Rituale statt Worte
Aschermittwochsandacht für Menschen mit und ohne Konfession
Leipzig. Christen und Nichtchristen versammelten sich am Aschermittwoch zu einer ökumenischen Stunde der Besinnung in der Peterskirche in Leipzig. Dazu eingeladen hatten die Kontaktstelle Orientierung und die Kirchengemeinde St. Petri.
Rituale können ausdrücken, wofür es manchmal keine Worte mehr gibt, ist Pater Hermann Kügler überzeugt. Als Leiter der Kontaktstelle Orientierung in der Leipziger Innenstadt hat er auch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde St. Petri zu einer Andacht für Menschen mit und ohne konfessionelle Bindung am Aschermittwoch eingeladen. "Wo wir gegenüber unserer eigenen Schuld sprachlos werden, helfen religiöse Symbole sie ein Stück weit zu verarbeiten." Das Aschekreuz sei ein Ritual, das die Menschen mit ihrer Schuld konfrontiere und ihnen gleichzeitig helfe, sich nicht darin zu verstricken, sondern sie vor Gott zu legen. Es sei eine Herausforderung, den religiösen Inhalt bei einer solchen Feier in einer nichtreligiösen, oder zumindest leicht verständlichen Sprache zu vermitteln, so der Jesuitenpater.
Die ökumenische Andacht zum Aschermittwoch findet jährlich seit 2003 statt. Das Verteilen des Aschekreuzes ist für die evangelische Tradition eher untypisch, werde aber gerne angenommen von evangelischen Christen wie auch von Konfessionslosen, berichtet Pater Kügler.
"Wir sind von Gott geliebter Staub", so formulierte es der Jesuitennovize Robert Deinhammer in seiner Predigt zur Aschermittwochsandacht. "Das Aschekreuz drückt aus, dass wir uns selber nicht so wichtig nehmen müssen, wir sind nur Staub - aber Gott nimmt uns so an. Das befähigt, uns selbst mit unseren guten und auch den schwachen Seiten anzunehmen." Deinhammer, derzeit Praktikant in der Kontaktstelle Orientierung, sagte weiter: "Manchmal ist es leichter an das Sichtbare zu glauben und sich daran festzuhalten. Vieles will der Mensch nicht wahrhaben, auch nicht, dass die vermeintlichen Sicherheiten, die er sich aufbaut, vergänglich sind. Leben können heißt sterben können. Seine Endlichkeit anzunehmen und ihr nicht aus dem Weg zu gehen, ist die Botschaft des Aschermittwochs."
Rund 50 Teilnehmer waren zu der besinnlichen Feier gekommen, gut über die Hälfte waren zum ersten Mal da, viele von ihnen konfessionslos. "Diese Feier hat sich bei uns etabliert", ist Pfarrer Johannes Toaspern von der evangelischen Gemeinde St. Petri überzeugt. Mittlerweile soll es einen festen Stamm geben, der zu den Andachten kommt. Gut Dreiviertel der Teilnehmer finden über die Kontaktstelle Orientierung dazu. In seiner Tätigkeit als geistlicher Begleiter in der Kontaktstelle Orientierung, einer Initiative der katholischen Kirche für Menschen mit Glaubens- und Lebensfragen, begegnet der Jesuit Hermann Kügler tagtäglich Menschen, die rat- und haltlos scheinen: "Das Thema Schuld und Vergebung schwingt da meistens mit." Pfarrer Johannes Toaspern unterstreicht: "Ich würde nicht sagen, dass die Sehnsucht nach Vergebung bei den Leuten in den letzten Jahren gewachsen ist. Das Thema ist schlichtweg ein Grundproblem jedes menschlichen Zusammenlebens. Jeder wird schuldig oder ein anderer wird an ihm schuldig. Aber ich beobachte eine größere Offenheit, sich mit persönlichem Scheitern auseinanderzusetzen."
Von Elisa Eichberg