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In die gleiche Richtung blicken

Der Görlitzer Bischof Zdarsa über eine gemeinsame Wallfahrt mit Priestern und Seminaristen

Der Görlitzer Bischof Konrad Zdarsa hat zum Abschluss des Jahres des Priesters eine Wallfahrt von Priestern und Seminaristen nach Frankreich begleitet. Der Tag des Herrn sprach mit ihm.

Der Görlitzer Bischof Konrad Zdarsa war eine Woche lang mit Priestern und den Seminaristen des Erfurter Priesterseminars zu einer Wallfahrt in Frankreich unterwegs. Das Foto entstand am einstigen Vorwerk des Kartäuserklosters Chartreuse, wo sich heute ein multimediales Museum zum Lebensalltag der Mönche befindet.

Herr Bischof, Sie haben sich eine Woche lang Zeit genommen, um mit Priestern und Seminaristen auf Wallfahrt nach Ars, Chartreuse und Annecy zu gehen. Sie hatten in Ihrer Diözese diese Wallfahrt angeregt. Warum?

Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass sich Priester im gemeinsamen geistlichen Tun immer wieder gegenseitig stärken und ermutigen. Angesichts unserer kleinen Zahl an Priestern besteht die Gefahr, dass ihre besondere Berufung zu kurz kommt. Eine solche Wallfahrt, aber auch der von mir im Bistum Görlitz eingeführte jährliche Priestertag bieten dazu entsprechende Gelegenheit. Ich halte es für sehr wichtig, dass Priester immer wieder einmal nur unter Ihresgleichen sind und ganz nach dem Wort des französischen Dichters Antoine de Saint-Exupéry "… miteinander in die gleiche Richtung blicken" und sich so auch voneinander getragen wissen. Bei dieser Reise war davon etwas zu spüren. Dass zudem die Seminaristen aus unserem Erfurter Priesterseminar daran teilgenommen haben, war für mich ein zusätzlicher Grund, mit auf Wallfahrt zu gehen.

Die Wallfahrt führte nicht zuletzt nach Ars, wo 2009 des 150. Todestages des Pfarrers Johannes Maria Vianney gedacht wurde und damit eines ausgewiesenen Seelsorgers ...

Papst Benedikt XVI. hat ja aus diesem Anlass das jetzt zu Ende gegangene Jahr des Priesters 2009/10 ausgerufen. Mit unserer Wallfahrt nach Ars haben wir auch das Anliegen unserer eigenen Bekehrung als Priester verbunden. Johannes Maria Vianney wurde schon zu Lebzeiten als Heiliger angesehen. Er ermutigt uns Priester, uns selbst darum zu mühen, heilig zu leben und auch das Volk Gottes dazu anzuleiten und zu ermutigen.

Was halten Sie für besonders wesentlich am priesterlichen Dienst, was dürfen die Gemeinden von ihren Priestern erwarten?

Aufgabe des Priesters ist es, sich zunächst um die Vertiefung des eigenen Glaubens zu mühen und als geistlicher Mensch zu leben. Darüber hinaus ist der Priester für die lebendige Feier der Liturgie und den bewussten Vollzug des Kirchenjahres verantwortlich. Wer meint, im Gemeindeleben alle Themen oder Schwerpunkte beispielsweise kirchlicher Hilfswerke aufgreifen zu müssen, läuft Gefahr, sich zu verzetteln. Und damit niemand denkt, das bedeute den Rückzug auf das bloß Sakrale, soll man sich das Wort des Liturgikers Josef Andreas Jungmann (1889- 1975) sagen lassen: "Die lebendig gefeierte Liturgie ist durch Jahrhunderte die wichtigste Form der Seelsorge gewesen."

Was sollten die Priester von ihren Gemeinden erwarten können?

Jeder Christ sollte sich nach den ihm gebotenen Möglichkeiten mit Herz und Mund in die Feier des Gottesdienstes einbringen. Die Feier der Eucharistie lebt vor allem von der aktiven Teilnahme aller Beteiligten und nicht etwa nur von den verschiedenen Akteuren im Altarraum. Nur dann wird auch jeder Einzelne davon gestärkt werden. Nach dem bekannten Wort von Karl Rahner wird der Christ der Zukunft einer sein müssen, der mit dem Gott lebt, an den er glaubt. Ganz entsprechend gilt das auch für die Gemeinde. Die Gemeinde der Zukunft wird eine Gemeinde sein, die mit dem Gott lebt, an den sie glaubt - und dies gipfelt in der Feier der Liturgie - oder sie wird nicht mehr sein.

In der ersten Hälfte dieses Jahres sind eine Reihe von Missbrauchsvergehen durch Priester bekannt geworden. Was bedeutet dies für die Kirche und den priesterlichen Dienst?

Allzu viel ist schon darüber gesagt worden. Im Lichte des Glaubens betrachtet, halte ich es nicht für einen Zufall, dass gerade in dem zu Ende gegangenen Jahr des Priesters dieses schwere Versagen inmitten der Kirche offenbar geworden ist, unter dem die ganze Kirche leidet. Einmal mehr und in besonders schmerzlicher Weise wurde uns vor Augen geführt, dass die Kraft, das Geheimnis Christi glaubwürdig zu verkünden, von Gott kommt und nicht von uns. Für uns alle und in besonderer Weise für uns Priester erwächst daraus die Forderung nach ständiger Bekehrung.

Nur wenige junge Menschen entscheiden sich hierzulande für einen geistlichen Beruf. Welche Ursachen sehen Sie dafür?

Eine wichtige Ursache sehe ich darin, dass Priester und Gemeindemitglieder viel zu wenig über die Frage der Berufung sprechen. Kaum einer geht einmal auf einen Jugendlichen zu, um ihm zu sagen, dass er sich ihn in einem geistlichen Beruf oder als Priester vorstellen könnte. Eine solche persönliche Ermutigung sollte man nicht unterschätzen. Aber auch in unserer ganz alltäglichen Glaubenspraxis, von der die Jugendlichen geprägt werden, scheint dies begründet zu sein. Geben wir uns in der Öffentlichkeit als Christen zu erkennen? Haben wir den Mut, auch in einer Gaststätte das Essen mit Kreuzzeichen und Tischgebet zu beginnen? Sind wir in der Lage, über unseren Glauben zu sprechen und ihn Nichtchristen zu erklären? Bemühen wir uns darum, alles, was uns widerfährt, im Lichte des Glaubens zu betrachten und zu deuten?

Kirche und Gemeinden sind einem starken Wandel unterzogen. In welche Richtung wird sich das Selbstverständnis von christlicher Gemeinde und ihrer Seelsorger verändern müssen?

Entscheidend wird bleiben: Was Christen tun, müssen sie mit ganzem Herzen tun und sich immer wieder um ihre Bekehrung mühen. Die lebendige Feier der Liturgie bleibt lebenswichtig. Zudem ist wesentlich, sichtbar mit der Kirche zu leben, weil das die einzige Möglichkeit ist, trotz unserer Sündhaftigkeit von Glauben und Hoffnung auf die rettende Liebe Gottes erfüllt zu sein und davon Zeugnis zu geben.

Interview: Eckhard Pohl

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