Mit Wasser und Willenskraft
Fastenwoche in der Kontaktstelle Orientierung: Impulse für Körper und Geist
Leipzig. Täglich mehrere Liter Wasser, ein wenig Gemüsebrühe und ausgewählte Säfte - über neun Tage sah so der Ernährungsplan von Christian Kastner aus. Während einer Fastenwoche der Kontaktstelle Orientierung in Leipzig übten er und weitere 30 Teilnehmer Verzicht und Selbstbeherrschung.
"Ohne die Gruppe hätte ich das Fasten bis jetzt nicht überstanden", äußert Christian Kastner am letzten Abend der Fastenwoche. "Besonders schlimm waren die ersten drei Tage. Ständig kamen Bilder in mir hoch von leckeren Speisen und Getränken, alles in den schillerndsten Farben. Eine echte Versuchung, gegen die nur ein eiserner Wille geholfen hat."
Christian Kastner ist einer von 30 Teilnehmern, die sich in diesem Jahr für das Heilfasten entschieden haben. Schwester Susanne Schneider von den Missionarinnen Christi begleitete die Frauen und Männer im Alter von 30 bis 65 Jahren. Sie selbst bringt langjährige Erfahrung mit: "Früher habe ich in der Fastenzeit und in der Adventszeit gefastet, aber ich empfehle jetzt den Leuten, nur einmal im Jahr zu fasten, um den Körper nicht zu überfordern." Gleichzeitig ermutigt sie: "Jeder darf fasten! So antwortete ich einer Frau ohne konfessionelle Bindung, die mich einmal fragte, ob sie auch fasten dürfe."
Die Menschen kommen mit unterschiedlichen Motivationen, erzählt Sr. Susanne Schneider, die seit mehreren Jahren in der Kontaktstelle Orientierung in Leipzig tätig ist. Es ginge den meisten nicht ums Abnehmen, sondern darum, zu einer größeren inneren Bewusstheit zu gelangen. "Für viele ist es auch der erste Schritt zu einer gesünderen Lebenshaltung."
Christian Kastner hat damit schon vor vier Jahren begonnen. Ausgewogene Ernährung und viel Bewegung stehen seitdem auf dem Tagesprogramm. Beruflich ist er an den Bürostuhl förmlich gefesselt, es fehlten ausgleichende Elemente: "Ich fühlte mich unwohl. Auch das Kantinenessen zwischendurch und die Fertigprodukte haben mir nicht gut getan, also war eine Umstellung nötig."
Beim Heilfasten werden ausschließlich Flüssigkeiten zu sich genommen. Täglich sollen mehrere Liter Wasser getrunken werden, nachmittags darf es eine Gemüsebrühe sein oder ein Saft zwischendurch, um sich die notwendigen Vitamine zuzuführen. An bestimmten Tagen wird Sauerkrautsaft zur Entleerung des Darms getrunken. Viele der Teilnehmer fasten über die fünf Tage der gemeinsamen Fastenwoche hinaus. "Um Fasten zu können, braucht es eine starke Willenskraft", betont Sr. Susanne. "Darum ist die Fastenwoche auch als Kurs in einer Gruppe konzipiert, das spornt an und motiviert einfach."
Unter den Teilnehmern der Fastenwoche waren Christen und Nichtchristen aus verschiedenen Teilen Leipzigs. An fünf Abenden widmeten sie sich verschiedenen Aspekten des Fastens, zum Beispiel den Fastentraditionen in den Weltreligionen. Aber auch Themen wie die Annahme des eigenen Körpers, der bewusste Umgang mit seinen Gedanken unterstützten die Teilnehmer beim Fasten.
"Die abendlichen Treffen bestehen aus drei Elementen", erklärt Kursleiterin Susanne Schneider. Zu Beginn gibt es eine Schweigeübung, um den Körper zu spüren und zu entspannen. Dann folgt ein Austausch über das Befinden der Teilnehmer oder über das, was sie noch vom Vorabend beschäftigt hat, es dürfen auch Fragen gestellt werden.
Den Fastenkurs hat Christian Kastner in diesem Jahr zum ersten Mal mitgemacht. Er selbst bezeichnet sich als absoluten Genussmenschen. Seine Motivation an der Fastenwoche teilzunehmen: "Ich war neugierig herauszufinden, ob ich meine Bedürfnisse beherrsche oder ob es umgekehrt ist. Nun habe ich erkannt: Ich bestimme die Waage zwischen Selbstbeherrschung und Beherrschen lassen."
Wie sein persönliches Fastenbrechen nach neun Tagen aussehen soll, weiß Christian Kastner schon genau: "Es wird einen Apfel geben, den werde ich gut kauen und genießen. Beim Fastenbrechen im letzten Jahr habe ich nur einen halben Apfel geschafft. Man sollte mit dem Essen langsam beginnen. Am Abend koche ich mir dann eine Gemüsebrühe mit ein paar Gemüsestücken", freut er sich schon.
Von Elisa Eichberg