Das Wesentliche herausgeschält
Museum am Dom Würzburg und die Städtische Galerie Dresden würdigen Friedrich Press
Der Künstler Friedrich Press, so Domkapitular Jürgen Lenssen, näherte sich dem Geheimnis der göttlichen Wirklichkeit und richtete seinen Blick auf das Wesentliche. Derzeit sind Werke des Künstlers im Museum am Dom Würzburg und in der Städtischen Galerie Dresden zu sehen.
"Friedrich Press ist ein Künstler, der auch innerhalb der Kirche umstritten ist", berichtet Dr. Jürgen Lenssen, der Leiter des Bauund Kunstreferates der Diözese Würzburg. Lenssen, der in seiner Funktion dem Museum am Dom in Würzburg vorsteht, möchte mit der Ausstellung "Friedrich Press - Herausgeschält" deutlich zeigen, worum es dem Künstler wirklich ging. "Innerhalb des reichen künstlerischen Schaffens von Friedrich Press nehmen bei seinen freien Arbeiten die Darstellungen Jesu Christi und Mariens eine auffallende Vorrangstellung ein", schreibt Lenssen im Katalog der Ausstellung, der bei Schnell und Steiner München erschienen ist.
Dabei ist das Schaffen von Press von einer tiefen Religiosität geprägt, hebt Lenssen weiter hervor. Er versuchte immer, den Geheimnissen des Glaubens in der Reduzierung auf das Wesentliche konzentriert, aber auch radikal auf die Spur zu kommen. Lenssen schreibt weiter: "Die fast unüberbietbare Reduktion in seinen Arbeiten entspricht in ihrer Konsequenz dem Wesen und Anspruch dessen, was Friedrich Press darzustellen bemüht war." Dabei war es folgerichtig, dass sich der in Dresden arbeitende Künstler gegen ideologische Vereinnahmung und ideologische Menschenbilder wehrte. Leid und Schmerz blendete Press nicht aus, sondern rückte sie in das Zentrum der Aussage. Lenssen: "In seinen Arbeiten zur Christusthematik stellt der Künstler Press den leidenden Herrn heraus, der sich mit dem leidenden Menschen solidarisiert."
Der Leiter des Museums am Dom würdigt die Lebensleistung von Friedrich Press, dessen Kunst die Menschen zum Schweigen, zum "stillen Erstaunen und Erahnen" bringt: "Die Bilder wecken ein tiefes Durchatmen in kurzatmiger Betriebsamkeit, eine lange Pause des Sehens in der Ratlosigkeit, ein banges, von vager Hoffnung angetriebenes Ertasten, statt Täuschungen zu erliegen und vorschnellen Versprechungen zu trauen." Leider, so der Kunstkenner Lenssen, ermangele es der Kirche heute an diesen Bildern. Das, was in den Gotteshäusern Platz finde, entspreche einer Illustration des wortreich Gesprochenen und diene so als dessen Bestätigung. Die Bilder im kirchlichen Gebrauch seien zur Konsumware verarmt, in kurzer Zeit verbraucht und auf Austausch angelegt. Ein Prozess übrigens, der im 19. Jahrhundert begann. Anders bei Friedrich Press. Jürgen Lenssen: "Press näherte sich dem Geheimnis der göttlichen Wirklichkeit an und setzt so Zeichen tiefen Ausdrucks. Zeichen, die jenseits aller aus menschlichen Wunschvorstellungen geborenen Ausschmückungen, jenseits aller plakativer Dramatik, jenseits allen schönen Scheins stehen."
Wichtig war Lenssen neben der Ausstellung in Würzburg die Beteiligung der Städtischen Galerie Dresden. "Die Dresdner sollen wissen, Press ist für sie nicht verloren, auch wenn wir den Nachlass haben", sagt der Kunstreferent. Zusammengestellt wurde der Würzburger Teil durch Lenssens Stellvertreter am Museum, Dr. Wolfgang Schneider. Für Dresden traf Linda Karohl die Auswahl, die Press zusammen mit seinem Künstlerkollegen Hans Jüchser zeigt.
Die Ausstellung "Herausgeschält" ist Teil der Reihe "Endspiel - Würzburger Apokalypse". "Es ist ein Projekt, bei dem alle mitmachen, nicht nur die beiden großen Kirchen", freut sich Lenssen, der federführend bei der Konzeption von "Endspiel" beteiligt war. "Ziel des Jahres ist es, die Menschen einzuladen, mit uns darüber nachzudenken, was trägt, was in Betracht gezogen werden muss. Es geht um die Möglichkeit einer neuen Welt, um eine neue Lebenssicht." Weiter sagt Lenssen: "Dabei kann Friedrich Press uns helfen."
Hinweis
"Friedrich Press - Herausgeschält" bis zum 13. Juni im Museum am Dom am Würzburger Kiliansplatz (zwischen Neumünster und Dom). "Hans Jüchser - Friedrich Press Bekenntnis in Form und Farbe" bis zum 16. Mai in der Städtischen Galerie Dresden, Wilsdruffer Straße 2, Eingang Landhausstraße. Beide Museen haben Dienstag bis Sonntag sowie an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Katalog "Friedrich Press - Herausgeschält" erschien im Verlag Schnell und Steiner.
Von Holger Jakobi