Osterreiter seit 65 Jahren
Niemand ist bisher öfter bei einer Osterprozession mitgeritten als Peter Bresan aus Sollschwitz
Seit 1946 reitet der Sollschwitzer Tierarzt Dr. Peter Bresan ununterbrochen in der Wittichenauer Kreuzreiterprozession mit. Dies empfindet er als eine große Gnade und ein Geschenk.
"Je älter ich werde, desto frischer komme ich nach Hause", meint Dr. Peter Bresan (77). Ein weicher Sattel, lange Steigbügel-Riemen zur Vermeidung von Knieschmerzen, ausdauerndes Sitzenbleiben die gesamte Prozession über - das ist sein Geheimnis. Am vergangenen Ostersonntag ist der praktizierende Tierarzt zum 65. Mal in der Wittichenauer Osterprozession mitgeritten. Das ist für ihn wie eine große Gnade und ein Geschenk. Bei der Aussendung der Reiter steckte ihm Pfarrer Mercin Delenk am Sonntag ein Jubiläumskränzchen an.
Angefangen hat alles 1946 in der Sollschwitzer Mühle. Die Mutter bat ihren 13-jährigen Sohn wegen der Erkrankung eines Jugendlichen aus dem Heimatort, an seiner Stelle zur Ehre Gottes zu reiten. Bei allem war der Anfang infolge des Krieges sehr bescheiden. Noch heute erinnert sich der Jubilar an eine Wittichenauerin, die den jungen Osterreiter Peter Bresan erblickte und zu ihrer Tochter sagte: "Schau, so ein armer Osterreiter. Er hat nicht mal eine einzige Blume." Daraufhin eilte sie ins Haus und befestigte dann am Halfter von Peter Bresans Pferd eine Kunstblume. "Ich fühlte mich glücklich über dieses unerwartete Geschenk", erzählt der Jubilar. "Alles, was der Mensch zum ersten Mal erlebt, ist ewig. Wir waren damals arm - doch mit Freude, Dankbarkeit und Frömmigkeit gesegnet."
Ununterbrochen ritt er seitdem jedes Jahr in der Prozession mit. 1957 zog Ostersonntag Sturm auf. "Der wehte uns die Zylinder vom Kopf." Ostern 1963 regnete es die gesamte Prozession. "Wir hatten Wasser in den Stiefeln", schildert der Veterinär. 1959 bis 1984 leitete er eine staatliche Tierarztpraxis im Kreis Meißen. Trotz der beruflichen Anspannung hatte Peter Bresan Ostern stets frei. Seit 1963 besorgte er Jahr für Jahr Osterpferde von Wilsdruff für die Wittichenauer Prozession. Heute reiten Peter Bresan (77), Sohn Ambrosius Bresan (49), die Enkel Benno Bresan (27) und Florian Bresan (23) aus Bautzen sowie Schwiegersohn Tilo Sauer (41) aus Rosenthal gemeinsam in der Wittichenauer Prozession. Von Anbeginn kehrt Peter Bresan zur Mittagszeit in Ralbitz stets bei Familie Benno Saring ein. Bis etwa 1890, so erzählt er aus mündlicher Überlieferung seines Großvaters, wurde in der Wittichenauer Prozession nur sorbisch gebetet und gesungen.
Die Osterprozession in Wittichenau ist die größte und älteste der Prozessionen in der Lausitz. Seit 1541 führt sie ununterbrochen nach Ralbitz. Zuvor wurde nach Hoyerswerda geritten, das aber 1540 protestantisch geworden war. Seit 1998 wird in Lübbenau die Tradition wieder aufgegriffen. Dort reiten evangelische und katholische Christen gemeinsam.
1946, bei Peter Bresans Erstritt, war ein Drittel der Reiter deutsch und zwei Drittel sorbisch. Der deutschsprachige Teil wuchs inzwischen an. Wie lange Peter Bresan in der Prozession noch mitreitet? "Die Antwort ist einfach", meint der Jubilar. "Solange ich noch aufs Pferd steigen kann, werde ich mitreiten."
Von Andreas Kirschke