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Es war ein tolles Gefühl von Freiheit, etwas tun zu können

Bund der Katholischen Rhönjugend feiert am 8. August sein 20-jähriges Bestehen

Geisa/Rhön. Mit der Erfurter Bistumsgründung im Jahr 1994 kam das Dekanat Geisa zum Bistum Fulda zurück. Doch verbindet die Rhön weiterhin viel mit Thüringen, so die Erfahrungen in der katholischen Jugendarbeit in der DDR. Aus einem Aktionskreis Jugend gründete sich vor 20 Jahren der Bund der Katholischen Rhönjugend.

Sie waren für Gerechtigkeit in der Schule und im öffentlichen Leben, wollten verdeckte Gewalt in der Gesellschaft abbauen und den rechten Umgang mit der Natur und der Schöpfung durchsetzen: Kurzum, sie wollten mitreden und sich einbringen. Mit diesen Zielen gründeten die katholischen Jugendlichen des Dekanates Geisa, das damals noch zu Erfurt gehörte, im Jahr 1990 den Bund der Katholischen Rhönjugend (BKRJ). Seitdem erlebte der Verein spannende und wechselvolle Zeiten und feiert in diesem Jahr mit einem Festgottesdienst und einem Nachmittag für die ganze Familie sein 20-jähriges Bestehen.

Jugendliche fanden Schutz vor der DDR-Wirklichkeit

Im Arbeitskreis Jugend fand Madlen Jacob 1985 Gleichgesinnte.

Die Vorgeschichte: Bereits in den siebziger Jahren gründete der damalige Pfarrer von Bremen Franz Konradi den "Arbeitskreis Jugend", in dem Vertreter aus allen Pfarrgemeinden des Dekanates Geisa tätig wurden. Einer der damals dabei war, ist Hermann Schmelz aus Geisa. Schmelz hatte bis Mitte letzten Jahres die Dekanatsjugendstelle in Geisa inne und zählt zu den Gründungsmitgliedern des BKRJ. Er berichtet: "Der Arbeitskreis organisierte damals Jugendgottesdienste, Krippenspiele, Religiöse Kinderwochen und Jugendfreizeiten und Rhönsingetage. Politische Aktivitäten waren zu der damaligen Zeit nicht möglich. Aber innerhalb der Kirche waren die Jugendlichen relativ frei."

Ein Problem der damaligen Zeit waren für die jungen katholischen Christen die sozialistischen Jugendweihen. In den 80er Jahren nahmen 98 Prozent aller Jugendlichen der DDR an der Jugendweihe teil, die mit enormen Druck etabliert worden war. "Die katholische Jugend in der Rhön kam deswegen in Konflikt und stand vor der Frage: Weihe ich mich nun dem Staat oder Gott?", erinnert sich Hermann Schmelz. Verweigerten die jungen Menschen die Teilnahme, mussten sie erhebliche Nachteile in Kauf nehmen, bekamen schlechtere Lehrstellen oder ein Studiumsverbot. Auch auf die Eltern wurde Druck ausgeübt. "Wir hatten es damals als katholische Christen gar nicht so einfach", sagt Madlen Jakob, die seit 1985 zum Arbeitskreis gehörte. "Ich kann mich noch erinnern, dass meine Mutter zu ihrem Betriebsleiter musste, weil ich nicht an der Jugendweihe teilnehmen wollte." Im Arbeitskreis trifft Madlen Jakob auf Gleichgesinnte. Viele katholische Jugendliche machen ähnliche Erfahrungen in der Schule, bei der Ausbildung oder in der Armee. "Vor der verdeckten Gewalt in der NVA hatten wir einfach Angst", erinnert sich Dieter Kiel aus Geismar. Als er mit 18 Jahren gemustert wird, findet er sich bei seinem dritten Musterungsgespräch ganz alleine in einem großen Saal wieder. "Vor mir saßen auf einer Tribüne die Offiziere und wollten mich zu einem dreijährigen Wehrdienst überreden", erinnert sich Dieter Kiel. Er lehnt immer wieder ab und wird zum Schluss mit dem Satz entlassen: "Wenn Sie nicht wollen, dann werden wir sie erst mit 27 Jahren einziehen!" Für Dieter Kiel kam glücklicherweise die Wende dazwischen.

