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Stark umstrittene Organisation

Magdeburg: Peter Hertel sprach über Anliegen und Methoden des Opus Dei

Magdeburg. "Opus Dei - Gottes Werk?" stand über einem Vortragsabend in Magdeburg. Dabei ging es um die religiösen und gesellschaftlichen Ziele der weitgehend im Verborgenen tätigen Organisation in der katholischen Kirche.

"Schleichende Übernahme" ist ein Buch von Peter Hertel überschrieben, in dem er seine Erkenntnisse über das Opus Dei zusammenfasst. Der Autor stellt darin fest, dass die Organisation mehr und mehr Einfl uss in der katholischen Kirche gewinnt. Kürzlich sprach der katholische Theologe und Journalist auf Einladung der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) im Land Sachsen-Anhalt und des Magdeburger Diözesanverbands der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) in Magdeburg. Grund, ihn einzuladen, war auch, dass Opus- Dei-Vertreter in Magdeburg aufgetreten sind und die Veranstalter dafür Zuschüsse von der KEB beantragten, wie Geschäftsführer Ludger Nagel bei der Begrüßung Hertels sagte.

Lobenswertes Anliegen, aber problematische Methoden

Zwar wurde das Opus Dei 1982 vom Vatikan in den Status einer Personal-Prälatur erhoben - seine Mitglieder unterstehen damit einem eigenen Prälaten und nicht dem Ortsbischof. Und 2002 wurde Opus-Dei-Gründer Josemaria Escrivá de Balaguer y Albás (1902- 1975) heiliggesprochen. Dennoch ist die Organisation innerhalb und außerhalb der Kirche äußerst umstritten. Zu den Kritikern gehört auch Peter Hertel. Das Anliegen der Opus-Dei-Mitglieder, ein christliches Leben im Alltag führen zu wollen, könne er nur begrüßen, betont der Theologe. Schließlich sei dies allen Christen aufgetragen. Zudem stelle das 1928 von Priester Josemaria Escrivá in Spanien gegründete Werk die Berufung der Laien heraus, wie es vom Zweiten Vatikanischen Konzil verbindlich gemacht wurde.

"Weltweit attackiert werden dagegen die Methoden, mit denen das religiöse Ziel erreicht werden soll", sagt der Referent. Deshalb sei das Opus Dei "die umstrittenste katholische Organisation". Während manche in ihr eine "gottgewollte Bewegung zur Rettung der Kirche" sähen, würden "ansonsten brave Katholiken" meinen, die Organisation "schade der Kirche wegen eines skandalösen Sündenregisters: rigides Innenleben, dubiose Werbemethoden, Indoktrination Minderjähriger, Nähe zum Faschismus, Freundschaft Escrivás mit dem Diktator Franco, Verwicklung fi nanziell versierter Mitglieder des Gotteswerkes - das im spanischen Ursprungsland auch ,Santa Mafi a‘ genannt wird - in kriminelle Geschäfte".

Hertel betont, dass es ungemein schwer sei, an realistische Informationen über das Opus Dei zu kommen. Bei seinen eigenen Ausführungen beruft er sich auf ihm vorliegende interne Schriften der Organisation, aber auch auf Aussagen von Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern sowie Veröffentlichungen des Opus Dei.

Nach Hertels Angaben hat die Organisation heute weltweit zirka 90 000 zölibatäre oder verheiratete Mitglieder, im deutschen Opus Dei sollen es 600 sein. Sie gehören zu den gehobenen gesellschaftlichen Schichten. Wer Mitglied werden will, tritt als Laie ein. Mindestalter sei 17 Jahre, aber man könne schon mit 14 schriftlich erklären, im Opus Dei zölibatär leben zu wollen, sagt Hertel. Die Organisation versuche, Schülerinnen und Schüler anzusprechen und sei bestrebt, in jedem Land eigene Gymnasien für Mädchen und Jungen zu unterhalten. In Potsdam soll ein solches Gymnasium für 300 junge Männer eingerichtet werden, so Hertel. Als Einzugsgebiet für die Schüler komme dabei auch Sachsen-Anhalt in Frage. Nach Angaben Hertels soll in Potsdam möglicherweise auch ein weiteres Opus-Dei-Zentrum eingerichtet werden, wie sie in Berlin und einer Reihe weiterer Städte in Deutschland bestehen. Einen "Stützpunkt" gebe es im Osten Deutschlands zudem in Dresden.

Einflussstreben und vorkonziliares Kirchenbild

Wer bereits Priester ist und die Anliegen des Opus Dei teilt, kann nicht dem Werk selbst beitreten, sondern wird Mitglied der der Organisation assoziierten Priesterlichen Gesellschaft vom Heiligen Kreuz, untersteht dabei aber weiter dem Ortsbischof, ohne ihn davon unterrichten zu müssen.

Zum Tagesablauf eines zölibatären Mitgliedes gehört nach Angaben Hertels das zweistündige Tragen eines Bußgürtels. Dazu kommt die wöchentliche Selbstgeißelung. Escrivá habe von den Mitgliedern "blinden Gehorsam" als Weg zur Heiligkeit erwartet. So jedenfalls stehe es in den spanischen Originalstatuten, jedoch nicht mehr in der letzten deutschen Übersetzung.

Unverheiratete Mitglieder - nur wenige werden für den priesterlichen Dienst bestimmt - geben ihr komplettes Einkommen ab und bekommen ein Taschengeld, verheiratete geben rund 25 Prozent ihres Einkommens. Nach Schätzungen von Hertel nimmt die Organisation so weltweit monatlich(!) 50 Millionen Euro ein. Hinzu kämen Schenkungen von Kapital, Immobilien und Grundstücken und nicht geringe Einnahmen aus dem weltweiten "Finanz-Labyrinth" sogenannter Apostolischer und korporativer Werke, Stiftungen, Banken und Treuhand-Unternehmen.

Das Werk sei ständig bestrebt, in der ganzen Welt Verbindungen in die politischen, wirtschaftlichen und kirchlichen Kommandozentralen auszubauen und an Einfl uss zu gewinnen. Dafür werde viel Geld gebraucht. Hertel versteht das Anliegen so: "Nicht einfach die Menschen sollen durch persönliches christliches Zeugnis zu Christen werden. Sondern die gesellschaftlichen Institutionen, schließlich die Gesellschaft, sollen christianisiert, genauer: katholisiert werden. Und dann, so denkt man offenbar, werden auch alle Menschen katholisch."

Das Kirchenbild ist vorkonziliar, sagt Hertel, "eine geschlossene Kirche mit überzogener Autorität und mit Zensur, hochgerüstet, um der Kirche und ihren Leitern die Macht über Staat und Gesellschaft zu verschaffen". Die Organisation verstehe sich als "Gottes Werk, von ihm gegründet durch Josemaria Escrivá, um die Kirche zu retten". Ökumene habe keinen Platz.

Dass der Einfl uss des Opus Dei wächst, belegt Hertel mit Zahlen: So hätte die Organisation vor 30 Jahren vier Bischöfe und Weihbischöfe gestellt. Heute gehörten ihr in der Priestergesellschaft zwei Kardinäle und mindestens 37 Erzbischöfe, Bischöfe, Weihbischöfe und emeritierte Bischöfe an.

Von Eckhard Pohl

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