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Anna möchte jetzt nach Indien

Besuch von Schwester Leeza Paiyapalli / Missio unterstützt Frauen-Projekt der Franzikanerinnen

Eisenach/Erfurt ( jak/hei). Anlässlich des 100. Geburtstages von Mutter Teresa präsentiert das Hilfswerk Missio im Oktober, den die Kirche als Monat der Weltmission begeht, das Engagement indischer Ordensschwestern. Im Bistum Erfurt war die Franziskanerin Leeza Paiyapalli (31) vom 17. bis 25. Oktober unterwegs.

Begegnung in Eisenach: Schwester Leeza und Missio- Referent Dario Pizzano waren gemeinsam in Thüringen unterwegs.

Eisenachs Pfarrer Heinz Gunkel macht deutlich, dass es immer besser sei, Informationen über das Leben in fernen Erdteilen direkt von Menschen zu erhalten, die aus diesen Regionen kommen. Menschen wie Schwester Leeza Paiyapalli, die sich zusammen mit anderen Ordensschwestern Indiens auf den Weg nach Deutschland gemacht hatte. Begleitert wurde Schwester Leeza vom neuen Missio- Referenten, Dario Pizzano aus Heiligenstadt.

Einzige Möglichkeit für Frauen ist oft die Flucht

Schwester Leeza berichtete vom Schicksal zweier Frauen. Reno zum Beipiel ist Akademikerin und hatte schon drei Jahre als Lehrerin gearbeitet. Dann wurde eine Ehe arrangiert, die für Reno zur Hölle wurde. In Indien ist es Sitte, dass die Familie der Braut viel Geld mit in die Ehe gibt und auch weitere Forderungen des Ehemanns erfüllt. Renos Mann wurde immer dreister und verlangte schließlich ein Auto. Doch war seine Frau nicht bereit, die Forderungen an ihre Eltern weiterzuleiten. Die Folge waren Schläge, Eingesperrtsein, ein Mordversuch … Schließlich gelang Reno die Flucht, die sie zu den Franziskanerinnen im nordindischen Lucknow führte. Schwester Leeza: "In ihrer Not betete sie zu Jesus, dass er ihr helfen möge und als sie in unser Haus kam, da wusste sie, dass er ihr geholfen hatte." Heute lebt Reno wieder eigenverantwortlich, die Ehe wurde geschieden. Doch der Konatkt zu ihrer Familie besteht nicht mehr, da diese den Anschuldigungen des Mannes mehr glaubt als ihrer eigenen Tochter.

Konflikte mit der eigenen Familie hatte zudem ein Mädchen, das sich in einen Jungen aus einer anderen Kaste verliebt hatte. "Liebesheiraten sind in Indien die absolute Ausnahme. Alles wird zwischen den Familien arrangiert. Ehen zwischen verschiedenen Kasten gibt es praktisch nicht." So wurde das Mädchen unter Druck gesetzt einen Mann zu heiraten, den sie nicht liebte. Da sie sich weigerte, sperrte sie die Familie ein, und als sie hörte, dass sie getötet werden soll, blieb nur noch die Flucht.

Schwester Leeza machte deutlich, dass beide Frauen hochgebildet sind, was im Norden Indiens eher die Ausnahme ist. "Schlimmer ist die Situationen bei denjenigen, die sich nicht zu helfen wissen, die keinen Ausweg aus ihrer Situation sehen. So müssen wir jeden Tag in der Zeitung von Ehrenmorden lesen. Das allein ist schon schlimm, doch die Dunkelziffer der Morde und der alltäglichen Gewalt ist in Indien noch viel höher", musste die Franziskanerin berichten. Zusammen mit ihren Mitschwestern setzt sich Leeza Paiyapalli im nordindischen Lucknow für diese Mädchen und Frauen ein. Diesen Frauen eine neue Existenz zu schaffen und sie auf ihrem schwierigen Weg zu begleiten, ist für Schwester Leeza gelebte Nachfolge Jesu. "Wenn es mir gelingt, ein Lächeln auf das Gesicht der Hilflosen und Unterdrückten zu zaubern, dann bin ich glücklich."

Schwester Leeza ist zudem Koordinatorin der Bewegung der Hausangestellten im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh. Alleingelassen in einer fremden Umgebung leben diese Frauen wie Sklaven am Rande der Gesellschaft, arbeiten von früh bis spät, und wenn sie überhaupt bezahlt werden, dann weit unter dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn. Fünf Euro die Woche sind eine traurige Realität. Insgesamt gibt es 92 Millionen solcher Haushilfen, 20 Prozent von ihnen sind unter 14 Jahren.

Frauen aus der Isolation holen

Das Nav Jagruti-Haus der Franziskanerinnen für Frauen in Not ist deshalb auch für diese Frauen eine Anlaufstelle für Beratung und oft die einzige Zufluchtsstätte. Schwester Leeza hat ihr ganzes Leben auf die Arbeit mit diesen Frauen und ihren Kindern ausgerichtet, die von ihren Arbeitgebern oft noch nicht einmal mit ihrem Namen angesprochen werden. Rechtsberatung und politische Interessenvertretung in einer Gesellschaft, die ohne diese billigen Arbeitskräfte kaum mehr auskäme, sind für die Ordensfrau ebenso wichtig wie die seelsorgliche Begleitung der Frauen, die in ihrem Leben nie Wertschätzung erfahren haben.

Jeden Tag sucht sie die Frauen da auf, wo sie arbeiten, bespricht mit ihnen ihre Situation, sucht nach Lösungen für Probleme und organisiert Schulunterricht für die Kinder. Die Frauen, die meist noch nicht einmal die Sprache der Städter sprechen, aus der Isolation herauszuholen und ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind, dass sie Begabungen haben und Respekt verdienen, ist ein erster Schritt in ein neues Leben. So auch bei Protestmärschen, bei denen die Frauen und die Schwestern gemeinsam auf die Straße gehen, um auf die Not aufmerksam zu machen

Missio-Referent Dario Pizzano wies darauf hin, dass die Arbeit der Franziskanerinnen um Schwester Leeza vom Hilfswerk Missio weiter unterstützt wird. Spenden, auch über den Weltmissionssonntag hinaus, kommen dort an, wo sie dringend gebraucht werden, betonte Pizzano. Begonnen hat die Tour von Schwester Leeza in Meiningen, wo Bischof Joachim Wanke mit der Gemeinde einen Gottesdienst feierte. "Der Bischof hat sich viel Zeit genommen", freut sich Dario Pizzano. Und auch sonst hat Schwester Leeza nun im Bistum Erfurt viele Freunde. Beispielsweise die kleine Anna in Winterstein. Dario Pizzano: "Anna und Leeza haben sofort Freundschaft geschlossen. Nun möchte Anna schnell nach Indien fahren. Das Problem ist nur, ihre Mutter weiß noch nichts davon."

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