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Wenn man nicht mehr richtig dazu gehört ...

Bistum veranstaltet erstmals gemeinsame Tage für Arbeitslose

Görlitz / Jauernick. Zum ersten Mal hatte das Seelsorgeamt des Bistums Menschen ohne Arbeit zu gemeinsamen Tagen nach Jauernick eingeladen.

Der Besuch bei Helmut Goltz (in der Bildmitte), einem christlichen Unternehmer in Görlitz, gehörte zum Programm der gemeinsamen Tage für Arbeitslose, die das Bistum zum ersten Mal veranstaltet hat.

"Aus der Bibel lernen wir, dass der Winzer auch dem, der als Letzter die Arbeit im Weinberg aufgenommen hat, seinen Lohn gibt, aber er muss etwas tun, muss Leistung zeigen." Der das sagt, ist Seilermeister Helmut Goltz. Er richtet seine Worte an die Gruppe von Arbeitslosen, die seinen Betrieb in Görlitz besuchen. Die Visite bei einem christlichen Unternehmer, der alle Höhen und Tiefen aus Sicht eines Arbeitnehmers, wie auch aus der Sicht der anderen Seite als Unternehmer kennen gelernt hat, ist Teil der Tage für Arbeitslose, die das Seelsorgeamt im St. Wenzeslausstift in Jauernick organisiert hat.

Seelsorge muss die Not der Menschen wahrnehmen

Gabi Kretschmer, Referentin im Seelsorgeamt, begründet das Engagement der Kirche damit, "dass Seelsorge die Not der Menschen wahrnehmen muss, die in einer ganz besonderen Situation sind, sich mitunter ungebraucht und wertlos fühlen. Wir wollen vom Reden zum Handeln kommen".

Die Tage vom 18. bis 22. Oktober sind gefüllt mit Terminen, die dem Ziel dienen, dass die Teilnehmer nach dieser Zeit neue Perspektiven sehen können. Ob bei der Präsentation eines Caritasprojektes in Weißwasser, bei einem Kreativworkshop mit Naturmaterialien oder den zahlreichen Gesprächen - die Teilnehmer nehmen ihre Situation danach anders wahr als zuvor.

Zu den Gesprächsrunden sind Fachleute eingeladen wie der Geschäftsführer der Industrie- und Handwerkskammer und eine Abteilungsleiterin der Agentur für Arbeit. Auf der anderen Seite des Tisches sitzen die Menschen, die gern Leistung zeigen würden, um einen ordentlichen Lohn dafür zu erhalten, aber solche Arbeit nicht finden. Lebensgeschichten, die unterschiedliche Schicksale beinhalten. "Wir wollen auf die Problematik des Einzelnen eingehen", sagt Gabi Kretschmer. "Der Besuch im ,Kuh-Kaffee‘ in einem Dorf nahe Görlitz beispielsweise zeigt die eindrucksvolle Geschichte der Chefin dieser Einrichtung. Ihr Lebensweg wurde immer wieder durchkreuzt und schlug völlig andere Richtungen ein. Schließlich aber mündete er in großer Erfülltheit." Gabi Kretschmer hofft, dass sich "die Sicht der Teilnehmer in diesen Tagen weitet."

Wo nur die Zahlen regieren, fehlt etwas

Dazu soll auch der Besuch in der Hanf- und Drahtseilerei von Helmut Goltz beigetragen. Der Chef des Unternehmens hat selbst eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Er flog von der Uni, hatte Berufsverbot, seit 1979 arbeitet er in der Firma, hat klein angefangen, sich 1980 zum Meister weitergebildet, übernahm dann Schritt für Schritt den Betrieb. Er fühlt sich verantwortlich für seine Leute, die "gut ausgebildet, motiviert und flexibel sein sollen". Er findet es nicht in Ordnung, dass in der Wirtschaft vielfach nur noch "knallhart nach Zahlen regiert wird. Da fehlt was."

90 Minuten Zeit nahm sich Helmut Goltz für das Gespräch.



Dass sie selbst nur noch eine Zahl, eine Nummer sind, haben die Teilnehmer der Tage für Arbeitslose erlebt, der frühere Gärtner im Landschaftsbau, der frühere Übersetzer von Betriebsanleitungen, der Volkskunde studiert hat und mehrere Sprachen spricht, die Facharbeiterin für Schreibtechnik, der Koch und Konditor, der Bauingenieur oder der Elektromontierer. Einige von ihnen sind zwar in Ehrenämtern tätig oder arbeiten in Ein-Euro- Jobs, aber sie würden gern wieder voll dazu gehören, vollwertig sein. Helmut Goltz, der auch politisch viele Erfahrungen gesammelt hat, "sieht eine große Verpflichtung der Kirchen, sich nicht aus der Gesellschaft zurückdrängen zu lassen, sondern sich dort zu engagieren, um wieder Gehör zu finden." Seinem Leitspruch als christlicher Unternehmer, "bete und arbeite" will er treu bleiben. Er sieht in der Einhaltung der Zehn Gebote auch als Unternehmer eine Notwendigkeit. "Es kann nicht sein, dass ich von dieser roten Linie abweiche, nur weil es für mich gut und positiv ist."

Am Ende der Tage erinnerte einer der Teilnehmer noch einmal an das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg: Die Arbeiter, die als letzte zur Arbeit kamen, erhielten zuerst ihren Lohn. So fühlten sie sich gebraucht und wertvoll. Vorausgegangen aber war, dass sie sich selbst nicht aufgegeben hatten.

Von Raphael Schmidt

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