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Ökumene ist Gebot der Stunde

Propst in Ruhe Josef Kuschel über die Seelsorge in einer City-Pfarrei

Magdeburg. Seit 1. August ist der Magdeburger Propst Josef Kuschel im Ruhestand. Sein Nachfolger an St. Sebastian ist Kathedralpfarrer und Dompropst Reinhold Pfafferodt. Der Tag des Herrn nimmt den Wechsel zum Anlass, mit Propst i. R. Kuschel über seine Erfahrungen in der Stadtseelsorge zu sprechen.

Propst in Ruhe Josef Kuschel.

"Ich bin jetzt quasi freier Mitarbeiter", sagt Propst in Ruhe Josef Kuschel und lacht dabei. Seit 1. August ist der Seelsorger, der im Mai 70 Jahre alt wurde, offiziell im Ruhestand. An Aufgaben, da ist sich Kuschel sicher, werde es ihm als Priester in Reichweite einstweilen wohl aber weiterhin nicht fehlen.

20 Jahre ist Kuschel als verantwortlicher Pfarrer an St. Sebastian in Magdeburg und damit einer Kirche gewesen, zu der eine zahlenmäßig zwar große, aber im Blick auf aktive Mitglieder vergleichsweise kleine Stammgemeinde gehört, wie er sagt. Stattdessen sei das Gotteshaus als Kathedrale des Bistums und katholische Kirche mitten in der Stadt Anlaufpunkt vieler Fremder und katholischen Christen, die oft nicht mehr als den regelmäßigen Sonntagsgottesdienst suchen.

"Die Überlegungen für eine spezielle City-Pastoral an St. Sebastian sind nicht begraben", sagt Propst i. R. Kuschel, danach gefragt. "Eine Umsetzung ist bislang vor allem am Geld gescheitert." Auf jeden Fall sollte es ein niederschwelliges Angebot sein, eine gastronomische Einrichtung, eine Teestube oder Ähnliches in Verbindung mit einer Informationsstelle. "Wenn ich selbst irgendwo fremd bin, informiere ich mich gern erst einmal, wo was läuft, ohne dass ich gleich angesprochen werden will oder eine Beratung brauche", sagt der aus dem Glatzer Bergland stammende Kuschel. Aber auch Hinweise auf Beratungseinrichtungen könnte es in einer solchen Einrichtung einer City-Pastoral selbstverständlich geben. Angebote von Glaubensseminaren und weiterbildenden Vorträgen, wie sie anderenorts gemacht werden, könne an St. Sebastian das benachbarte Roncalli-Haus übernehmen.

Niederschwelliges Angebot sinnvoll

Ausstellungen in der Kathedrale wie zuletzt zu Norbert von Magdeburg, aber etwa auch über Gertrud von le Fort vor etlichen Jahren seien immer wieder eine Chance, Menschen in die Kirche zu holen, die sonst nicht in ein Gotteshaus kommen, sagt Kuschel. Zudem lade die Gemeinde in regelmäßigem Abstand sonntags nach der Messe zum Kirchencafé ein.

Auch die ökumenische Offenheit sei heute ein Gebot der Stunde, um glaubwürdig und anziehend Christsein leben zu können. Kuschel ist in vielen Jahren seines Dienstes stets auf ein gutes ökumenisches Miteinander bedacht gewesen. Als Propst war dieses Bemühen vor allem auf die evangelische Domgemeinde, die evangelisch- methodistische Gemeide sowie ihre Geistlichen orientiert. "Bereits 1982 gab es in Magdeburg die Reihe der ökumenischen Vorträge", erinnert sich Kuschel, der damals Pfarrvikar in Magdeburg- Nord war. Zudem sei er in einem Ökumenekreis der Stadt gewesen. Aber schon in seiner Zeit als Kuratus in Hessen und später als Vikar in Weißenfels sei die positive Einstellung zur Ökumene für ihn völlig selbstverständlich gewesen. "Das war einfach so dran, es ist notwendig, dass wir zusammen sind", sagt Josef Kuschel schlicht, der sich selbst als Praktiker und Pragmatiker bezeichnet. Im Übrigen halte er sehr viel von kleinen Schritten, er nennt sie Ameisenschritte, selbst wenn er sich wünschte, dass es zum Beispiel schon eine Mahlgemeinschaft der Christen gäbe.

Viele Jahre nach Beginn der Einführung des schulischen Religionsunterrichtes steht der langjährige Seelsorger dieser Praxis skeptisch gegenüber. "Viele der katholischen Kinder gehen in die konfessionellen Schulen in der Stadt. Damit haben sie nur noch wenige Berührungspunkte zur Gemeinde. Ihr Lebenskreis ist die Schule", sagt Kuschel mit Sorge. So sehr der Unterricht in der Schule Chancen etwa für nichtchristliche Kinder biete, sei der Bezug zu einer konkreten Gemeinde für ein Wachsen im Glauben wichtig.

"Den guten Willen ernst nehmen"

Auch im Blick auf ein Miteinander in Familienkreisen sei heute vieles komplizierter als in DDRTagen. Dabei werde es für die Zukunft der Gemeinden sehr darauf ankommen, dass sich die Gemeindechristen selbst und unabhängig von hauptamtlichen Seelsorgern als Gemeinde verstehen. Kuschel plädiert dafür, solange es an den einzelnen Gemeinde- und Kirchenstandorten möglich ist, dort Gottesdienste zu feiern. Entscheidend sei, Menschen immer wieder zu vernetzen und in der Gemeinde zusammenzuführen. Dabei gelte es unterschiedlichste Initiativen und Ansätze nicht voreilig abzuschmettern, sondern dazu zu ermutigen und sie zu fördern, um zu sehen, was sich bewährt. "Ich halte es für wichtig, den guten Willen von Menschen an- und ernst zu nehmen, selbst wenn ich persönlich in der einen oder anderen Frage skeptisch bin. Die Erfahrung zeigt, dass dies hilfreich ist", sagt Kuschel. "Wir müssen miteinander den Weg gehen und immer wieder schauen, was das Evangelium uns sagen will."

Von Eckhard Pohl

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