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Vor 300 Jahren entstand die Cansteinsche Bibelanstalt in Halle

Halle. In diesem Jahr wird in Halle an die Entstehung der Cansteinschen Bibelanstalt und damit der ersten Einrichtung dieser Art weltweit vor 300 Jahren erinnert. Zugleich begeht das Canstein-Bibelzentrum sein 15-jähriges Bestehen.

Ständiges Exponat im Canstein-Bibelzentrum ist eine annäherungsweise Nachbildung des Tempels König Salomos in Jerusalem. Sogar ein Modell der Bundeslade im Inneren kann Pfarrer Rehahn Interessierten daran zeigen.

"Es soll im Dreißigjährigen Krieg Anweisungen an Soldaten der - ka tholischen Liga gegeben haben, bei ihren Feldzügen bewusst auch lutherische Bibeln zu vernichten", sagt Pfarrer Walter Martin Rehahn. Ob dies wirklich so war, wisse er nicht. "Mit Sicherheit aber gab es nach dieser verheerenden Zeit Bedarf an Bibelausgaben. Und es entstand der Pietismus, für dessen Vertreter die Orientierung an der Bibel entscheidend war. So wundert es nicht, dass es Anstrengungen gab, die Bibel zu einem wirklichen Volksbuch zu machen."

Der Theologe Walter Martin Rehahn ist Leiter des Canstein-Bibelzentrums in Halle und damit einer Einrichtung, die mit ihrer Arbeit an die Cansteinsche Bibelanstalt als einer bedeutenden Institution im Waisenhaus August Hermann Franckes erinnert. In diesen Tagen wird der Anfänge dieser Einrichtung zur Verbreitung der Heiligen Schrift vor 300 Jahren gedacht. "In Halle entstand damit die erste Bibelanstalt weltweit", sagt Rehahn.

Preiswerte Herstellung von Bibelausgaben

Es war der Berliner Jurist Carl Hildebrand Freiherr von Canstein (1667-1719), der die Initiative ergriff. Er wollte dafür sorgen, dass viele Menschen eine eigene Bibel-ausgabe in die Hand bekommen. 1697 hatte von Canstein in Berlin mit August Hermann Francke (1663-1727) und Philipp Jacob Spener (1635-1705) wichtige Vertreter des Pietismus kennengelernt. Der spirituellen Strömung im Protestantismus war es wichtig, persönlich fromm aus der Heiligen Schrift heraus zu leben und sich Gottes Willen gemäß zum Wohl der Mitmenschen einzusetzen. "Bei seiner Suche nach Mitteln und Wegen, Bibeln in großer Zahl preiswert zu drucken, stieß von Canstein in Holland auf die Möglichkeit, Bücher mit stehendem Satz herzustellen", sagt Pfarrer Rehahn. Ein stehender Satz bedeutet, dass es für jede Seite eines zu druckenden Buches ständig eine fertige Drucktafel gibt. "Das war zwar in der Anschaffung sehr teuer, bei einer hohen Auflage aber günstiger als die Lettern für die Druckvorlagen immer wieder neu zu setzen", erklärt Rehahn.

Vielfältige Angebote zum Thema Bibel

Mit einem Flugblatt vom 1. März 1710 begann von Canstein, unter den Wohlhabenden in Berlin für sein Anliegen zu sammeln. Der Tag gilt als Gründungsdatum der Cansteinschen Bibelanstalt. Um sein Vorhaben umzusetzen, investierte der kinderlose Jurist auch nahezu sein gesamtes eigenes Vermögen von 11 000 Talern.

Umgesetzt wurde der Bibeldruck im Waisenhaus August Hermann Franckes in Halle. 1712 erschien zunächst die erste Ausgabe des Neuen Testaments. 1713 konnte die erste vollständige Ausgabe einer Hausbibel für zehn Groschen vertrieben werden. 1717 schließlich wurde die sechste Auflage als erste im stehenden Satz produziert. Von da an wurden in immer neuen Auflagen eine riesige Zahl von Exemplaren gedruckt. "Bis zur Schließung 1938 waren es zwischen acht und zehn Millionen", sagt Rehahn.

100 Jahre lang blieb die Cansteinsche Bibelanstalt die einzige Einrichtung ihrer Art, bis im 19. Jahrhundert auch anderswo Bibelanstalten entstanden. Um 1938 der Auflösung durch den NS-Staat zu entgehen, wurde die Cansteinsche Anstalt mit der Preußischen Haupt-Bibelgesellschaft verbunden. Diese bestand nach dem Krieg bis 2004 als Evangelische Haupt- Bibelgesellschaft in Berlin weiter, während in Westdeutschland seit 1951 die Produktion von Bibeln in Witten (Ruhr) fortgesetzt wurde.

Seit 1995 befindet sich auf dem Gelände der früheren Bibelanstalt in Halle das kleine Canstein-Bibelzentrum. Leiter und einziger Mitarbeiter ist Pfarrer Rehahn. Der Theologe bietet Gemeindegruppen, Schülern und anderen Interessierten ein vielseitiges Programm an. "Gerade hatte ich eine Ethik-Klasse zum Thema ,Judentum‘ zu Gast", erzählt Rehahn von seiner Arbeit. Von Gemeindegruppen und Konfirmanden werde gern das Thema "Wie die Bibel entstand und zu uns kam" mit Bild-Präsentation, Hörspiel und Bibelfaksimiles zum Anschauen gewählt. Bei Weiterbildungsangeboten gehörten immer wieder Lehrer zu seinen Zuhörern. Darüber hinaus bietet der Theologe "in guter ökumenischer Zusammenarbeit" Vorträge zu aktuellen Themen und Vortragsreihen wie etwa zu Bibel und Kunst sowie Bibel und Literatur an. Am 13. März lädt er zu einer Veranstaltung zum Thema "Jesus im Film" ein. Vom 5. März bis 6. Juni werden in einer Kabinettausstellung zum Jubiläumsjahr Ausgaben der Cansteinschen Bibelanstalt gezeigt.

Kontakt/Öffnungszeiten:
Canstein-Bibelzentrum, Franckeplatz 1, Haus 24, Halle,
Tel./Fax: 03 45/2 90 23 66;
E-Mail: kontakt@canstein-halle.de; www.canstein-halle.de

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