthäus erwähnt den Stern, der die Magier nach Betlehem zum neugeborenen Messias führte. Heute jedoch gehören Sterne wie selbstverständlich zum Weihnachtsfest. Der Tag des Herrn sprach mit dem Astronomen Johann Dorschner aus Jena darüber.

Dr. Johann Dorschner

Herr Dr. Dorschner, gibt es einen Weihnachtsstern?

Als Christ denke ich da zunächst an den Stern von Bethlehem, der die Magier aus dem Osten zum neugeborenen König führte. Man war früher überzeugt, dass die Geburt einer besonderen Persönlichkeit durch einen Stern angezeigt wird. Matthäus erwähnt zwar einen Stern, der die Magier führte, bietet aber keine Deutung, die etwa die Weissagung Bileams im Buch Numeri "Ein Stern geht auf aus Jakob ..." geboten hätte.

Als Astronom möchte ich auch auf die äußerst seltene Dreifachkonjunktion von Jupiter und Saturn im Sternbild Fische im Jahr 7 vor Christus hinweisen, in der der österreichische Astronom Ferrari das hinter der Sterngeschichte bei Matthäus stehende Himmelsereignis sieht. Für die Magier aus Babylon, die das Ereignis berechnen konnten, lag folgende astrologische Deutung nahe: Unser oberster Gott Marduk (manifestiert durch Jupiter) bekundet dem Stern der Juden (Saturn) dreimal seine besondere Huld. Das ließ die sterngläubigen Magier nach Jerusalem aufbrechen.

Wie ist das in unseren Breiten: Gibt es in der Weihnachtsnacht einen besonderen Stern?

Weihnachten ist das Sternbild Orion am Abendhimmel dominierend. Im Südwesten erstrahlt die Venus in ihrem größten Glanz. Auch Jupiter ist gut auszumachen, aber nicht ganz so hell.

Der Sternenhimmel ist seit Urzeiten der Bereich der Wissenschaftler. Hat Gott da einen Platz?

Mich fasziniert die Schöpfungserzählung in der Bibel. In der Sicht der modernen Bibelwissenschaft wird sie klar als Glaubenszeugnis von der Großartigkeit Gottes und nicht als Bericht über die Entstehung der Welt verstanden. Gegen eine verengte Sicht, die Gott fast nur als Gegenüber des Menschen sieht, wird ein Schöpfer bezeugt, der das ganze Universum souverän erschaffen hat. Der Gedanke drängt sich auf, dass es dort auch andere Geschöpfe geben könnte, die ihr Leben mit Gott führen. Dass Sonne, Mond und Sterne als bloße Lichter, als dienstbare Geschöpfe, erst am vierten Tag in Erscheinung treten, empfand ich immer als demonstrative Absage an die Sternkulte der die Juden umgebenden Völker, die für sie Tabu waren. Was den Platz Gottes im Weltall, besser Weltbild betrifft, sind viele meiner Astronomenkollegen darauf festgelegt, dass für sie nur das Wirklichkeit ist, was naturwissenschaftlich erforscht werden kann. Gott ist aber kein Gegenstand der Naturwissenschaft.

Was fasziniert Sie als Astronom am Sternenhimmel besonders?

Dass Gott offensichtlich die Mathematik sehr mag, weil er den Kosmos mathematisch beschreibbar gemacht hat.

Warum haben Sterne eine solche Symbolkraft, dass sich auch heutige Menschen mit Horoskopen befassen?

Das ist ein völliger Widerspruch zur sich sonst so aufgeklärt gebenden Welt, wohl eine Art Religionsersatz. Sonne und Mond haben Auswirkungen auf die Erde und den Menschen. Die Planetenstellungen bei der Geburt eines Menschen jedoch sind für sein Schicksal belanglos. Die Magier sind uns Heutigen keine Zeugen für die Astrologie, sondern eher symbolische Glaubensgestalten, die einem besonderen Anruf folgten.

Von Eckhard Pohl

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