Dem Leben auf die Beine helfen
Im Frühjahr sollen im Magdeburger Roncalli-Haus erstmals Familienpaten ausgebildet werden
Quedlinburg/Magdeburg. Die Stiftung Netzwerk Leben triff in diesen Tagen mit dem Sozialministerium des Landes und anderen Partnern eine Vereinbarung zu dem Projekt Familienpaten. Christina Janek praktiziert bereits seit längerem, was das neue Projekt jetzt fördern soll.
Zwei Mal in der Woche kommt Manuel zu Christiane Janek und ihrem Mann. Dann hilft die gelernte, im Ruhestand lebende Sonderschullehrerin dem Viertklässler bei den schriftlichen Hausaufgaben und beim Lernen. Zudem unterstützt sie ihn dabei, mit dem Computer vertraut zu werden. "Der Junge genießt es, wenn er bei uns ist", sagt Frau Janek. "Bei uns fi ndet er eine ruhige Umgebung, die er sonst zu Hause wohl nicht so hat. Er hat sich in den inzwischen eineinhalb Jahren so gut bei uns eingelebt, dass er sich bei uns ziemlich zu Hause fühlt. Manchmal muss ich ihn sogar ein bisschen bremsen, wenn er sich zum Beispiel einfach etwas aus unserem Schrank holt."Die in Ballenstedt lebende 67-jährige Christiane Janek gehört zur Quedlinburger Gruppe von Netzwerk Leben. Wie sie sind auch ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter mit der Betreuung von Familien befasst, um so "dem Leben auf die Beine zu helfen", wie der Slogan der offenen Initiative der Katholischen Kirche heißt. "Wir bekommen immer wieder Hilferufe von Frauen mit Kindern oder von Familien", sagt die ehrenamtliche Leiterin der Gruppe, Schwester Christin Gödde von der Ordensgenossenschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung aus Ballenstedt. "Das geht bis zu der Bitte, drei Tage lang rund um die Uhr fünf Kinder zu betreuen, was wir als Ehrenamtliche so allerdings nicht leisten können. Aber wir schauen schon, dass wir allen weiterhelfen." Zur Netzwerk-Leben-Gruppe in Quedlinburg gehören Frauen und einige Männer aus Ballenstedt, Rieder, Quedlinburg und Weddersleben.
Neues Landesprojekt: Familienpaten
Wie in der Region Quedlinburg gibt es auch anderenorts Familien und Alleinerziehende, die Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltags brauchen. Im Januar trifft die Stiftung Netzwerk Leben deshalb gemeinsam mit Partnern und dem Sozialministerium des Landes eine Vereinbarung über eine Art Ausbildung von Familienpaten, berichtet der Geschäftsführer von Netzwerk Leben, Reinhard Grütz. Am Ende dieser Qualifi kation wird es bei erfolgreicher Teilnahme ein Zertifi kat geben. Der Ausbildungsgang soll im Frühjahr dieses Jahres erstmals im Magdeburger Roncalli-Haus stattfi nden und für die Teilnehmer kostenfrei sein. Er wird fünf Wochenenden umfassen.
"Frauen und Männer, die mehrere Kinder großgezogen haben, bringen sicher aus ihrer Praxis eine Menge an Wissen für diese Aufgabe mit", sagt Frau Janek. "Aber ich denke schon, dass eine Qualifi kation für die Aufgabe des Familienpaten nottut."
"Die ehrenamtlichen Familienpaten sollen nicht die Tätigkeiten der sozialpädagogischen Familienhilfe ersetzen", sagt Reinhard Grütz ausdrücklich. "Ziel der Familienpaten soll es sein, Familien praktisch zu helfen, ihren Alltag zu organisieren. Dabei ist an Hilfen in unterschiedlichster Form gedacht: Unterstützung beim Umgang mit Geld, Begleitung bei Behördengängen, Hilfe beim Führen des Haushalts."
Neben der Stiftung Netzwerk Leben sind an dem Modellprojekt "Familienpaten" auch der Deutsche Kinderschutzbund, die Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligen-Agenturen und die Magdeburger Akademie praxisorientierter Psychologie e.V. beteiligt.
Hilfe zur Verhütung von Kurzschlussreaktionen
Seit einiger Zeit gibt es in Sachsen- Anhalt bereits die Familienhebammen. Sie begleiten Mütter mit Neugeborenen, in deren Familien komplizierte Verhältnisse herrschen, über das erste Lebensjahr des Kindes. Die Einrichtung der Familienhebammen gehört zu einem Paket von Maßnahmen, das Ereignissen wie dem Aussetzen oder gar Töten von Kleinkindern entgegenwirken soll. Es gibt Überlegungen, die Betreuungszeit bis zur Einschulung zum Beispiel durch Familienpaten und andere vernetzte Angebote auszudehnen.
Die Begleitung von Familien in schwierigen Situationen ist zentrales Anliegen der Stiftung Netzwerk Leben. Zur Zeit bestehen Netzwerk-Leben-Gruppen in Burg, Dessau, Halle, Lutherstadt Wittenberg, Magdeburg, Quedlinburg und Stendal. Einzelne Mitstreiter gibt es zudem in Sangerhausen und Staßfurt. Im Jahr 2007 (2008 liegt noch nicht vor) wurden von den insgesamt etwa 120 Aktiven 5800 Stunden ehrenamtlicher Arbeit im Bereich Familie erbracht.
Interessierte können sich an die Geschäftstelle Netzwerk Leben in Magdeburg wenden. Tel. 03 91/ 5 34 24 11; E-Mail: post@netzwerkleben.de
Von Eckhard Pohl