Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!

Anstoß

Pharisäer gestern - heute - morgen

Guido Erbrich

In der Bibel kommen die Pharisäer ziemlich schlecht weg. Ob es wirklich nur solche schlitzohrigen, verbohrten, hinterhältigen, fanatischen und selbstgerechten Stinkstiefel waren? Nein, sicher gab auch unter ihnen faszinierende Menschen, die auf der Suche nach Gott ehrlich mit ihrem Glauben rangen und die Gottes Wort so auslegten, dass sich der Himmel öffnete.

Aber so ganz zufällig stellt uns die Bibel diese Gruppe nicht vor. Denn Pharisäer stehen für einen Glaubensmangel, der sich in allen Zeiten findet und besonders unter frommen Menschen verbreitet ist. Glauben hat viel mit Vertrauen zu tun: Traue ich Gott etwas zu oder nicht? Hier liegt das Problem der Pharisäer: Sie trauen Gott zu wenig zu. Das ist zwar typisch Mensch, kann aber schnell zur Hölle auf Erden werden.

Pharisäer gestern und heute wissen ganz genau, wie glauben richtig und falsch geht. Dabei vergessen sie: Gott lässt sich auf vielerlei wunderbare Weisen finden. Überhaupt merken sie nicht, dass viele ihrer starr gezogenen Grenzen ihre eigenen Scheuklappen sind.

Wer es genau zu wissen meint, hat wenig Vertrauen in den Gott, der die Liebe ist. Denn Gott ist immer für Überraschungen gut. Daher sind Pharisäer oft so humorlos und unerlöst. Einfach weil sie mit einem lebendigen Jesus, der das starre Gesetz mit Leben füllt, nichts anfangen können, weil sie mit dem Sohn Gottes, der Liebe vor Recht ergehen lässt, nicht zurande kommen.

Pharisäer brauchen einen kleinen Gott, der beherrschbar ist und mit dem sie drohen können. Denn da sie ihrem Gott nichts zutrauen, müssen sie den Glauben mit Regeln erdrücken. Die Bibel macht uns, wie schon den Pharisäern vor 2000 Jahren, deutlich: Traut Gott etwas zu und füllt die Regeln mit Leben.

Jesus lebt uns dieses lebendige Gesetz vor. Er kann auch mal fünfe gerade sein lassen. Mit Sündern hat er weit weniger Probleme als mit Frommen. Die Ehebrecherin, die die Pharisäer steinigen wollen, wird von ihm nicht angeklagt. Anstatt sie auf ihre sündige Vergangenheit festzunageln, traut Jesu ihr zu, ihr Leben jetzt und in Zukunft anders zu gestalten. "Geh hin und sündige fortan nicht mehr." Jesus macht dabei den Pharisäern klar: Fromme sind als Glaubende und nicht als Richter gefragt. "Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!"

Die Pharisäer der Bibel zeigen sich an dieser Stelle beschämt und haben es kapiert. Kein Stein fliegt! Das ist das größte Wunder der Geschichte.

Uns Pharisäer und Pharisäerinnen heute mahnt die Schriftstellerin Gertrud von le Fort: "Es sind nicht die Gottlosen, es sind die Frommen seiner Zeit gewesen, die Christus ans Kreuz schlugen."

Guido Erbrich,
Bautzen

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps