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Kreuz, Rose, Löwe oder Engel

Auf Friedhöfen gibt es viele Symbole / Eine Veranstaltung auf dem Erfurter Hauptfriedhof

Erfurt. Einmal im Jahr laden die beiden christlichen Akademien in Erfurt - Katholisches Forum und Evangelische Stadtakademie - und der Hauptfriedhof zu einer gemeinsamen Veranstaltung ein. Thema in diesem Jahr: Symbole auf dem Grab.

Zwei Beispiele der Grabgestaltung aus verschiedenen Epochen auf dem Erfurter Hauptfriedhof.

Palmwedel und Rose sind die Renner. Gegenwärtig ziert eines dieser beiden Symbole fast jeden neuen Grabstein, sagt Jens Kratzing vom Erfurter Hauptfriedhof. Wer über diesen wichtigsten Friedhof der Thüringer Landeshauptstadt geht, wird - wie auf anderen Friedhöfen in Deutschland - eine große Zahl weiterer Symbole auf Gräbern entdecken. Da finden sich Stadtwappen und Werkzeuge, Efeu und Flammen, verschiedene Tiere und lebensgroße Engels- oder Menschengestalten und immer wieder das Kreuz in verschiedenen Varianten. Symbolgehalt, darauf weißt Jens Kratzing hin, hat aber auch die Bepflanzung eines Grabes oder die Schrift auf dem Grabstein, wenn beispielsweise der Name des Toten in seiner Handschrift gestaltet ist.

Aus wissenschaftlicher Sicht hat sich die Kunsthistorikerin Heidrun Sprinz aus Leipzig mit Symbolen auf Gräbern beschäftigt, denn darüber hat sie am Beispiel des Leipziger Südfriedhofes ihre Magisterarbeit geschrieben. Auch wenn ihr etwa in der Häufigkeit des Vorkommens bestimmter Symbole zwischen Leipzig und Erfurt Unterschiede auffallen, sind ihre Erkenntnisse doch übertragbar.

Symbole sind nicht immer eindeutig

Heidrun Sprinz warnt davor, aus Symbolen vorschnelle Schlüssel zu ziehen. Symbole werden von Gemeinschaften geschaffen und sind deshalb nicht eindeutig, weil sie von Nichtmitgliedern der Gemeinschaft nicht unbedingt verstanden werden. Um ein Symbol zu deuten, sei Hintergrundwissen notwendig. Die Kunsthistorikerin verdeutlicht das am Beispiel des Löwen. Der Löwe sei ein Herrschaftssymbol, könne aber sowohl die Herrschaft des Guten wie des Schlechten verkörpern. Er ist Raubtier und Beschützer. Im alten Ägypten dienten Löwenfiguren als Grabwächter. Die Bibel nennt Christus den "Löwen aus dem Stamm Juda". So wurde der Löwe zum Christussymbol. Andererseits gibt es auch Darstellungen von Christus, der auf einem Löwen steht - ein Zeichen dafür, dass er das Böse besiegt hat. Wer das alles weiß, wird die Löwensymbolik auf den Gräbern von Karl Max Schneider und Cliff Aeros auf dem Leipziger Südfriedhof immer noch nicht richtig deuten können. Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Hier haben die Löwen etwas mit dem Berufsleben der beiden zu tun: Karl Max Schneider war von 1934 bis zu seinem Tod 1955 Direktor des Leipziger Zoos. Und Cliff Aeros (1889-1952), der eigentlich Julius Jäger hieß, war Löwendompteur und gilt als Begründer der Zirkusszene in der DDR.

Stehende Ausweiskarten mit Lichtbild

Es müssen ja nicht gleich gewaltige Löwenfiguren sein, aber Jens Kratzing freut sich über jedes Grab, das besonders gestaltet ist. Von den "stehenden Ausweiskarten, die es inzwischen auch mit Lichtbild gibt", hält er nicht viel. Kratzing meint damit Grabsteine, auf denen nur Name und Eckdaten festgehalten sind. Dennoch: "Sie sind Ausdruck der Friedhofs- und Bestattungskultur zu DDR-Zeiten." Nach dem Ende der DDR gab es in der Grabgestaltung das andere Extrem: "Jetzt kann ich machen, was ich will!" Inzwischen, so Kratzings Erfahrung, überlegen die Leute genau, was sie wollen.

Natürlich spielen bei der Realisierung der Wünsche dann schnell finanzielle Fragen eine Rolle. Aber die Verantwortlichen des Erfurter Hauptfriedhofs sind froh, "wenn wir etwas haben, was von der Norm abweicht und damit etwas aussagt". Und so versucht man dann auch, solche Wünsche zu realisieren. Ein Beispiel ist das Grab eines Opfers des Amoklaufes am Erfurter Gutenberg-Gymnasium. Es ist gestaltet mit Dingen, die dem jungen Mann in seinem kurzen Leben wichtig gewesen sind. Augenmerk legt der Friedhof auch auf besonders gestaltete historische Grabmale, die restauriert und erhalten werden sollen. "Dafür suchen wir übrigens ständig Paten", wirbt Kratzing.

Von Matthias Holluba

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