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Zum Leben gehört der Tod

Mit einer Abschiedsfeier wird der Trauer in Jenaer Altenheim Raum gegeben

Jena. Im Jenaer Altenheim Luisenhaus fand die jährliche Abschiedsfeier für die verstorbenen Hausbewohner statt. Die ökumenische Feier wendet sich besonders an die trauernden Angehörigen. Sie ist für das Luisenhaus zu einer guten Tradition geworden.

Kerze entzünden

Namen werden genannt, Bild auf Bild erscheint auf der Kapellenwand. Lang ist in diesem Jahr die Reihe der verstorbenen Hausbewohner des Luisenhauses in Jena. Von 27 Frauen und Männern, die im Haus ihren Lebensabend verbrachten, heißt es Abschied zu nehmen. Und für jeden wird eine Kerze zur Erinnerung angezündet. Gestaltet wird die Feier vom Hausseelsorger, Diplom-Theologe Horst Kremer und vom Pfarrer der benachbarten evangelischen Friedenskirche, Gotthard Lemke. Neben der konkreten Erinnerung an jeden einzelnen Toten, prägen Lieder und Meditationen die Atmosphäre. Gedanken gehen zurück und formen sich in Gebeten neu.

Kommen und Gehen durch den Haupteingang

Die Abschiedsfeier in der Hauskapelle "Edith Stein" ist ein Zeichen für die bewusste christliche Prägung des Luisenhauses, dessen Träger das Deutschordens-Wohnstift "Konrad Adenauer" Bonn und die Diözesancaritas des Bistums Erfurt sind. Der Tod wird im Luisenhaus nicht ausgeblendet, sondern gehört zum Alltag. Abtransporte der toten Heimbewohner über den Keller - steril und unsichtbar - finden nicht statt. "Bei uns können die Bewohner und die Angehörigen in der Hauskapelle Abschied von den Toten nehmen. Und der Sarg wird durch die Tür geleitet, durch die der Bewohner einst zu uns kam, den Haupteingang", betont der Leiter des Luisenhauses, Thomas Theisinger. Er sagt weiter: "Ziel unserer Arbeit ist die Begleitung der uns anvertrauen Personen in einem guten Verhältnis von Nähe und Distanz. Der Tod hat diesen Weg abgebrochen, unterbrochen. Aber in uns schwingt noch etwas von den zurückliegenden Begegnungen."

So reifte in der Dienstgemeinschaft der Altenpflegeeinrichtung die Idee, eine Form zu suchen, die diesem "Nachschwingen", diesem "Nachreden" einen würdigen Rahmen und einen Raum gibt. In zeitlicher Nähe zum Patronatsfest am 15. März, nicht ganz zufällig zwischen Aschermittwoch und dem Osterfest, lädt das Luisenhaus die näheren Angehörigen der Verstorbenen noch einmal ein, gemeinsam mit den Mitarbeitern noch einmal ganz bewusst Abschied zu nehmen.

Für Thomas Theisinger gehört dieses Abschiednehmen und die Sterbebegleitung zur ganzheitlichen Pflege und Betreuung dazu. Sterbebegleitung, so Theisinger, ist Lebensbegleitung. Dabei macht er die Erfahrung, dass die Mitarbeiter heute viel häufiger mit dem Tod konfrontiert werden. Die Menschen kommen heute viel später als früher ins Pflegeheim. Viele sind weit über 80, das durschnittliche Sterbealter liegt bei 86,7 Jahren. "Das bedeutet, viele leben nur relativ kurz in unserem Haus und es wird in immer kürzeren Abständen gestorben", betont der Hausleiter.

Würdig und möglichst selbstbestimmt

Zudem sind mit dem hohen Alter der Bewohner zumeist auch intensivere Pflegemaßnahmen nötig. Dennoch sagen nicht wenige Senioren beim Kommen: "Ich komme zu ihnen, um noch etwas vom Leben zu haben." Thomas Theisinger: "Wir sind also herausgefordert, Lebenswünsche zu erfüllen und Lebensalternativen zu bieten." Nur "satt, sauber, warm und gut gepflegt" - so der Leiter - reicht heute nicht mehr aus. Und auch vom Träger - dem Deutsordens-Wohnstift - wird Wert auf eine ganzheitliche Pflege gelegt, die den alten Menschen dort im Empfang nimmt, wo er steht, und ihm Hilfen anbietet, die letzte Phase seines Lebens würdig und möglichst selbstbestimmt zu leben. Damit, so Theisinger, wird bewusst einem Trend in der Gesellschaft widersprochen, der Altsein und Sterben immer stärker ausklammert. Dabei zitiert er Norbert Elias. Dieser schrieb: "Wir spüren eine eigentümliche Verlegenheit der Lebenden in der Gegenwart eines Sterbenden." Die Erfahrungen im Luisenhaus beim Abschiednehmen sowie die besondere Form des jährlichen Gedenkens sind ein Weg, so Thomas Theisinger, sich den Herausforderungen des endlichen Lebens zu stellen, gerade in einem Altenpflegeheim.

Das Altenzentrum Luisenhaus befindet sich am Altstadtrand im Westviertel von Jena in Nähe zur katholischen Pfarrkirche St. Johannes Baptist. Es entstand als Zusammenschluss zweier Einrichtungen, die nicht mehr den aktuellen Standards entsprachen. Nach einer sehr intensiven Bauzeit wurden im Jahr 2001 die ersten Bewohner aufgenommen.

Info: Altenzentrum Luisenhaus, Telefon 0 36 41 / 23 90 00, Internet: www.seniorendienste.de

Von Holger Jakobi

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