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Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht

Gott geht dem Menschen nach

Ist Gott eifersüchtig? Antworten auf diese Fragen sucht Dominikanerpater Bernhard Kohl.

Pater Bernhard Kohl

Gott wird in der Bibel eine Eigenschaft, ja eine Leidenschaft zugeschrieben, die das Buch der Sprichwörter spitz als "Eiter im Gebein" bezeichnet: Eifersucht. Als "Eiter im Gebein". Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Gott soll einen Wesenszug haben, der sich wie eine Entzündung oder Karies durchfrisst und zur Zerstörung von Knochen oder Zähnen führt. Kann man Gott wirklich einen Wesenszug zuschreiben, der auf die Zerstörung des Menschen ausgerichtet ist?

Zu unserem eigenen Erfahrungsschatz gehört die Eifersucht ganz sicher: Manche Menschen finden es natürlich, eifersüchtig zu sein. Eifersucht ist für sie die Würze einer Beziehung, quasi das Salz in der Suppe. Andere machen die gegenteilige Erfahrung. Mit einem Mal tauchen seltsame Gedanken und Fragen auf: Werde ich denn vom anderen tatsächlich genauso geliebt wie ich ihn liebe? Wie von einer Sucht getrieben fängt man an, Dinge zu tun, die einem normalerweise völlig fremd sind: Plötzlich durchwühlt man Taschen, führt Kontrollanrufe, checkt fremde E-Mails und liest die Tagebücher anderer.

Ist Gott so? Ist er ein eifersüchtiger Gott? Zumindest scheint Gott von der Angst getrieben, sein Volk Israel an Rivalen zu verlieren. Die Bibel nennt diesen Abfall zu anderen Göttern "Hurerei" und liefert seitenweise Berichte über Israels Machenschaften und Eskapaden. Für jeden nachvollziehbar werden die Verantwortlichen an den Pranger gestellt und bestraft. Ist Gott also wirklich ein zorniger und eifersüchtiger Partner des Menschen?

Beim Propheten Hosea klingt das alles ganz anders. Dort heißt es: "Als Israel ein Kind war, gewann ich es lieb, rief aus Ägypten meinen Sohn. Doch je mehr ich sie rief, liefen sie weg von mir. Den Baalen opferten sie, und den Gussbildern räucherten sie. Dabei hab‘ ich doch Ephraim laufen gelehrt, ihn auf meine Arme genommen - doch sie merkten nicht, dass ich sie heilte. Mit Menschen-Stricken zog ich sie, mit Liebes-Seilen" (Hos 11,1-4). Da gibt es also auch diese andere Seite Gottes, die Kehrseite eines eifersüchtigen Liebhabers, dessen Liebe fast ohnmächtig wirkt. Hier begegnen wir einem Gott, der den Menschen über alles liebt. Wie kann man aber nun die Beschreibung des eifersüchtigen Gottes, diese dunkle, beängstigende Seite mit dem Gottesbild des Liebenden zusammenbringen?

Ich glaube, dass Gott mit unterschiedlichen Mitteln oder Variationen das gleiche Ziel verfolgt: Keine Nebenbuhler! Und warum? Weil es ihm um das Heil für uns Menschen in dieser und in der kommenden Welt geht. Deshalb kann man die Rede vom eifersüchtigen Gott vielleicht so verstehen: "Mensch, ich bin dein richtiger Partner! Wenn du treu zu mir stehst, gehst du auf einem guten Weg - auf einem Weg zum Leben und zur Fülle. Deshalb gehe ich dir nach, werbe ich um dich. Mir geht es um dein Heil!".

Pater Bernhard Kohl OP, Kloster St. Albert in Leipzig

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