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Hygienemuseum: Ausstellung "Kraftwerk Religion" konfrontiert den Besucher mit vielen Fragen

Dresden. Vier Jahre nach der viel beachteten Zehn-Gebote- Ausstellung greift das Hygienemuseum in Dresden das Thema Glauben erneut auf. "Kraftwerk Religion" nennt sich die Sonderschau, die bis Juni 2011 laufen soll.

Als 1608 das Rathaus erweitert wurde, ließ der Basler Stadtrat die an der Fassade angebrachte Marienstatue in eine Justitia verwandeln - man drückte ihr einfach eine Waage in die Hand.

Die Ausstellung "Kraftwerk Religion" konzentriert sich auf die großen Weltreligionen Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus, ist jedoch alles andere als eine religionskundliche Exposition. Vielmehr versucht sie, das Phänomen Religion generell zu befragen - aus unterschiedlichen Perspektiven. Wobei Religion nicht in einer allgemeingültigen Definition zu fassen sei, wie die Historikerin und Kuratorin der Ausstellung Petra Lutz betont.

Statt Verallgemeinerung strebt die Schau denn auch Differenzierung an. Der Besucher sieht sich mit einer Vielfalt zum Teil gegensätzlicher Aussagen konfrontiert. Die Exposition besteht etwa zur Hälfte aus Videoschirmen, auf denen Menschen Antworten geben auf Fragen wie: "Macht Religion die Welt friedlicher?" oder: "Gibt es einen Gott?" Neben Gläubigen kommen jedes mal auch Atheisten zu Wort. Im ersten der drei Räume sind sogenannte "Debattenstationen" installiert. Man vernimmt Pro und Contra zu Streitfragen wie Kopftuchverbot, Kruzifix in öffentlichen Schulen, Schächten oder Gotteslästerung. Zentrale Frage in diesem Raum ist der Umgang einer modernen Gesellschaft mit religiöser Vielfalt und Konflikten. Deutlich gemacht werden die beiden gegensätzlichen Seiten: "Religion und Glauben haben für uns sowohl ein friedliches Potential als auch destruktive Elemente", sagt Museumsdirektor Klaus Vogel. Deshalb wird zum Beispiel religiös begründete Gewalt beleuchtet.

Originelle Exponate veranschaulichen die Praxis: Ein Stück Zaun etwa, der im Bautzner Dom evangelische von katholischen Christen trennte, zugleich aber ein friedliches Nebeneinander ermöglichte. Oder eine zur Justitia umfunktionierte Madonna aus Basel als Zeugnis für Säkularisierung.

Eine viereinhalbminütige Zusammenfassung der Kreuzzüge bedient sich moderner Computertechniken. Sie versetzt Gestalten auf historischen Darstellungen in Bewegung und zeugt von einer guten Portion Humor der Ausstellungsgestalter.

Man begegnet provokativen Exponaten; beim Thema Blasphemie beispielsweise einem gekreuzigten Christus mit Leninorden statt Kopf - ein Bild aus einer Moskauer Kunstausstellung, deren Kurator in Russland wegen Beleidigung der orthodoxen Kirche verurteilt wurde.

Im zweiten Raum steht man vor dem Taufbecken aus der evangelischen Kirche in Röcken, in dem einer der entschiedensten Gegner des Christentums getauft wurde: der Philosoph Friedrich Nietzsche. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich religiöse Gemeinschaften bestimmen, wer dazugehört, wer nicht.

Über ausgestellten Heiligen Schriften verschiedener Religionen liest der Besucher im dritten Raum mehr als 70 letzte Fragen des menschlichen Lebens, nacheinander auf eine schräge Wand projiziert. Etwa die nach dem Sinn des Daseins. Hier wird noch einmal deutlich, wie diese Schau den Betrachter aktivieren möchte: Er soll nach eigenen Antworten suchen.

Am Ende steht man in einem leeren Raum und schaut in einer Filmcollage Menschen in aller Welt beim Beten zu. Ruhiger Schlusspunkt einer Schau, die ein schwer fassbares Phänomen der rationalen Betrachtung unterzieht. Mit Genauigkeit als oberstem Prinzip, was sich in einer widersprüchlichen, vielgestaltigen, möglicherweise verwirrenden Fülle zeigt. Doch das sei beabsichtigt, sagt Kuratorin Petra Lutz. "Die Besucher sollen die Ausstellung mit weniger Gewissheiten verlassen."

Infos im Internet: www.dhmd.de

Von Tomas Gärtner

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