Und mit dem Ende der DDR gab es auch für die katholische Jugend in der Rhön völlig neue Möglichkeiten. Am 10. November 1989 wurde während des Friedensgebetes in Geisa ein Aufruf an alle christlichen Jugendlichen verlesen. Im Dezember fand sich dann eine Initiativgruppe zusammen, mit dem Ziel, öffentlich als Verband in Erscheinung zu treten. Hermann Schmelz: "Wir wollten einen katholischen Verein für junge Menschen ins Leben rufen. Am 3. Januar 1990 wurde der Bund der Katholischer Rhönjugend offiziell gegründet. Zum Vorsitzenden wurde Dieter Kiel gewählt. Es werden fünf Arbeitsgruppen gebildet: die "Info-Gruppe" sowie "Zeitung", "Umwelt", "Kontakte" und "Gerechtigkeit".

Erstmals Umweltschäden in der Rhön gezeigt

Hermann Schmelz:

Für besonderes Aufsehen sorgte damals die "Rhön-Umwelt- Ausstellung" am 21. und 22. April 1990 im Kulturhaus in Geisa. Sie wurde von der Arbeitsgruppe Umwelt organisiert. "Umweltschäden waren zu DDR-Zeiten kein Thema", erklärt der damalige Vorsitzende Dieter Kiel. Etwa 1000 Menschen kamen, um sich die Dokumentation über Umweltschäden in der Rhön anzusehen. Selbst in der Hessenschau wurde darüber berichtet. "Es war ein tolles Gefühl von großer Freiheit, endlich etwas tun zu können", sagt Dieter Kiel. "Der BKRJ hatte der katholischen Dekanatsjugend endlich eine Stimme gegeben." Von ursprünglich 16 jungen Leuten hatte der Verein in wenigen Monaten über 100 Mitglieder "Es war eine verrückte Zeit der Veränderung und des Umbruchs", so Hermann Schmelz. Mit dem 3. Oktober 1990 und der Einführung der D-Mark änderte sich jedoch vieles. "Das Interesse für die Vereinsarbeit ging schlagartig zurück, die Menschen hatten nun andere Probleme und Interessen", erklärt Hermann Schmelz die Situation. Die Mitgliederzahlen pendeln sich bei etwa 40 ein. Zwei Jahre später eröffnet der BKRJ in Bremen das "Café Kiste".

Vereinsarbeit wird weiter fortgesetzt

Dieter Kiel war der erste Vorsitzende der katholischen Rhönjugend.

Hervorzuheben ist auch die BKRJ-Jugendband. Zahlreiche junge Leute spielten viele Jahre in verschiedensten Zusammensetzungen in dieser Band und gestalteten unter anderem die Jugendgottesdienste. Diese werden auch heute weiterhin vom Verein mitgetragen. Ebenso organisieren die Mitglieder die Religiösen Kinderwochen, Jugendfreizeiten oder Themenabende. "Mit der Zeit hat sich herausgestellt, dass wir kein typischer Jugendverband mit einer Vereinsidentität sind", so Hermann Schmelz. "Der BKRJ ist eher der Rahmen für engagierte Leute, die Jugendarbeit im Raum der Kirche ermöglichen." Das wird auch an den Mitgliedern deutlich. Die meisten von ihnen sind schon von Anfang an mit dabei und teilweise über 40 Jahre alt. Sie haben inzwischen einen Familienkreis gebildet, der mittlerweile das Rückgrat des BKRJ geworden ist.

Bewusst entschied sich der Verein im vergangenen Jahr weiterzumachen. Hermann Schmelz betont: "Gerade in der Zukunft wird die Laienarbeit in der Kirche weiterhin an Bedeutung gewinnen. Ich hoffe, dass der BKRJ eine wichtige Plattform für kirchliches Engagement in unserer Region bleiben wird."

Der Festgottesdienst mit der Band Believers beginnt am 8. August um 10 Uhr in der Kirche in Schleid, danach ist Zeit für Begegnungen.

Von Manuela Henkel

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