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Eine gute Erfahrung von Kirche

Im zehnten Jahr fi ndet in Dessau eine Feier für ungetaufte Jugendliche statt

Dessau. In diesen Tagen und Wochen bieten Seelsorger in Dessau und Halle wieder Feiern für ungetaufte Jugendliche an. Am 29. Mai werden 23 Mädchen und Jungen des Liborius-Gymnasiums in Dessau an einer Feier der Lebenswende teilnehmen und diese selbst mitgestalten.

Rund zehnmal treffen sich die Mädchen und Jungen in Dessau, bevor sie zu ihrer Lebenswendefeier zusammenkommen. Pfarrer Haskamp und Gemeindereferent Knauer laden auch die Eltern mehrfach ein

Mit verschiedenfarbigen Gerbera wollen die Mädchen und Jungen ihren Eltern für die bisherige Lebensbegleitung danken, wenn sie am 29. Mai in der Kirche der Gemeinde Dreieinigkeit in Dessau- Süd zu ihrer Feier der Lebenswende zusammenkommen. Musikalisch werden sie die festliche Stunde selbst gestalten. Sie wollen etwas aus ihren Lebensgeschichten erzählen und persönliche Wünsche vortragen.

All dies wurde bei einem Vorbereitungsabend besprochen, zu dem sich die jungen Leute im April versammelt hatten. 17 Mädchen und sechs Jungen der achten Klasse nehmen in diesem Jahr an der Feier für konfessionslose junge Leute teil. Es ist die zehnte Feier dieser Art, die Maristen-Pater Pfarrer Heinrich Haskamp und Gemeindereferent Ralf Knauer in Dessau anbieten.

"Ich gehe ins Liborius-Gymnasium", sagt Helene. "Viele meiner Mitschülerinnen und Mitschüler gehen zur Firmung oder zur Konfi rmation. Ich gehöre nicht zur Kirche. Im Gymnasium haben wir vom Angebot der Feier der Lebenswende gehört …", erzählt die 14-Jährige. Ihre Eltern seien gegen eine Teilnahme an der Jugendweihe gewesen. Und ihre Freundinnen hätten sich ebenfalls für die Feier der Lebenswende entschieden, sagt die Jugendliche aus Dessau-Waldersee.

Auch der 14-jährige Benedict wollte nicht zur Jugendweihe gehen und hat sich deshalb für die von der Kirche angebotene Feier angemeldet. "Auch meine Eltern fi nden die Jugendweihe nicht gut, weil es da so unpersönlich zugeht und es keine Vorbereitungstreffen gibt", sagt Benedict.

"Bei unseren Treffen haben wir viel über Fragen des Lebens nachgedacht, über Partnerschaft, über unsere Berufswünsche, über das Leben überhaupt", erzählt Helene. "Mir ist zum Beispiel das Bild vom Baum mit seinen Wurzeln hängen geblieben, mit dem man das Leben ein Stück vergleichen kann", ergänzt Benedict. Einstweilen sei aber vieles von dem noch weit weg, sagen die beiden. "Erst einmal müssen wir das Abi gut schaffen."

Das können Pfarrer Haskamp und Gemeindereferent Knauer gut verstehen. Dennoch halten sie es für sehr wichtig, den jungen Leuten auf ihrem Weg auch ein Stück Begleitung anzubieten. Dabei sind sie selbst immer wieder am Ausprobieren, welche Akzente sie bei den zehn bis elf Vorbereitungstreffen setzen. Orientierung bietet ihnen der Dreischritt: "Blick in die Vergangenheit" (Welche Stärken und Schwächen habe ich? Was hat mich so werden lassen?), "Gegenwart" (das ist die Feierstunde) und "Zukunft". "Im Blick auf die Zukunft bedenken wir Grundhaltungen des Zusammenlebens, darunter nicht zuletzt das Thema Partnerschaft, und Aspekte wie Solidarität, Personalität, Subsidiarität."

Nachdenken, wie gutes Zusammenleben gelingt

Während des heutigen Vorbereitungstreffens formulieren die jungen Leute persönliche Wünsche für ihr Leben: "Ich wünsche mir ein gutes Abi", sagt eines der Mädchen. "Ich wünsche mir einen Beruf, der mir Spaß macht, eine Familie, die nie auseinandergeht, Freunde, die ehrlich sind und zu mir stehen", tragen die anderen zu der Sammlung von Wünschen bei. Auch von einer "tollen Wohnung", "Gesundheit" und davon, "selbstbewusst und stark durch das Leben gehen" zu können, wird gesprochen.

Bei der Feier werden immer zwei Jugendliche einen Wunsch vortragen. Während der Feststunde brennen im Altarraum Kerzen. Pfarrer Haskamp wird Mantelalbe und Stola anlegen und so die Feier leiten. Am Ende wird er die Jugendlichen und alle Teilnehmer segnen. Als Geschenk der Gemeinde sollen alle Mädchen und Jungen eine Kerze erhalten.

Auch wenn die Feier in der Kirche und mit christlichen Zeichen und Deutungen stattfi ndet, gehe es nicht darum, die konfessionslosen Mädchen und Jungen zu missionieren, betont Ralf Knauer. "Was uns antreibt, die jungen Leute im Sinne einer Lebensdiakonie ein Stück zu begleiten, ist unser christliches Menschenbild", sagt Pfarrer Haskamp. Im Laufe der Jahre seit der ersten Feier 2001 seien es auch mal nur sechs Jugendliche gewesen, die an den Treffen und der Feier teilnahmen. Insgesamt hätten sie inzwischen aber rund 180 junge Leute begleitet.

Als Schritt in das Erwachsensein möchte Gemeindereferent Knauer das Fest nicht verstanden wissen. "Die Mädchen und Jungen werden gerade Jugendliche", sagt er. Zudem werde heute auch angesichts langer Ausbildungszeiten bis zum 30. Lebensjahr von der Jugendphase gesprochen.

Bei ihrem Einsatz für die Mädchen und Jungen erleben die Seelsorger immer wieder engagierte Eltern. Bei drei bis vier Elternabenden parallel zu den Vorbereitungstreffen geben Haskamp und Knauer den Müttern und Vätern Impulse, über sich und ihre Kinder nachzudenken und sich in die Feierstunde zum Beispiel mit einer Ansprache einzubringen, was jedes Mal mit viel Liebe geschehe. Zudem seien die Eltern immer bestrebt, einen bleibenden Anhaltspunkt an die Feier zu stiften. So haben die Eltern eines Jahrgangs zum Beispiel auf dem Gelände des Liborius-Gymnasiums einen Baum als Erinnerung gepfl anzt. Auch in diesem Jahr ist eine entsprechende Überraschung geplant.

Lebensdiakonie, aber keine Missionierung

Knauer schätzt, dass in Dessau noch immer 80 Prozent eines Jahrgangs an der Jugendweihe teilnimmt. "Eine Öffnung der Lebenswendefeier über das Liborius- Gymnasium hinaus wäre sicher möglich", ist der Gemeindereferent überzeugt. "Doch dann müsste es ein größeres Leitungsteam geben." Für die ungetauften Schüler des Gymnasiums wollen die beiden Seelsorger jedenfalls weiterhin solche Feiern anbieten. Pater Haskamp: "Wenn Jugendliche erleben, dass man mit den Leuten von der Kirche über die Dinge des Lebens reden kann, ist das eine gute Erfahrung für ihren weiteren Weg."

Von Eckhard Pohl

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