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Friedensgruß mit Helmut Kohl

Polens Ex-Premier Mazowiecki für seinen Beitrag zur deutsch-polnischen Verständigung geehrt

Görlitz. Tadeusz Mazowiecki (83), früherer polnischer Ministerpräsident, hat den Brückepreis erhalten. Als Bürgerrechtler, Schriftsteller und Staatsmann sei er maßgeblich für die Freiheit in Europa und die Verständigung der Völker eingetreten, heißt es zur Begründung.

Brückepreisträger Mazowiecki (links) und sein Laudator Alt-Erzbischof Nossol. Fotos: Raphael Schmidt

Die ehemalige Synagoge in Görlitz ist an diesem Abend bis auf den letzten Platz gefüllt. In wenigen Minuten wird der "Internationale Brückepreis der Europastadt Görlitz/ Zgorzelec 2010" verliehen. Im Auditorium sitzen in diesem Jahr deutlich mehr katholische Christen als sonst. Der Grund dafür ist einfach: Sowohl der prominente Preisträger als auch der Laudator sind katholische Christen und haben für ihren Glauben im Laufe ihres Lebens einiges riskiert und ertragen.

Feierliche Stille herrscht, als der Preisträger Tadeusz Mazowiecki seinen Platz in der ersten Reihe einnimmt. Dort sitzen - neben den Bürgermeistern der Europastadt östlich und westlich der Neiße - auch die Vertreter der Kirchen, der evangelische Regionalbischof Hans-Wilhelm Pietz und der katholische Altbischof Rudolf Müller. "Wir haben die ehemalige Synagoge für die Verleihung des Brückepreises gewählt, weil sie ein Ort des Innehaltens ist", sagt Prof. Dr. Willi Xylander, der Präsident der Gesellschaft zur Verleihung des Brückepreises. Dieses Innehalten, diese Erinnerung an erlebte jüngste Geschichte geschieht in dieser Stunde der Preisverleihung.

Der polnische Alt-Erzbischof Alfons Nossol (Opole / Oppeln) hält die Laudatio auf Mazowiecki - in deutscher Sprache: "Brücken schütten Gräben nicht einfach zu, aber sie machen sie von beiden Seiten begehbar", würdigt er Mazowieckis Lebensleistung für die deutsch-polnische Verständigung. Nossol hebt Stationen des Lebens des Preisträgers hervor: 1946 bis 1955 engagierte er sich im Pax-Verein. 1957 arbeitete er bei der Breslauer Wochenzeitung der Katholiken und war Mitbegründer des katholischen Clubs der Intelligenz. Ein Jahr später gründete er die Monatszeitschift "Wiez" (Band). Und 1981 stand er - der katholische Intellektuelle - neben dem Elektriker Lech Walesa, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft Solidarnosc.

Im selben Jahr - nach Verhängung des Kriegsrechts in Polen - wurde Mazowiecki interniert. Die polnischen Bischöfe erhielten damals die Erlaubnis, einen Internierten aus ihrem Bistum zu besuchen. "Ich hatte keinen eigenen, also besuchte ich Mazowiecki im Internierungslager", erinnert sich Bischof Nossol. Einige Jahre später (1989) wurde Mazowiecki der erste nichtkommunistische polnische Ministerpräsident nach dem Zweiten Weltkrieg. Nossol: "Unermüdlich setzte er sich für die polnisch-deutsche Verständigung ein. Von Anfang an war ihm die deutsch-deutsche Vereinigung dabei ein wichtiges Anliegen. Der bürgerliche Katholik sah dies als unverzichtbar für ein geeintes Europa an."

Alt-Erzbischof Nossol (Mitte) mit den Vertretern der beiden großen Kirchen in Görlitz: Alt-Bischof Müller (links) und Regionalbischof Pietz.

Dann geht Bischof Nossol in seiner Laudatio auf einen "ganz besonderen Höhepunkt der Versöhnung zwischen Polen und Deutschland" ein: den 12. November 1989. Bei einer heiligen Messe in Kreisau (Krzyzowa), die Nossol zelebriert, kam es - während des Friedensgrußes - zu einer "himmlischen Begegnung" zwischen Tadeusz Mazowiecki und Helmut Kohl. Die beiden Staatschefs umarmten sich. "Diese Geste ging von Ihnen aus, Herr Mazowiecki". ruft Nossol in Erinnerung und fügt hinzu: "Wahre Vergebung kommt ohne die Gnade der Vergebung nicht aus." Übrigens - so berichtet Bischof Nossol - hatten Sicherheitskräfte im Vorfeld versucht, den historischen Friedensgruß zu verhindern. Nossol hatte ihnen damals entgegnet: "Rufen Sie den Vatikan an und erbitten Sie eine Dispens für den Friedensgruß. Er gehört in jede heilige Messe."

Auch der Brückpreisträger selbst erinnerte an diese Begegnung mit Helmut Kohl: "Kreisau war Symbol für ein anderes, ein besseres Deutschland", sagt Tadeusz Mazowiecki. "Wir haben ein neues gemeinsames Zuhause Europa geschaffen."

Von Raphael Schmidt

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