Von Verzweiflung und Hoffnung
Theatergruppe Ayoba brachte Flair des Weltmeisterschaftslandes Südafrika nach Torgau
Torgau. Ab Mitte Juni schaut die Fußballwelt auf Südafrika. Eine Theatergruppe aus den armen Vororten Johannesburgs hat die Weltmeisterschaft und das Flair ihres Landes schon vorab nach Deutschland und dabei in der vergangenen Woche auch ins "Zentrum Kulturbastion" in Torgau gebracht.
Ein paar Worte Deutsch kann Goodwill schon. "Langsam", und "wunderbar". Er wippt mit, wenn die Schüler den Rhythmus auf der Trommel nachspielen, sagt "langsam", klatscht, kommentiert: "wunderbar". 15 Jugendliche sitzen im Kreis um ihn, zu zweit teilen sie sich jeweils eine Trommel. Den Takt gibt Goodwill vor, sie versuchen, ihn so gut es geht zu imitieren.
Goodwill ist 32 Jahre alt, der Senior unter den acht Südafrikanern, die als Gruppe Ayoba seit Mitte April durch Deutschland touren. Sie haben schon auf dem Ökumenischen Kirchentag in München, in Köln, in Bonn getrommelt, gesungen, getanzt. Torgau, sagt Goodwill, sei für ihn aber etwas Besonderes. Es sei fast so, als ob er nach Hause käme. Vor zwei Jahren machte er hier schon einmal Station. Wie diesmal auch schliefen sie alle bei Gastfamilien. Großartig sei das gewesen, erzählt die achtzehnjährige Johanna Brückner. Sie wohnte damals in einer Wohngemeinschaft, alle saßen bis in die Morgenstunden zusammen, quatschten, lachten, bis sie um vier Uhr morgens todmüde ins Bett fielen.
Es war Johannas Mutter, Antonie Brückner, die dafür sorgte, dass die Theatertruppe aus Südafrika, nur in etwas anderer Zusammensetzung, ein zweites Mal nach Torgau gekommen ist. Als die Bildungsreferentin der Arbeitsgemeinschaft "Alternativ Handeln" las, dass Missio die acht Schauspieler und Tänzer nach Deutschland einlädt, fragte sie nach, ob sie nicht auch wieder nach Torgau kommen könnten. Es ist ihr einziger Stopp in Ostdeutschland.
200 Jugendliche quetschen sich in den gedrungenen Saal der Kulturbastion. Sie sind aus den Schulen der Stadt und den angrenzenden Gemeinden gekommen, um den Auftakt, das Theaterspiel zu sehen. Die Südafrikaner spielen "Iphupho Lami", was auf Zulu "Mein Traum" bedeutet. Sie spielen ihre eigene Geschichte aus einem Land, das aus der Hoffnung lebt, in dem aber auch Gewalt den Alltag prägt.
Album ist mit der Schule fertig und möchte Management an der Universität studieren. Doch das Geld reicht dafür nicht aus. Zur selben Zeit gerät sein Vater in Probleme: Er muss seinen Obstund Gemüseladen schließen, die Behörden haben ihm die Lizenz entzogen. Album aber lässt sich davon nicht unterkriegen, er öffnet ein Geschäft in der Garage seines Vaters und versucht so, für den Unterhalt seiner Familie zu sorgen.
Es ist eine Geschichte von Verzweiflung und Hoffnung, von Freudenfesten, weil Südafrika den Zuschlag für die Fußball- Weltmeisterschaft erhalten hat, und von Wuttränen, weil die Lizenz für den Laden des Vaters unerschwinglich teuer ist. Am Ende schafft es Album, das Geld für das Studium aufzubringen. Er arbeitet hart, wird nur noch selten ausgeraubt und darf als Manager seines Fußballvereins arbeiten, denn auch die anderen haben erkannt, dass er am besten mit Geld umgehen kann.
Die Jugendlichen sind von dem Stück begeistert. "Ihre Gestik und ihre Mimik, die Stimmen und die Tänze, das war einfach beeindruckend", sagt Maria Theumer. Auch sie war vor zwei Jahren schon dabei, kennt noch einige der Südafrikaner von damals. Nach dem Mittagessen folgen die Workshops auf dem großen Hof des Kulturzentrums. Zunächst bilden alle einen großen Kreis, werfen sich imaginäre Feuerbälle zu, dann teilt sich die Gruppe auf. Die einen tanzen mit Patience, die anderen trommeln mit Goodwill.
Am Ende umarmen sie sich, die Kinder aus Torgau und die Schauspieler, Tänzer, Trommler aus Südafrika. Er wolle seine Erfahrungen mit deutschen Menschen teilen und Freundschaften aufbauen, schreibt Goodwill im Programmheft als Wunsch für die Tour durch Deutschland. In Torgau ist dieser Wunsch in Erfüllung gegangen. Hier hatte er schon Freunde, und konnte noch neue hinzugewinnen.
Von Kilian Trotier