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Die Kaputten

Es fehlt weit mehr als Perspektive

Seit ein paar Tagen steht vor der Cottbuser Propsteikirche ein Holzkreuz. Kaplan Markus Dutzschke hatte ein besonderes Erlebnis damit.
Marko Dutzschke

Vor ein paar Tagen haben wir ein einfaches Holzkreuz vor unserer Propsteikirche in Cottbus aufgestellt. Dieses Kreuz sollte für die Gemeinde ein Zeichen in der Fastenzeit sein. Es wurde von einigen Schülern aus zwei groben Balken zusammengenagelt, die sie bei einem Kreuzweg getragen hatten. Am Abend war ich froh und habe überlegt, wie ich der Gemeinde am nächsten Morgen im Gottesdienst von diesem Kreuzweg erzählen werde.

Man soll den Tag bekanntlich nicht vor dem Abend loben. Ich saß vor meinem Laptop, als es auf dem Pfarrhof plötzlich laut krachte. Zwei Jugendliche hatten das Kreuz entdeckt und beschlossen, es herauszureißen und über den Pfarrhof zu kicken. Mein entsetztes Gebrüll aus dem Fenster reichte nicht aus, um die beiden in die Flucht zu schlagen. Eigentlich wollte ich das Kreuz nur in Sicherheit bringen, doch dann bin ich den Jugendlichen nachgelaufen, um sie ohne Erfolg zur Rede zu stellen. Zurück auf dem Pfarrhof hob ich das Kreuz auf, um es ins Pfarrhaus zu bringen. Und plötzlich stand ich da mit dem Kreuz buchstäblich auf den Schultern. So schnell kann es gehen.

Eine schnelle und einfache Antwort ist, dass es an Arbeit und Perspektiven fehlt. Die Jugendlichen werden nicht gebraucht und das wirkt sich auf den Menschen aus. Aber diese Antwort reicht mir nicht. Denn dann hätten am Ende die Marxisten Recht, wenn sie behaupten, dass der Mensch nur das ist, was er arbeitet und leistet.

Ein paar Tage später sprach ein Mann aus der Gemeinde von den Kaputten und davon, dass es immer mehr werden. Das Wort gefällt mir nicht und doch hat es auf traurige Art und Weise seine Berechtigung. Ich glaube, dass es immer mehr Menschen gibt, in denen etwas kaputt ist.

Ich werde sagen, in vielen Menschen ist das Vertrauen in das Leben grundsätzlich gestört. In Brandenburg lernen Kinder und Jugendliche in der Schule den Glauben von allen Seiten kennen. Aber sie sehen ihn eher wie einen toten Fisch auf dem Seziertisch an. Doch was helfen Daten und Fakten über die Religionen im Leben. Christen schöpfen aus dem Glauben an Jesus Christus Vertrauen. Das wäre eine Frage für alle, die sich in der Schule auf das Leben in der Welt vorbereiten: Woher habt ihr euer Vertrauen ins Leben?

Unser Kreuz steht wieder vor der Kirche. Heute erinnert es mich an die vielen Kaputten und den Auftrag Jesu: Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen (Markusevangelium 16,15).

Kaplan Markus Dutzschke, Cottbus

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