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Anstoß

Die Lust an der Arbeit

Schwester Susanne Schneider

In manchen Kreisen ist es "chic", immer einige Minuten zu spät zu kommen: Da denken die anderen, man sei so unglaublich beschäftigt … Den Eindruck zu erwecken, man habe so viel zu tun, man sei so außerordentlich wichtig, man arbeite so viel, fördert in unserer Gesellschaft die Anerkennung durch andere. Deshalb tun viele so, als arbeiteten sie Tag und Nacht.

Tatsächlich hat die Arbeit für manche Menschen die Tendenz, sich auszubreiten und sie regelrecht zu verschlingen. Wer einen bestimmten Job haben will, wer sich um beruflichen Aufstieg bemüht, wer in einer entsprechenden Branche ist, von dem werden viele Sonderleistungen und Extrabemühungen wie selbstverständlich erwartet.

Auch Mitarbeiter in den christlichen Kirchen sind gegen diese Gefahr nicht gefeit. Im Gegenteil: Dass die Arbeit einen zu großen Raum einnimmt, trifft auf diese Bevölkerungsschicht in besonderer Weise zu.

So stellte kürzlich ein in Kirchenkreisen bekannter Psychologe fest, dass bei vielen kirchlichen Mitarbeitern die Balance zwischen Arbeit undFreizeit abhanden gekommen sei. Sie achten zu wenig auf ihren Leib, treiben Raubbau mit ihrer Gesundheit, ignorieren auch die seelischen undgeistlichen Bedürfnisse, und so sind für manche von ihnen Zusammenbrüche und Burnout die traurige Konsequenz.

Auch die Zahl der Workaholics hat in den letzten Jahren zugenommen. Diese Menschen erleben ihre Arbeit zunächst als erfüllend und befriedigend. Es tut ihnen gut, Einfluss und eine gewisse Macht zu haben. Doch dann wendet sich das Blatt: Sie kommen von ihrer Arbeit nicht mehr los, beziehen all ihren Selbstwert aus ihrer Arbeit und werden schließlich süchtig.

Manchmal denke ich, wir Christen sollten da einige große Stoppschilder aufstellen, die etwa so lauten könnten: Meine Arbeit ist gut, aber meineFamilie und meine Freunde sind mir ebenso ein wichtiges Lebenselixier, sind mir Unterstützung und Hilfe. Meine Arbeit ist gut, aber meine Anerkennung und meinen Selbstwert beziehe ich nicht allein daraus, sondern auch aus meiner Freizeit. Meine Arbeit ist gut, aber mein Glaubesagt mir, dass ich von Gott jenseits jeder Leistung wertgeschätzt bin.

Die eigene Arbeit richtig zu beurteilen, sie nicht zu ernst und umgekehrt nicht zu leicht zu nehmen, Freude und Lust an der Arbeit zu haben, ohne zu übertreiben - all das ist eine Kunst!

In jedem Lebensabschnitt haben wir neu die Aufgabe, unsere Arbeit realistisch einzuschätzen. Dazu gehört auch, dass wir uns vom Urteil deranderen Menschen oder der Gesellschaft ein Stück weit unabhängig machen.

Sr. Susanne Schneider, Missionarinnen Christi, Kontaktstelle Orientierung Leipzig

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