Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!

Anstoß

Kirche ist langweilig

Guido Erbrich

Bei unserem zweiten Töcherlein macht sich zurzeit eine gewisse Gottesdienstmüdigkeit bemerkbar. "Ooooch, das ist doch langweilig", sagt sie beim Frühstück, wenn es gleich danach in die Kirche gehen soll. Das ist für Fünfjährige nicht so ungewöhnlich. Mama versucht zu locken: "Aber da kannst du doch die schönen Geschichten von Jesus hören!". "Pö", ist die Antwort aus dem frechen Kindermund. "Da kann ich ins Kinderzimmer gehen und mir die Kinderbibel angucken. Aber der Pfarrer liest ja nur vor und zeigt uns die Bilder nie. Der schaut sie sich ganz alleine an."

Alles klar? Da versuchen Generationen von Liturgen und Theologen dem Grund langweiliger Gottesdienste auf die Schliche zu kommen und dabei ist die Lösung so einfach. Bilder müssen her. Die mittelalterlichen Kirchengestalter haben dieses Geheimnis gekannt. Und so sind viele alte Kirchen voller Bilder, bemalter Fenster, geschnitzter Altäre. Was wäre eigentlich so schlimm, wenn es sonntags Bilder zu den Lesungen zu sehen gäbe? Durch den Fleiß der Künstler der letzen 2000 Jahre wird doch wahrscheinlich ziemlich jede Bibelstelle, wenn sie nicht gerade das Pech hat, in den Gesetzbüchern zu stehen, gemalt worden sein. Technisch dürfte das Problem mit heutiger Projektionsmöglichkeiten zu lösen sein. Und vermutlich wird auch ein Großteil der Erwachsenen ungewohnt neugierig die Bilder betrachten.

Um Himmels willen, werden jetzt manche denken. Der Gottesdienst ist doch ein heiliger Ort und kein Platz für Experimente. Weit gefehlt: Gottesdienst ist heiliges Theater. Und zum Theater gehören Effekte. Deshalb gibt es ja auch Weihrauch, Gesang und die bunten Gewänder. Auch die Art des Vorlesens gehört dazu. Auf den Internetseiten des Katholischen Bibelwerkes gibt es Sonntag für Sonntag gar Regieanweisungen zum richtigen Lesen, sogar mit verteilten Rollen (www.bibelwerk.de).

Nun will ich mein fünfjähriges Töchterlein nicht zum Maßstab machen, aber, fragen Sie doch mal ein paar Kinder, die Sie am Sonntag in Ihrer Kirche sehen, ob sie sich über Bilder und spannend vorgelesene Lesungen freuen würden. Oder besser noch, probieren Sie es mal aus. Vielleicht tönt es dann viel seltener aus Kindermund, dass Kirche langweilig sei. Und vermutlich wird auch der ein oder andere Große ganz erstaunt so manche biblische Geschichte wahrnehmen. Anfangen kann man gleich am nächsten Sonntag damit, denn das Evangelium bietet sich zur Bebilderung regelrecht an: die Verklärung Jesu.

Guido Erbrich, Bautzen

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps