Pilgern für Versöhnung
Polnische und deutsche Wallfahrer unterwegs von Gnesen nach Magdeburg
Magdeburg. "Die Liebe drängt uns". Begleitet von diesen Worten erreichte eine deutsch-polnische Pilgergruppe am 29. Juni nach fünftägiger Reise den Magdeburger Dom. Aufgebrochen war die Gruppe im polnischen Gniezno (Gnesen).
Erstmals machte sich eine Gruppe von Pilgern anlässlich des Ökumenischen Kirchentags in Berlin 2003 auf den Weg. Seitdem bricht jedes Jahr eine Pilgerschar am Johannistag, dem 24. Juni, auf, um vom polnischen Gniezno (Gnesen) nach Magdeburg zu pilgern. Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge verabschiedete die 50 Reisenden jeden Alters mit einem Gottesdienst in der Kathedrale zu Gnesen. Die rund 500 Kilometer legten sie zu Fuß und per Bahn zurück. In Magdeburg beschlossen sie ihre Reise mit einer gemeinsamen Andacht im Dom und einem Gottesdienst mit Bischof Gerhard Feige in der Kathedrale St. Sebastian.
Die Pilger folgen den Spuren von Kaiser Otto III., der um das Jahr 1000 aus religiöser Überzeugung von Magdeburg nach Gnesen reiste und mit dem Herzog Boleslaw von Polen einen Freundschaftsbund schloss. Auch wenn die historischen Grundlagen nicht eindeutig zu belegen sind, so knüpfen die Pilger doch an diese überlieferte Fahrt Ottos an.
Auf ihrem Weg widmeten sich die Pilger in diesem Jahr besonders den Worten des Apostels Paulus aus dem ersten Brief an die Korinther. "Und hätte ich die Liebe nicht, so wäre ich nichts", heißt es dort (1 Kor. 13). "Die Liebe drängt uns", fasste der evangelische Regionalbischof für Magdeburg-Stendal, Christoph Hackbeil, das Thema und das Anliegen der Gruppe zusammen und lobte den Erfolg dieser Pilgerreise als Beispiel aktiver Ökumene und Aussöhnung zwischen den Ländern.
"Diese Liebe" ist nach den Erfahrungen von Pfarrer Justus Werdin, der gemeinsam mit Dompropst Jan Kasprowicz die Gruppe begleitet, spürbar. "Die Gruppe rückt familiär zusammen", berichtet der Pfarrer rückblickend auf die vergangenen sieben Jahre. "Es ist ein Zusammensein, bei dem alle aufeinander achten." Werdin ist Pfarrer einer evangelischen Gemeinde im Grenzraum zu Polen und weiß daher von dem angespannten Nachbarschaftsverhältnis. Um so positiver sei das Signal, das diese Gruppe setzt. Wenn sich Deutsche und Polen gemeinsam auf den Weg machen, werden auch Schwierigkeiten wie die unterschiedliche Sprache überbrückt. "Man muss sich einfach hingeben, treiben lassen, ohne Vorbehalte darauf einlassen. Dann kann man diese überraschenden und immer neuen Erfahrungen machen", erklärt Werdin den Reiz des Pilgerns und der gemeinsamen Wanderschaft. Tatsächlich haben sich über die Jahre hinweg immer mehr Menschen der Gruppe angeschlossen.
Die Jugendlichen unter den Pilgern kommen zu großen Teilen aus Polen. Das liegt an den späten Schulferien in Deutschland. Jedoch seien viele deutsche Jugendliche am Pilgern interessiert, sagt Pfarrer Werdin. Die Jugendlichen unter den Pilgern bestärken das positive Signal der Verständigung zwischen Deutschland und Polen und stimmen die Beobachter aus Politik und Kirche hoffnungsvoll. Es sei ein Zeichen für ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den kommenden Generationen von Deutschen und Polen, bekundeten Mitglieder der polnischen Botschaft, die am Abschluss der Wallfahrt teilnahmen. Konflikte und Verletzungen der Vergangenheit würden so verarbeitet und beigelegt.
Zum Empfangskomitee im Magdeburger Dom gehörten neben Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche, auch Delegierte der polnischen Botschaft. Sie vertraten den Botschafter der Republik Polen, Marek Prawda. Die Entsandten zeigten sich berührt vom Zeichen und der Verständigung der Pilger und betonten, zu jeder Zeit Projekte, die die deutsch-polnische Beziehung verbessern, zu unterstützen.
Von Damian Peikert