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Nach Gott suchen

Domkapitular Gregor Arndt lädt dazu ein, den Himmel immer wieder neu zu entdecken

Erfurt. "Mit dem Himmel beschenkt - eine Spurensuche im Bistum Erfurt." Ein Gespräch mit dem Leiter des Erfurter Seelsorgeamtes, Domkapitular Gregor Arndt.

Ein Glasfenster in der Jenaer Pfarrkirche St. Johannes Baptist gab die Anregung für das Logo des pastoralen Schwerpunkts

Im Bistum Erfurt läuft seit Advent 2009 der pastorale Schwerpunkt "Mit dem Himmel beschenkt". Worum geht es?

Konkret darum, dass die Christen eingeladen sind, zu schauen, wo sie in ihrem Leben und ihrem Alltag Spuren Gottes finden. Es geht um einen lebendigen Glauben, der in Zeiten struktureller Veränderung von der Gegenwart Gottes getragen wird.

Die Gemeinden werden kleiner, Pfarreien gründen sich neu und die Zahl der hauptamtlichen Seelsorger sinkt. Wie ist die Lage?

Wir machen die Erfahrung in der Gesellschaft und in der Kirche, dass immer weniger Menschen in Thüringen leben und das hat auch Folgen für unsere Gemeinden. Manche Gemeinde hat eine Größe erreicht, bei der es nur selten eine Taufe oder eine Hochzeit gibt. Auf diesem Hintergrund haben sich schon in den zurückliegenden Jahren Koalitionen gebildet. Der Religionsunterricht wurde in manchen Städten zentralisiert oder an einem Samstag werden Schüler zum Religionsunterricht zusammengeholt. Die Vorbereitung zur Erstkommunion und zur Firmung geschehen orts- und gemeindeübergreifend. Das ist die Ausgangsposition, auf welche die Strukturreform reagiert, indem sie zweierlei Dinge wahrnimmt. Zum einen bedarf es auf Zukunft hin starker Zentren, wo die Menschen wissen, hier gibt es seelsorgliche Begleitung, hier ist der Ort der Taufanmeldung, hier ist der Ort, wo sie in die Kirche hineinwachsen können. Auf der anderen Seite ist es wichtig, in den vielen kleinen Orten die Filialen stark zu machen in dem, was sie selbst in Zukunft leisten können. Beispielsweise in verschiedenen Besuchsdiensten. So gibt es in Schleusingen und in Buttstädt kleine Schwesterngemeinschaften, die die Gemeinde mittragen. In anderen Orten kann ein Kindergarten oder ein Altenheim die Präsenz der Kirche aufrechterhalten.

Was wollen Sie anbieten, wozu laden Sie ein?

Der Prozess "Mit dem Himmel beschenkt" wird uns die nächsten zwei Jahren begleiten. Wichtig bleibt das Anliegen: Wir sind nicht Kirche für eine Strukturreform, sondern wir sind Kirche, um den Himmel zu entdecken. Dies deutlich zu sagen, ist mir gerade im Kontext von Pfingsten ganz wichtig. Von daher ist es meine Hoffnung, dass wir nicht nur die innerkirchliche Organisation auf die Reihe bekommen, sondern am Glauben dranbleiben.

Welche Planungen und Ideen gibt es?

Wir wollen schauen, wo es Bereiche gibt, in denen Menschen Gottes Gegenwart auf besondere Weise spüren können. Zuerst möchte ich das Kirchenjahr nennen, in dem viele Menschen Gottes Gegenwart erfahren oder zumindest erahnen. Ich denke da an das Weihnachtsfest, an Allerheiligen und Allerseelen, ich schaue auf das Erntedankfest, aber auch an die Osternacht mit ihrer christlichen Grundbotschaft. Ich bin davon überzeugt, dass Christen wie Nichtchristen dort nicht selten eine Ahnung von Gottes Gegenwart bekommen können. Das zweite Tor ist die Kunst, wenn Menschen beim Hören des Weihnachtsoratoriums, beim Betrachten von Gemälden in Kirchen oder Museen von Gottes Gegenwart berührt werden. Wir haben diese Erfahrung hier in Thüringen unter anderem mit nichtchristlichen Künstlern gemacht, die katholische Kirchen mitgestaltet haben. Es ist hoch interessant, mit ihnen im Dialog festzustellen, was sie selber dabei auch an Transparenz des Glaubens erfahren. Und der dritte Bereich ist eine Erfahrung, die viele von uns kennen. Paradoxer Weise sind es gerade die Leid- und Kreuzerfahrungen, in denen wir Gott ein Stück näher sind. Selbst der Ruf Jesu "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen" kann eine Brücke zu Christus schaffen.

