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Nach Rollen unseres Lebens fragen

Eine Einladung zum Rollenspiel

Die Fastenzeit ist eine Einladung, einmal nach den Rollen zu fragen, die wir in unserem Leben spielen, meint Gemeindererferentin Angela Degenhardt aus Sangerhausen.

Angela Degenhardt

In andere Rollen schlüpfen, tun, was man sich sonst nicht traut, oder sein, was man nie sein kann - das macht für viele den Reiz an der gerade hinter uns liegenden Faschingszeit aus.


Aber auch außerhalb des Karnevals finden wir uns ständig in verschiedenen Rollen wieder, die uns in unterschiedlichem Maße zusagen. Wir sind Eltern und zugleich Kind, sind Chef, Mitarbeiter oder Kollegin, sind Freund, Partnerin, Zuhörer oder Ratgeberin für verschiedene Menschen. Ohne viel darüber nachzudenken, wechseln wir das Drehbuch entsprechend den Menschen, mit denen wir gerade zu tun haben. Allerdings haben wir dabei nur begrenzte Wahlmöglichkeiten und nehmen die Rolle ein, die der jeweilige Augenblick erfordert.

Beim Spiel als Kind oder im Karneval können wir uns freier entscheiden, welche Rolle wir ausprobieren wollen, und es gelingt womöglich, die eine oder andere Grenze zu überschreiten, die uns sonst beengt. Im Schutz der Verkleidung kann ich vielleicht ausgelassener oder weniger schüchtern sein als sonst, und im Spiel kann ich den einen oder anderen Augenblick "ins Unreine schreiben", weil andere Regeln gelten als in der Realität des Alltags.

Ich sehe die nun begonnene Fastenzeit als eine Einladung, über meine Rolle(n) nachzudenken. Welche sind es denn, in die ich regelmäßig schlüpfe? Wie weit lasse ich mir meine Rolle von den Umständen und den Erwartungen in meinem Umfeld diktieren? Welche Gestaltungsfreiheit habe ich oder nehme ich mir?

Über die Frage, wer und was für mich eigentlich eine Rolle spielt, komme ich zugleich der Frage näher, für wen ich eine Rolle spiele. Ich komme auf die Spur der wesentlichen Menschen und Dinge in meinem Leben und auch auf die Spur des einen, für den ich und jede/r Einzelne eine unverwechselbare und einmalige Rolle spielt.

Denn ganz gleich wie gut oder schlecht ich all meine Rollen ausfülle, werde ich für Gott immer wichtig sein. Auch er hat eine Rolle für mich, die ich mit Phantasie und Gestaltungsfreiheit ausfüllen darf. Wer will ich für ihn sein? Und welche Rolle spielen wiederum Gott und mein Glaube in meinem Leben?

Die Fastenzeit lädt ein zu prüfen, ob all das, was bei mir eine Rolle spielt, gut gewichtet ist. Vielleicht muss eine Rolle neu oder anders besetzt werden oder ich stoße auf etwas, das keine Rolle mehr zu spielen braucht.

Ich wünsche mir und Ihnen, dass es eine Zeit wird, die uns erfahren lässt, welche Rollen wir nicht spielen müssen, weil wir bei Gott längst eine Hauptrolle haben - und den Mut, vor ihm alle Masken abzulegen, weil er uns im Tiefsten (er)kennt und liebt, wie wir sind.

Angela Degenhardt, Gemeindereferentin in Sangerhausen

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