Keine Angst vor dem Islam
Anlaufstelle der DBK für den christlich-islamischen Dialog bietet Gemeinden Unterstützung an
Erfurt/Leipzig. In Deutschland leben rund vier Millionen Moslems. Gerade mal zwei Prozent davon in den Neuen Bundesländern. Die CIBEDO - Fachstelle für den Dialog mit dem Islam - will Gemeinden aus dem Osten Deutschlands für die Thematik sensibilisieren.
Das Schweizer Minarett-Verbot, islamistischer Terrrorismus, die Burka - Themen, die aus der Tagespresse bekannt sind und die Deutschen beunruhigen. Genau hier beginnt die Aufgabe der CIBEDO: Nicht Angst, sondern Offenheit gegenüber dem Islam fördern. Die Mitarbeiter stehen im Dienst der deutschen Bischöfe und sollen Ansprechpartner für Fragen des christlich-islamischen Dialogs sein. Dr. Peter Hünseler ist Geschäftsführer der CIBEDO.
Hünseler, studierter Theologe, Politik- und Islamwissenschaftler, hält deutschlandweit in kirchlichen Einrichtungen Vorträge zum interreligiösen Dialog mit dem Islam. Kürzlich sprach er zu Mitgliedern der katholischen Gemeinde in Ilmenau. "Dabei konnte ich feststellen, dass die Menschen in den neuen Bundesländern relativ entspannt mit der Thematik umgehen. Das liegt an der geringen Anzahl von muslimischen Mitbürgern. Hier leben gerade mal zwei Prozent aller Muslime Deutschlands. Und die Mehrheit von ihnen in Sachsen. Ein extremes Gegenstück ist Köln: Dort ist jeder zehnte Bürger Moslem."
In Regionen mit hohem muslimischen Bevölkerungsanteil seien Konflikte wie beim Bau einer Moschee oft vorprogrammiert. Die Ursache: Meist werde die ortsansässige Bevölkerung erst informiert, wenn der Bau beginnt. Mehr Sinn mache es, die Bevölkerung schon vor der Entscheidung, das Bauland zu verkaufen, mit einzubeziehen, sich mit der Situation zu beschäftigen, Fragen zu klären, und schließlich die islamische Gemeinde kennenzulernen.
"Die katholische Kirche macht den Dialog zur Pflicht", betont Hünseler. Dafür habe sie auch Strukturen geschaffen. Zum Beispiel die CIBEDO, die Fortbildungsmaßnahmen anbietet. "Wir haben vor einiger Zeit eine Weiterbildung für Erzieherinnen in Kindergärten angeboten. Da wurde unter anderem besprochen, wie man mit muslimischen Kindern umgehen soll, die im Ramadan zum Fasten verpflichtet sind."
Keine Anerkennung vor dem Staatskirchenrecht
Religionsfreiheit könne man nicht zur Debatte stellen, unterstreicht Hünseler bei seinem Besuch in Thüringen. Darum werde auch das Minarettverbot in der Schweiz früher oder später wieder zurückgezogen, ist er überzeugt. In anderen politischen Fragen sei aber noch längst nicht das letzte Wort gesprochen, so auch bei der Frage nach islamischem Religionsunterricht. "Momentan laufen örtliche Modellversuche für islamischen Religionsunterricht nicht auf dem Boden des Grundgesetzes. Der Islam ist nämlich in Deutschland nicht als Glaubensgemeinschaft anerkannt, wie etwa die katholische oder evangelischlutherische Kirche in Deutschland", erklärt der Experte. Das deutsche Staatskirchenrecht sehe als Grundvoraussetzungen für eine solche Anerkennung vor, dass eine organisierte Struktur vorzuweisen ist sowie die Vertretung der Mitglieder nach außen durch einen Verantwortlichen erfolgt.
"Die meisten Muslime in Deutschland bezeichnen sich, obwohl nicht praktizierend, als streng gläubig, denn sie verstehen sich als Teil der weltweiten Islamgemeinschaft, der Umma. Diese Gemeinschaft ist aber in keinster Weise organisiert oder als Institution greifbar." In Deutschland gäbe es lediglich einige islamische Verbände, die aber nur etwa 20 Prozent aller praktizierenden Moslems repräsentieren.
"Es gibt nur zwei Möglichkeiten", sagt Hünseler kritisch. "Entweder ändert sich der Islam oder das deutsche Staatskirchenrecht muss an die Situation angepasst werden. Und bei dem beachtlichen Bevölkerungsanteil der Muslime von fünf Prozent ist Letzteres nicht abwegig. Außerdem sollte bedacht werden, dass immerhin gut die Hälfte von ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Damit ein gutes Miteinander gelingen kann, muss das Anwachsen des muslimischen Bevölkerungsteils von der mehrheitlichen Bevölkerung mit Sympathie getragen werden."
Ängste der Deutschen sind unberechtigt
Dass die deutsche nicht-islamische Bevölkerung selten mit Sympathie reagiert, ist Peter Hünseler bewusst. Die Ängste und Sorgen der Deutschen seien aber oft unberechtigt: "Welche Argumente führen denn Bürger beispielsweise gegen den Bau von Moscheen an? Parkplätze würden angeblich wegfallen und letztlich würde sich die Wohngegend verschlechtern. In meinen Augen herrscht bei vielen Deutschen die Angst überfremdet zu werden." Die These, dass schon im kommenden Jahrhundert die Mehrheit der Bevölkerung aus Migranten bestehen werde, scheint vielen glaubwürdig. Dies könne rein demografisch aber nicht stimmen, setzt Hünseler entgegen: "Auch bei Migranten ist ein Rückgang der Geburtenrate zu verzeichnen. Die Angst vor Kinderarmut, wirkt sich schon deutlich aus."
In fast jedem Bistum gibt es einen Islambeauftragten. Seine Aufgabe ist es, zwischen den Gemeinden zu vermitteln, vor allem dann, wenn sich eine islamische Gemeinde in unmittelbarer Nähe zu einer Kirche befindet. Die Beauftragten unterstützen die Gläubigen dabei, die eigene Religion und die des anderen besser kennenzulernen. Aus eigener Erfahrung bestätigt Peter Hünseler: "Auch gemeinsame Aktivitäten können daraus entstehen und damit der wahre Dialog - ein Dialog des Lebens zwischen den Gemeindemitgliedern.
Info
CIBEDO ist die Abkürzung für "Christlich-islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle". Gegründet wurde CIBEDO 1978 vom Orden der Weißen Väter in Köln als Einrichtung der Afrikamissionare. Rund 20 Jahre später wurde sie von der Deutschen Bischofskonferenz als Fachstelle für den interreligiösen Dialog zwischen Christentum und Islam übernommen. Heute hat sie ihren Sitz in Frankfurt am Main und ist um die Förderung des Zusammenlebens von Christen und Muslimen bemüht. Die Fachstelle bietet Literatur und kirchliche Dokumente zum interreligiösen Dialog, Weiterbildungen und Beratung. Homepage: www.cibedo.de
Von Elisa Eichberg