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Das Prinzip Schneeball

Getaufte und ungetaufte Jugendliche stellten einander Glaubensfragen

Schmiedeberg. Philipp wurde mitgebracht, Luise hat jemanden mitgebracht. Gekommen aber sind sie alle von allein. 17 getaufte und ungetaufte Jugendliche haben sich am vergangenen Wochenende im Winfriedhaus in Schmiedeberg getroffen.

Glaubensfragen, auch künstlerisch zur Sprache gebracht: Getaufte und ungetaufte Jugendliche tauschten sich am Wochenende in Schmiedeberg über ihr Verhältnis zu Gott aus.


In Gesprächen über Vorurteile, Lebenssinn oder Zweifel näherten sie sich dem jeweils anderen Weltbild und Gottesverständnis an. "Mich interessiert, was Christen glauben, weil ich ja nicht so erzogen wurde", sagt der 14-jährige Philipp Fischer aus Borna. Eine katholische Schulfreundin habe ihn gefragt, ob er nach Schmiedeberg mitkommen wolle. "Bei ihr habe ich gemerkt, dass sie mit Problemen viel besser klarkommt - mir hat da immer etwas gefehlt." Luise Binder aus Leipzig ist mit einer Freundin aus ihrer Parallelklasse zum Winfriedhaus gefahren. "Sie hat schon selbst über Gott und Glauben nachgedacht, obwohl ihre Familie atheistisch ist", sagt die 15-Jährige. "Sie war vorher etwas aufgeregt, aber sobald sie hier war und alle so herzlich waren, brauchte ich mir auch keine Sorgen mehr zu machen." Das Prinzip Schneeball hat im besten Sinne des Wortes funktioniert, finden auch die Jugendseelsorger im Bistum Dresden-Meißen. "Oft haben Jugendliche bei gemeinsamen Wochenenden gesagt: Wie schön wäre es, wenn meine Freunde auch hier wären und mitdiskutieren könnten", sagt Jugendpfarrer Ralph Kochinka. "Manchmal waren sogar ungetaufte Jugendliche dabei, ohne dass wir davon wussten."

Deshalb bieten die Jugendseelsorger immer mal wieder ausdrückliche Treffen an, in denen es um Glaubensfragen geht. Am vergangenen Wochenende in Schmiedeberg waren etwa ein Drittel der Jugendlichen nicht katholisch. "Dieses Mal war es spannend, weil die Jugendlichen so viel von sich preisgegeben und sich auf die Gespräche eingelassen haben", sagt Jugendreferentin Christina Klaus. Zu Beginn des Wochenendes loteten die jungen Leute zunächst ihren eigenen Standpunkt aus: Was ist mir wichtig, welches sind meine Werte, was gibt mir Halt? Dabei stellten die Jugendlichen durchaus Überschneidungen fest: "Zweifel haben zum Beispiel auch die Getauften", sagt Pfarrer Kochinka. "Und wer sich als Nichtgläubiger nicht ohnehin schon für Gott interessiert hätte, der wäre auch nicht hierhergekommen." Dem kann Philipp aus Borna nur zustimmen: "Mich hat am meisten die Frage bewegt: Muss man überhaupt an etwas glauben? - Ich finde schon." Aber auch mit gegenseitigen Vorurteilen mussten sich die jungen Teilnehmer schriftlich und mündlich auseinandersetzen. Auf großen Papierbögen waren in der Mitte jeweils Thesen geklebt wie "Die Religionen haben der Welt nur Schlechtes gebracht: Glaubenskriege, Verfolgungen, Unterdrückung" oder "Atheismus ist Verdrängung der Gegenwart Gottes". Dazu sollten die Jugendlichen ihre eigenen Gedanken schreiben.

Später kamen sowohl die katholische Kirche als auch der Atheismus auf den "heißen Stuhl". In dem Rollenspiel sollten einzelne Jugendliche die Position der jeweils anderen Gruppe - Gläubige oder Nicht-Gläubige - vertreten. "Ich muss mich auch in die andere Weltsicht hineinversetzen können, um sie zu verstehen", sagt Jugendreferentin Christina Klaus. "Das Gute an dem ‚heißen Stuhl‘ ist, niemand wird persönlich angefeindet."

Von Katharina Handy

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