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Alter Orden in moderner Kirche

Die Franziskaner renovieren ihre Kirche in Halle und bilden eine neue Klostergemeinschaft

Halle. Die Pfarrkirche des Klosters "Zur Heiligsten Dreieinigkeit" bekommt ihre ursprünglichen Farben zurück. Mit der Renovierung erfährt auch das Kloster eine Neubelebung. Bruder Martin Domogalla, Franziskaner und Pfarrer der Gemeinde, berichtet von der Zukunft des Klosters.

Bruder Martin Domogalla bereitet den Einzug seiner Mitbrüder ins Kloster vor. Scheinbar routiniert führt Bruder Martin Domogalla durch sein Kloster. Erläutert sämtliche Bauvorhaben und Fortschritte. Stilistische Besonderheiten inbegriffen. Eben musste er noch den Gang hinunter wischen. Trotz einer kleinen Muskelzerrung. In einer Dreiviertelstunde ist Heilige Messe. In den nächsten Minuten wird er von einem Mitbruder wegen eines unerwarteten Todesfalls in der Gemeinde erwartet. - Pfarrer einer Gemeinde zu sein umfasst heute mehr als die geistliche Begleitung einer Gemeinde. Umso mehr, wenn man nebenbei einem Kloster vorsteht und eine Baustelle beaufsichtigt.

Letzte Renovierungsarbeiten irgendwann vor der Wende

Die Kirche und Klosterräume des Franziskanerklosters "Zur Heiligsten Dreieinigkeit" bestehen in ihrer heutigen Gestalt seit 1930. Die letzten Renovierungsarbeiten müssen irgendwann vor der Wende gewesen sein. Jetzt wird nach vielen Jahren wieder gebaut. Unter strenger Aufsicht von Bruder Martin und einer Kunstkommission soll die Kirche innerhalb eines Jahres wieder in ihrer ursprünglichen Farbgestaltung erscheinen. Im neobarocken Stil mit deutlichen Bauhaus-Einflüssen.

Vor acht Jahrzehnten errichtet, brach der Kirchenerbauer Bruder Erasmus Baumeister mit allen damals vorherrschenden Konventionen und setzte in Halle ein Zeichen "moderner" Kirche. Am 21. Juli feierte Bruder Martin den Todestag des Erbauers und ist stolz, dessen Erbe heute bewahrt zu sehen.

Es sind aufregende Tage für Bruder Martin. Aber eigentlich ganz nach seinem Geschmack. Mit 69 Jahren fährt er noch im fünften Gang, wie er sagt. Seit 50 Jahren ist er Franziskaner, seit 18 Jahren in Halle. An seiner Sprache hört man das nicht. Aus dem Franziskanerkloster in Hannover ist er gekommen. Kurz nach der Wende wurde er Pfarrer der Gemeinde in Halle. Seitdem gab es an dem Gebäudekomplex keine Renovierungen. Er ist voll freudiger Erwartung, die Kirche in ihren neuen alten Farben zu sehen. "Weinrot für den Altar, ein Bronze für die Säulen und ganz oben, für die Decke, ein dunkles Blau. So war es." Bruder Martin weiß über alle Abläufe und Vorgänge im Kloster Bescheid. Muss er auch, denn er ist seit Baubeginn allein im Kloster.

Mit Baubeginn wurden seine vier Mitbrüder versetzt. Auch Bruder Martin sollte sich eine Wohnung in der Nähe suchen. Dies schien ihm jedoch zu umständlich, wenn er hier doch eine Gemeinde und ein Kloster zu betreuen hat. Die Versetzung seiner Mitbrüder und die Baumaßnahmen am Kloster sind eine Reihe von Veränderungen für Halle und für den Orden.

In diesem Jahr schlossen sich die vier Provinzen der Franziskaner in Deutschland zu einer gesamtdeutschen Provinz zusammen. Im Zuge dieser Veränderung müssen sowohl die Oberen im Orden als auch viele Brüder neue Plätze einnehmen.

In Deutschland zählen die Franziskaner noch 380 Brüder. "Der Weg geht hin zu weniger Häusern und zu lebensfähigen Gemeinschaften", erklärt Bruder Martin. Warum die jungen Menschen keinen Weg mehr in den Orden finden, liege an der Bindungsangst heute. "Inzwischen ist es eine Bindungsunfähigkeit", meint Bruder Martin. Dies zeige sich nicht nur am Aussterben der Orden, sondern auch an den wenigen Eheschließungen und hohen Scheidungszahlen. Dabei sind junge Leute am geistlichen Leben sehr interessiert. Wallfahrten, Pilgerreisen und geistliche Laiengemeinschaften, auch die der Franziskaner, erfahren regen Zuspruch von Jugendlichen.

Dass Pfarrer Martin als Franziskaner ganz allein im Kloster geblieben ist, bleibt eine große Ausnahme. Für ihn ist es eine abschließende große Aufgabe. Im Oktober wird er 70 Jahre alt. Einen Ruhestand gibt es bei den Franziskanern nicht. Jeder bringt sich nach seinen Kräften weiter ein. Bruder Martin: "Wenn ich ab Oktober Ruhe halten müsste, wäre das wie vom fünften Gang in den Rückwärtsgang zu schalten. Das ginge nicht gut." Er hofft also auf weitere Beschäftigung.

Ende Oktober kommen fünf Franziskaner

Der 31. Oktober wird ein bedeutsamer Tag für die ebenfalls gerade zusammengeschlossene Gemeinde "Zur Heiligsten Dreieinigkeit". Dann wird die Kirche in ihrem neuen Anstrich erstrahlen, Bruder Martin wird sich verabschieden und die neue Klostergemeinschaft wird sich vorstellen. Im Zuge der Entwicklungen kommen fünf Brüder nach Halle. Schließlich ist der Orden seit dem 13. Jahrhundert in der Stadt beheimatet.

In Halle werden die Brüder ihren Dienst am Evangelium allerdings auf dem Stand der Zeit verrichten. Ganz im Erbe des Erbauers Bruder Erasmus Baumeister soll das Kloster ein Zeichen moderner Kirche bleiben. Der Orden stellt eine Gemeinschaft zusammen, deren Stärken auf Halle abgestimmt sein werden. Bruder Martin hofft zum Beispiel, dass dann wieder ein Bruder in den drei großen Schulen der Umgebung für die Seelsorge da sein wird. Er selbst wird es aus der Ferne verfolgen, wenn er dann an anderer Stelle seinem Orden dient.

Von Damian Peikert

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