Welche persönlichen Himmelserfahrungen haben Sie gemacht?

Ich kann für mein eigenes Leben bestätigen, dass alle drei Bereiche mir ganz wichtig sind. Ob es die Feier des Gottesdienstes mit einer Pfarrgemeinde über viele Jahre gewesen ist oder das Durchleben des Kirchenjahres mit jungen Leuten in einem Jugendhaus waren auch für mich Einfallstore zum Herrn, die mir in meiner eigenen Biografie wichtig sind und bleiben. Ich gestehe auch, dass Musik, Bilder, Architektur ebenfalls solche Einfallstore sind. So werde ich mich im Sommer auf den Jakobsweg machen und an den verschiedensten Orten neue Anknüpfungspunkte suchen. Und ich möchte mit Blick auf mein Leben sagen, dass meine eigene Beziehung zu Gott durch eine schwere Krankheit vertieft wurde.

Lässt sich der Himmel mit den Nichtchristen teilen? Sehen Sie Möglichkeiten und Wege?

Wenn ich auf unsere säkulare Situation schaue, scheint mir gerade da unsere Aktion "Mit dem Himmel beschenkt" ein Angebot zu sein, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Sei es auf einer gemeinsamen Wanderung zum Himmelfahrtstag mit nichtchristlichen Kollegen, oder im Gespräch mit einem Kind, das nicht christlich aufwächst, aber dennoch am Krippenspiel mitmachen möchte. Ich habe in meiner seelsorglichen Arbeit oft Anknüpfungspunkte gefunden, wo auch Nichtchristen einen Weg zum Glauben gefunden haben, unabhängig davon, ob sie sich später mit der Taufe in die Kirche integriert haben. Aber auch die Krankenhaus- und die Gefängnisseelsorge zeigt uns an vielen Stellen, wie gerade Krisen und Leidsituationen, Wege für alle Menschen sein können, den Gotteshorizont zumindest zu erahnen.

Wie läuft der Prozess "Mit dem Himmel" organisatorisch ab?

Dies alles geschieht in einem zweijährigen Prozess. Im Advent wurden die Christen herzlich dazu eingeladen, im örtlichen und in ihrem persönlichen Umfeld zu schauen, wo Gott erfahrbar ist. Vom Hirtenbrief des Bischofs bis zur Bistumswallfahrt steht der pastorale Schwerpunkt im Mittelpunkt des Bistums. Darüber hinaus greifen Gemeinden und anderen Initiativen das Thema auf. Im Familienzentrum Kerbscher Berg beispielsweise benannten Mütter ihren Himmel und es waren oft ganz alltägliche Dinge wie Familie oder erfahrene Nähe, die dort zum Ausdruck kamen. Ein anderes Beispiel ist Struth, wo unter Mitarbeit vieler Gemeindemitglieder ein "Begehbarer Himmel" entstand, der dazu einlud, sich mal ganz persönlich der Himmelserfahrung zu stellen.

Im Elisabeth-Jahr 2007 gingen viele Impulse von einem Pastoraltag aus, zu dem Seelsorger und Vertreter der Gemeinden eingeladen waren. Ist Ähnliches auch jetzt geplant?


Ja, es wird einen solchen Pastoraltag geben und zwar am 29. und 30. Oktober diesen Jahres. Er nimmt eine zentrale Stellung im Lauf des Prozesses "Mit dem Himmel beschenkt" ein. Dabei werden wir biblische Annäherungen an die drei Themenbereiche anbieten. Im Gespräch sollen diese reflektiert werden. Wichtig ist aber besonders, dass wir gemeinsam nach neuen Möglichkeiten suchen, uns für den Himmel zu öffnen. Ich bin schon sehr neugierig, welche Impulse vom Pastoraltag in unser Bistum und darüber hinaus ausgehen werden. Mit dem Pastoraltag beginnt der pastoralpraktische Teil des Prozesses der zu Christkönig 2011 seinen Abschluss finden wird.

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