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Belebt Konkurrenz das Geschäft?

Beim Ökumenetag Sachsen-Anhalt standen die Freikirchen im Zentrum der Aufmerksamkeit

Magdeburg (dw). In der deutschen Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) sind Freikirchen schon lange vertreten. Dass Ökumene dennoch für viele von ihnen noch immer kein leichtes Thema ist, wurde am 20. März beim Ökumenetag in Halle deutlich.

Zum Abschluss des Ökumenetages feierten die Teilnehmer aus verschiedenen Kirchen einen ökumenischen Gottesdienst in der halleschen Moritzkirche.

In Deutschland haben Freikirchen lange von der Abgrenzung gegenüber den großen Kirchen gelebt, rief der baptistische Theologe Professor Erich Geldbach ins Bewusstsein. "Wir wollen nicht verkirchlichen" sei ein Schlagwort gewesen, das bis heute nachhalle. Für viele Freikirchler seien die großen Kirchen bis heute ein rotes Tuch. Ökumenische Annäherung erfordere deshalb äußerste Behutsamkeit, mahnte der Hauptreferent des Ökumenetags für Sachsen-Anhalt an.

Einen entscheidenden Beweggrund für die Freikirchen, sich am ökumenischen Dialog zu beteiligen, sieht Erich Geldbach im Holocaust. "Im Dritten Reich haben die Freikirchen alle absolut versagt", schätzt der Baptist ein. Aus Sorge um das Fortbestehen der Gemeinden sei wenig Widerstand geübt worden. "Die Opfer des Holocaust sind unser Problem, die Täter sind eures (das der Christen)", zitierte Geldbach den jüdischen Schriftsteller Elie Wiesel. Dass die meisten Holocaust-Täter getauft waren, sei eine Last auf den Schultern aller europäischer Christen.

Als eine Frucht, die aus diesem Bewusstsein erwachsen ist, nannte der Referent einen mehrjährigen Dialog zwischen Baptisten und Bayrischer Landeskirche über die Tauffrage bei Kirchenübertritten. Bisher erkannten die Baptisten die Taufe der evangelischen Kirche nicht an und tauften Konvertiten deshalb neu. Im Rahmen des Dialogs signalisierten sie ihre Bereitschaft, auf diese Praxis zu verzichten, wenn die evangelische Kirche ein stärkeres Verantwortungsbewusstsein für das Hineinwachsen der Taufbewerber in die christliche Gemeinden erkennen ließen.

Die Bayrische Landeskirche ihrerseits verstärkte in den vergangenen Jahren das Augenmerk auf die Vorbereitung und Begleitung der Taufbewerber und - im Fall von Säuglingstaufen - der Eltern und Paten.

Eine gemeinsame Herausforderung für alle Christen in Deutschland sieht Professor Geldbach in der Missionierung des Landes. Dass die Deutschen im Weltvergleich "religiös ganz, ganz hinten dran" seien, werde vielfach verdrängt. Er sei sich aber nicht sicher, ob Ökumene die Christen in dieser Frage wirklich voranbringe, sagte der Theologe. "Vielleicht brauchen wir mehr Konkurrenz als Ökumene, damit wir besser um die Menschen werben", gab er zu bedenken. Schwierigkeiten habe er persönlich auch mit dem Begriff der "versöhnten Verschiedenheit", der seit einigen Jahren in der Ökumene verwendet wird. "Wenn uns die Versöhnung gelingt, wozu dann noch Trennung?", hielt Geldbach dagegen.

Der methodistische Pastor Karl- Martin Unrath warb in seiner Predigt während des ökumenischen Gottesdienstes zum Abschluss des Tages für eine "Ökumene des Gönnens um Christi willen". Eine Ökumene, in der sich jede Konfession bewusst sei, nicht alles alleine leisten zu können und in der die einen die anderen unterstützen, auch wenn sie selbst nichts davon haben, wäre seiner Ansicht nach "ein glaubwürdiges Zeugnis der Macht der Liebe."

Mehr als 80 Christen aus verschiedenen Kirchen nahmen am Ökumenetag im halleschen Elisabeth- Krankenhaus teil. Nach dem Einstiegsreferat von Professor Geldbach über Freikirchen und die Zukunft der Kirche tauschten sie sich in Arbeitsgruppen aus über die Bedeutung der Taufe für die Ökumene, über das Spannungsfeld von Struktur und Lebendigkeit für die Kirchen und über die Frage "Wie viel Einheit brauchen wir in der Ökumene?"

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