Lob für eine Unermüdliche
Schwester Otfrieda wirkt still im Hintergrund
Heiligenstadt. Seit 37 Jahren lebt und arbeitet Schwester Otfrieda Schwarz im Marcel- Callo-Haus Heiligenstadt. Etwas Besonderes hat sie dabei nicht geleistet, meint sie selbst. Aber manche sehen das anders.
Sie soll in die Zeitung? Nein, warum das denn? Was hat sie Besonderes getan? Andere Frauen haben doch auch gearbeitet und den 70. Geburtstag gefeiert. Und andere Schwestern begehen ebenfalls ihr goldenes Ordensjubiläum.
Ginge es nach Schwester Otfrieda, dann gäbe es in ihrem ganzen Leben nichts, was öffentlich Dank verdient. Schwester Maria Magdalena Brüning, Leiterin des kleinen Konvents im Marcel-Callo-Haus, ist da allerdings anderer Meinung: "Es ist schon spitzenmäßig, was unsere Schwester Otfrieda leistet, häufig im Hintergrund. Sie hat so eine gute Art, mit anderen Menschen umzugehen und sie hat Lob verdient."
Seit 37 Jahren lebt und arbeitet Schwester Otfrieda im Marcel-Callo- Haus, dem heutigen Jugendund Erwachsenenbildungshaus in Heiligenstadt. Verantwortlich ist sie für die Leitung der Hauswirtschaft, sorgt für Ordnung und Sauberkeit, ist zuständig für die Wäsche, für die Gästezimmer, bezieht Betten, deckt die Tische im Speisesaal, arbeitet im Garten. Kümmert sich um eine freundliche, einladende Atmosphäre, damit sich Gäste und Mitarbeiter wohlfühlen.
Geboren in Breslau, dem heutigen Wroclaw, kam sie nach dem Krieg zunächst ins Bistum Magdeburg, 1956 nach Heiligenstadt. Fasziniert vom Leben und Wirken der heiligen Maria Magdalena Postel, der Ordensgründerin, entschied sie sich für ein Noviziat bei den Heiligenstädter Schulschwestern im Bergkloster. Am 13. Juni 1960 trat sie in den Orden ein. Vor 37 Jahren nahm sie die Arbeit im Marcel-Callo-Haus auf. Als das Haus in der Lindenallee 21 noch Kur- und Jugendhaus war, umsorgte sie die Kurgäste. Viele zukünftige Krankenschwestern lernten bei ihr im Aspiranturjahr (dem Hauswirtschaftsjahr am Beginn ihrer Ausbildung) das Saubermachen und Bügeln.
Noch etwas verrät die Konventsleiterin über ihre Mitschwester: Sonntag für Sonntag, seit über 30 Jahren, leitet Schwester Otfrieda in der St.-Ägidien-Gemeinde während des Gottesdienstes die Kleinkindstunde. Mütter, die selbst schon im Kindergartenalter sonntags in der Obhut der Ordensschwester waren, bringen inzwischen ihren eigenen Nachwuchs. Schwester Otfrieda bereitet für die Mädchen und Jungen kleine Feste im Kirchenjahr vor, bastelt Zuckertüten, feiert mit ihnen und den Eltern Kleinkindstunden-Abschluss vor der Schuleinführung. Nie geht sie in Urlaub, ohne vorher gewissenhaft für sonntäglichen Ersatz zu sorgen. Zu verreisen mit dem Gedanken, für "ihre Kinder" ist an einem Sonntag niemand da, würde sie nicht fertigbringen.
Am 19. Juni wird Schwester Otfrieda ihr goldenes Ordensjubiläum feiern. Mit ihr feiern drei weitere Schwestern goldenes, zwei Schwestern diamantenes und eine Schwester ihr silbernes Ordensjubiläum. Selbstverständlich wird sich danach für Schwester Otfrieda am sonntäglichen Dienst nichts ändern. Im Marcel-Callo- Haus endete ihre Berufstätigkeit. Aber sie wäre nicht Schwester Otfrieda, hätte sie sich nicht auch vorgenommen, weiterhin dort, wo sie wohnt, ehrenamtlich nach dem Rechten zu sehen, beispielsweise in der Kapelle.
Der Gottesdienst zur Feier der Jubiläen der Heiligenstädter Schulschwestern findet am 19. Juni um 10 Uhr in der St. Martinskirche statt.
Von Christine Bose