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Lachen und Religion

Über die Weltfremdheit des Glaubens

Es ist Faschingszeit. Als gebürtiger Kölner nimmt P. Bernhard Kohl aus Leipzig in seinem Anstoss deshalb die Frage nach dem Zusammenhang von Religion und Lachen in den Blick.

Pater Bernhard Kohl

In der Geschichte der großen Religionen hatte man mit Humor und Lachen oft gewisse Schwierigkeiten. So gibt es beispielsweise in der christlichen Kunst nur sehr wenige Darstellungen von Lachenden. Wer den Propheten Mohammed karikiert, wird schnell als Beleidiger des Islams angesehen und ganz sicher kann man sich auch nicht sein, was geschähe, wenn man den berühmten jüdischen Humor einmal wirklich auf die Probe stellte. Wo man also hinblickt, scheint die Fähigkeit, gläubig oder fromm zu sein, aufs Engste mit der Fähigkeit verknüpft humorlos zu sein.

Woher kommt das? Der französische Philosoph Henri Bergson hat die Auffassung vertreten, dass diese Verknüpfung gleichermaßen am Wesen des Lachens und der Religion liege. Worüber lachen wir? Als Kinder lachen wir über ganz bestimmte Gesten und Macken eines Lehrers. Wir lachen über Beamte, die ihre Arbeit steif und unnötig kompliziert erledigen. Kurz: Wir lachen über alles Verklemmte, Gestelzte und Erstarrte. Gesund ist das Leben nur da, wo es selbstverständlich, ungezwungen, spontan und immer neu aus sich selber fließt. Mit dem Lachen, so sagt Bergson, schützt sich das Leben vor seiner schlimmsten Erkrankung: vor Erstarrung, vor Steifheit und Zwang.

In der Kirche hat sich diesbezüglich schon einiges geändert: Sie ist sehr viel offener und toleranter geworden für jene, die anders glauben, anders empfinden. Selbst der Papst zitiert in seinen Enzykliken Karl Marx. Und dennoch, so meine Vermutung, wird das Lachen über die Religion nicht aufhören. Denn Religion ist für Außenstehende wesenhaft komisch. Das Fremde ist komisch, sagt der Philosoph Bergson. Der Fremde hat Mühe am zwanglosen Fluss des Lebens selbstverständlich teilzunehmen. Er benimmt sich häufig unbeholfen und manchmal auch störend. Das merke ich selber schnell, wenn ich mich als Kölner in Leipzig bewege. Allein durch meine Aussprache falle ich auf. Ich spreche mit dem Tonfall und Akzent des Fremden, ich denke somit auch auf etwas andere Art und bin somit ein leicht komischer Typ.

Der religiöse Mensch aber ist wesenhaft ein komischer Fremder, weil Religion in ihrem innersten Kern welt-fremd ist. Dabei gibt es etwas, was noch komischer ist als die Religion: die Welt. Ist die Religion nämlich für die Welt komisch, weil sie weltfremd ist, so ist die Welt vom Himmel her betrachtet urkomisch, weil sie gottfremd ist. Und das ist der eigentliche Grund für alles Lachen über die Religion. Es ist, wie der heilige Thomas von Aquin es formuliert, die Teilnahme am Lachen der Engel: "In uns lebt nicht allein die Lust der Tiere, sondern auch jene Lust, die wir mit den Engeln gemein haben." Und hier liegt der tiefste Sinn des Glaubens: Gott wurde nicht Mensch, um die Menschen fromm zu machen, sondern, um die Frommen menschlich zu machen.

Pater Bernhard Kohl OP, Leipzig

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