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Mit Kamera und Indianerflöte

Im Bautzner Klarissenkloster fühlen sich nicht nur traditionsverwurzelte Katholiken zu Hause

Bautzen. Wer Ordensleben in strenger Klausur mit Weltvergessenheit in Verbindung bringt, kann bei den Bautzner Klarissen Überraschendes erleben. Kürzlich etwa bei der Einweihung ihrer Kreuzes- Grotte. Die Schwestern feierten mit vielen Gästen, die sie als Begleiterinnen auf ihrem Glaubensweg schätzen.

Äbtissin Maria Clara Faltermaier schenkt Kito und Marita Hendrich ein kleines Damiano-Kreuz.

Kito Hendrich hat eine Reihe von kurzen Nächten hinter sich. Ohne seinen handwerklichen Endspurt wäre die Grotte mit dem Damiano- Kreuz zur Einweihungsfeier am 11. September noch Baustelle gewesen. Die Idee, dort die Steine zu verbauen, die Menschen seit einiger Zeit mit ins Kloster bringen, stammte von den Klarissen.

Große und kleinere Steine aus mehr als fünfzig Ländern türmten sich im Klostergarten zu einem ungeordneten Steinhaufen: Steine von heiligen Stätten wie Jerusalem oder Lourdes und von "unheiligen" Orten wie dem Bautzener Stasigefängnis, sinnbildliche Steine, die die Überbringer gerne auf jemanden geworfen hätten und solche, die ihnen auf dem Herzen lagen. Wie nun aber damit einen würdevollen Ort für die Kreuzes- Ikone gestalten, die sie von der österreichischen Malerin Susanne Ernst geschenkt bekamen?

Kito Hendrich überraschte die Schwestern mit einem Bau-Modell, das ihnen besser gefiel als alles, was ihnen zuvor selbst eingefallen war, und er bot sich zugleich an, den Entwurf gemeinsam mit seiner Frau Marita und weiteren Helfern zu verwirklichen - aus Freundschaft zu den Schwestern und mit Wertschätzung für das, was sie in Bautzen tun.

"Hätte mir das jemand vor zehn Jahren gesagt ..."

Kennengelernt hatte der junge Mann das Kloster vor fünf Jahren. Glaube spielte damals für ihn keine Rolle. Seine Großmutter war katholisch gewesen, doch schon seine Eltern hatten keinerlei Bezug mehr zum Christentum gehabt. Ein Freund, der von seinen Aktivitäten als Hobbyfilmer im Verein TransKultTV wusste, bat ihn, die Pflanzung eines Birnbaums im Bautzner Kloster zu filmen. Die Klarissen aus Brixen hatten den Schwestern in der Lausitz den "Nachfahren" eines Baumes angeboten, der aus den Kernen von Birnen gewachsen war, die Klara von Assisi einst ihren Schwestern in Brixen geschenkt hatte. Eine Baumpflanzung gebe für einen interessanten Film wohl kaum genug Stoff, fand der Kameramann und machte stattdessen einen Dokumentarfilm, der den Birnbaum in einen größeren Zusammenhang stellt.

Der Film mit dem Titel "Das Privileg der Armut" vermittelt manches von den Anliegen und der Lebensweise der Heiligen Franziskus und Klara. Das Material dafür sammelte das Filmteam in Bautzen, Brixen und Assisi. Aus unterschiedlichen christlichen Gemeinschaften, die sich auf diese beiden Heiligen berufen, kam Hilfe. "Ihre Lebensart war uns gar nicht so fremd. Wir entdeckten vieles, was unserer eigenen Art zu denken und zu leben sehr nahe kam", erzählt Kito Hendrich. Der Kontakt zu den Schwestern, die das Filmprojekt damals mit warmherziger Anteilnahme begleiteten, ist seither nicht mehr abgerissen. Und auch der Glaube ist Kito und seiner Frau nähergerückt.



Als sie zum Grottenbau-Endspurt ansetzten, waren die beiden gerade von ihrer ersten Tour auf dem Jakobspilgerweg zurückgekehrt. "Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass ich mal pilgern werde, hätte ich ihn ganz sicher für verrückt erklärt", erzählt Kito Hendrich schmunzelnd. Das kleine Damianokreuz, das Äbtissin Maria Clara Faltermaier ihm am 11. September zum Dank überreichte, wird in seiner Wohnung kein Fremdkörper sein.

Ein Kreuz mit einer solchen Bedeutung dürfen wir nicht hinter den Mauern unserer Klausur aufbewahren, hatten sich die Klarissen gesagt. Die Kreuz-Ikone, deren Original im ersten Kloster des Klarissenordens in Assisi aufbewahrt wird, steht für sie in Verbindung mit einer Berufung, die Franz von Assisi vor diesem Kreuz verstanden haben soll. Den Auftrag Christi "Bau mir meine Kirche wieder auf!" fasste Franziskus zunächst buchstäblich auf und begann, Steine für die verfallene Kirche San Damiano zu setzen. Als sich die ersten Brüder zu ihm gesellten, ging ihm dann aber auf: "Er will, dass ich Kirche mit lebendigen Steinen baue."

Für alle Besucher zugänglich ist die Kreuzesgrotte nun gleich hinter dem Eingang zum Bautzener Klostergelände zu finden. Nicht nur bei der Gestaltung der Grotte, sondern auch bei der Einweihungsfeier legten die Schwestern Wert darauf, andere Menschen zum Zug kommen zu lassen. Während des Gottesdienstes spielte die Musikband einer Franziskanergemeinde aus Liberec/Reichenbach in Tschechien.

"Die Schwestern haben mich akzeptiert, wie ich bin"

Ramona Kunze

Die Heilpraktikerin und Geschichtenerzählerin Ramona Kunze ließ zwischendurch ihre indianische Flöte erklingen. "Das Kloster ist mir eine Heimat geworden", sagt die Frau, die wie Kito Hendrich jahrelang "mit Kirche gar nichts am Hut" hatte. "Die Schwestern haben mich so akzeptiert, wie ich bin - auch ohne Taufschein ..."

Nach einem schweren Schicksalsschlag hatte Ramona Kunze vor Jahren angefangen, zu beten und in verschiedenen Religionen Gott zu suchen. Besonders nahe fühlte sie sich ihm in der Natur. "In unseren Religionskreisen habe ich immer vermisst, dass die Schöpfung weiter geht als der Mensch", erinnert sie sich.

Sie fühlte sich zu indianischer Spiritualität hingezogen, entdeckte dann aber beim heiligen Franziskus, dass Verbundenheit mit der Schöpfung auch im Christentum ihren Platz hat. Je länger und intensiver sie im Bautzener Kloster und an anderen Orten, die sie als "heilig" betrachtet, zur Besinnung kommt, desto deutlicher wird ihr, dass sie in ihrem Leben von Gott geführt wird. "Nach allem, was ich erlebt habe, kann ich an Zufall und Einbildung nicht mehr glauben. Schon immer hat Gott mich geführt, ich muss eigentlich nur meine Beine gebrauchen und den aufgezeigten Weg gehen."

Seit einiger Zeit sieht sie ihren Weg vor allem darin, bei Dorffesten und anderen Veranstaltungen selbst erfundene Geschichten zu erzählen, Geschichten, die Menschen berühren und in denen viele ein Stück ihres eigenen Lebens wieder entdecken. "Auch wenn sein Name nicht genannt wird: Gott kommt in jeder meiner Geschichten vor."

Von Dorothee Wanzek

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