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Hier und heute Kirche sein

Symposion anlässlich des 100. Geburtstages von Hugo Aufderbeck

Erfurt. Am 23. März wäre Hugo Aufderbeck 100 Jahre alt geworden. Mit einem Symposion wurde in Erfurt daran erinnert.

Bischof Aufderbeck bei einer Männerwallfahrt im Klüschen Hagis.

Im Arbeitszimmer von Hugo Aufderbeck in Magdeburg hing eine Landkarte von Mitteldeutschland. Darunter hatte er geschrieben: "Auf dieses herrliche Land ist mein Los gefallen." Dieser Satz des späteren Erfurter Bischofs, der in diesen Tagen 100 Jahre alt geworden wäre, ist der Grund, dass er für die Kirche in dieser Region große Bedeutung hatte und bis heute hat. "Der mitteldeutsche Raum war sein von Gott her verordnetes ,Los‘. Hier wollte er wirken, hier wollte er Helfer beim ,Dombau im Heiligen Geist‘ sein", sagt sein Nachfolger, der heutige Erfurter Bischof Joachim Wanke. Wie das konkret aussah und ob Aufderbeck damit auch Ansätze für heutige Herausforderungen der Kirche bietet, danach fragte ein Symposion in Erfurt, das die katholischen Akademien der Bistümer Erfurt und Magdeburg sowie die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt veranstalteten.


Gemeinden für die Vertriebenen

Die Bedeutung Aufderbecks für die DDR-Kirche liegt für den Theologen und Historiker Clemens Brodkorb (München) in dessen Aufbauarbeit als Seelsorgeamtsleiter in Magdeburg nach 1945. Sein Ziel war dabei "nicht die Bekämpfung des Kommunismus, sondern der Aufbau des Leibes Christi". Andererseits dürfe Seelsorge sich aber auch nicht von der Welt abschließen. Angesichts der zahlreichen Vertriebenen war Aufderbeck die Bildung von Gemeinden besonders wichtig, so Brodkorb. Dies war für ihn aber nur möglich, wenn die Christen nicht ständig auf die Änderung der Verhältnisse warteten. Es könne keine Gemeinde gebildet werden, wenn die Katholiken immer nur auf dem Sprung in Richtung Westen oder Osten seien, sagte Aufderbeck und hatte damit diejenigen im Blick, die sich entweder zurück in die alte Heimat sehnten oder auf ein Weiterwandern Richtung Westdeutschland hofften. Auf zwei Stichworte, die Aufderbeck ihm und anderen jungen Geistlichen mit auf den Weg gegeben hat, wies der Magdeburger Priester Willi Kraning hin: Gemeindeaufbau und Wertschätzung der Laien. Die Kirche in der Diaspora werde eine Kirche der Laien sein müssen, so Aufderbecks Überzeugung. Deshalb bemühte er sich um Stationsgottesdienste und den Dienst von Diakonatsund Kommunionhelfern. Bereits 1948 habe Aufderbeck davon gesprochen, dass Gemeinde nicht Objekt, sondern Subjekt der Seelsorge sei. Hier habe er wirklich Neues gedacht - in einer Zeit, in der die Kirche von hierarchischem Denken bestimmt war, unterstrich Magdeburgs ehemaliger Bischof Leo Nowak. Solches Denken habe Ängste ausgelöst. Angesichts heutiger Ängste in der Kirche sagte Nowak, es gelte, was auch damals galt: "Wir dürfen vor lauter Ängstlichkeit und Sorgen die Schotten nicht wieder dichtmachen."

Aufderbeck habe immer vor einer "ort- und zeitlosen Seelsorge" gewarnt, betonte der emeritierte Erfurter Pastoraltheologe Franz Georg Friemel. Seinen Ausdruck habe das etwa in der Beschäftigung mit dem Dialektischen Materialismus gefunden. Dabei sei ihm klar geworden - und das habe er den katholischen Christen vermittelt: Christentum und Kommunismus stehen sich als zwei Heilslehren wie Feuer und Wasser gegenüber. Aber auch der Kommunismus sei ein Ausdruck der Sehnsucht des Menschen nach wirklichem Heil.

Warum es nach dem Fall der Mauern 1989 nicht zu einer Wiedervereinigung des Bischöflichen Amtes Erfurt-Meiningen mit den Bistümern Fulda und Würzburg gekommen ist, zeigte der Kirchenhistoriker Josef Pilvousek (Erfurt). Das pastorale Handeln unter pragmatischen Gesichtspunkten in der Zeit der Trennung hatte dazu geführt, dass sich die Geschichte nicht wieder auf ihren Ausgangspunkt zurückkorrigieren ließ. Dazu kommt, dass das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen Fulda und Erfurt nicht immer einfach war. Aufderbeck habe sich um eine entsprechende Nähe bemüht und habe den Kontakt nach Fulda gesucht, auch als er 1973 als Apostolischer Administrator quasi die Rechte eines Diözesanbischofs hatte. Solche kirchenrechtlichen Fragen hätten in Aufderbecks Denken keine besondere Rolle gespielt.


Wallfahrten mit eigener Prägung und Bedeutung

Als ein Beipsiel für die Entwicklung eigenständiger Pastoral im Osten Deutschlands ließen sich die Wallfahrten nennen. Für die Kirchenhistorikerin Elisabeth Preuß sind dabei schlesische und sudetendeutsche Traditionen aufgegriffen worden, doch erhielten die Wallfahrten ihre eigene Prägung und Bedeutung. Für die Katholiken waren sie nicht nur ein öffentliches Glaubensbekenntnis sondern auch die Erfahrung, als Christ nicht allein zu sein und zu einer Weltkirche zu gehören. Der Bischof seinerseits hatte die Gelegenheit, einem Großteil seiner Gläubigen Wichtiges mit auf den Weg zu geben. Aufderbeck griff dabei häufig Fragen des Lebens der Katholiken in der DDR und die damit verbundenen Schwierigkeiten auf.

Biografisches

Hugo Aufderbeck ist am 23. März 1909 in Hellefeld geboren. Er studierte Philosophie und Theologie in Paderborn, Wien und München. 1936 wurde er in Paderborn zum Priester geweiht. Zunächst war er zwei Jahre Religionslehrer in Gelsenkirchen und dann bis 1948 Vikar und Jugendpfarrer in der Propsteikirche in Halle. Bis 1962 leitete er das Seelsorgeamt Magdeburg. Dann ernannte ihn Papst Johannes XXIII. als Nachfolger von Joseph Freusberg zum Weihbischof im Bistum Fulda mit Sitz in Erfurt. Als solcher nahm er am Zweiten Vatikanischen Konzil teil. 1973 wurde er Apostolischer Administrator für das Bischöfliche Amt Erfurt-Meiningen. Er starb am 17. Januar 1981 in Erfurt.

Von Matthias Holluba

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