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Leben aus der Kraft des Wortes

Vor 20 Jahren hat Bischof Joachim Reinelt die Tradition der "Firmsprüche" eingeführt

Leipzig. Seit rund zwanzig Jahren wählen Firmbewerber im Bistum Dresden-Meißen mit Blick auf ihr weiteres christliches Leben nicht nur - wie auch andernorts üblich - einen Heiligen, sondern zusätzlich ein Wort aus der Bibel aus. Frisch Gefirmte aus Leipzig- Lindenau erzählen, was sie mit "ihrem" Wort verbinden.

Die Jugendlichen, die am 17. Oktober in der Leipziger Liebfrauengemeinde gefirmt wurden, sind sich einig: Keine "Eintagsfliege" soll der Firmspruch sein, sondern ein Wort, das prägend ist für das ganze Leben. "Es muss zu mir passen", sagt Maria Mayer. Sie hat zunächst im Internet nach möglichen Firmsprüchen gegoogelt. Über die Vorauswahl der Bibelpassagen, die sie ansprechend fand, hat sie sich dann ausführlich mit ihrem Freund beraten. Bei der Entscheidung hat sie sich letztlich zu einem guten Teil "auf das Bauchgefühl verlassen". Ihr Lebenswort steht im Buch der Psalmen: Der Herr ist bei mir, ich fürchte mich nicht. Was können Menschen mir antun? (Ps 118,6)

"Ich erlebe das immer wieder: Menschen haben mich verletzt, aber es trifft mich nicht wirklich tief, denn ich spüre Gottes Hilfe." Das Gottvertrauen, das Maria mit der Wahl ihres Firmspruchs zum Ausdruck bringen möchte, sei in ihrer Familie grundgelegt worden.

Auch Christoph John will mit seinem Firmspruch eine Grundeinstellung dem Glauben gegenüber zum Ausdruck bringen. Wie Maria hat er sich für ein Psalmwort entschieden: Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, so groß ist seine Gnade über denen, die ihn fürchten" (Ps 103,11). Dass Gott uns Menschen nicht kleinkrämerisch alle Vergehen aufrechnet, sondern dass er ein liebender Gott ist, steht für ihn im Blick auf dieses Wort im Vordergrund. Für sein Leben ist ihm das besonders bewusst geworden, als er kürzlich ein Jahr in Neuseeland verbracht hat: "Dass ich dort so viel Schönes und Bereicherndes erleben durfte, ist nicht selbstverständlich. Ich habe oft gedacht: Da muss noch jemand die Hände mit im Spiel gehabt haben." Dass in seinem Firmspruch auch von "fürchten" die Rede ist, heißt für Christoph nicht, dass er Gott für angsteinflößend hält. "Mir ist aber auch klargeworden, dass ich meinen Glauben und mein Leben nicht auf die leichte Schulter nehmen darf", sagt der 17-Jährige.

Ihr künftiges Handeln soll vom Psalm 34,15 geprägt sein, hat sich Anne Zschornack vorgenommen: "Meide das Böse, tue das Gute, suche den Frieden und jage ihm nach." Sie möchte so leben, dass ein Stück Frieden in die Welt kommt und denkt dabei besonders an ihr späteres Berufsleben: "Bei den Entscheidungen, die ich im Beruf einmal zu treffen habe, möchte ich darauf achten, dass niemand dadurch benachteiligt wird", erläutert sie. Auch in der Schule, ihrem jetzigen Lebensumfeld, sieht sie Möglichkeiten, ihr Bibelwort mit Leben zu erfüllen: "Zum Beispiel, dass ich Geheimnisse, die mir jemand anvertraut, nicht ausplaudere ..."

Auf der Suche nach einem Wort, das ihr hilft, ihren Lebensweg als Christin weiterzugehen, ist Sarah Althammer (16) im ersten Korintherbrief fündig geworden: "Alles was ihr tut, geschehe in Liebe" (1 Kor 16,14). Das Wort soll sie anspornen, liebevoller, hilfreicher zu werden, in einzelnen Situationen, aber auch in der kompletten Lebensplanung. "Klar, dass das nicht einfach ist, aber ich möchte es als Ziel im Blick behalten", sagt Sarah. Sie hat sich vorgenommen, sich in einem sozialen Projekt zu engagieren. Vor allem kommt es ihr aber auf die Haltung an, in der sie anderen Menschen begegnet. Als Vorbild ist ihr dabei Edith Stein vor Augen, die sie als Firmpatronin ausgewählt hat. Beeindruckend findet sie unter anderem, dass Edith Stein ihre Chance zur Flucht vor der drohenden Deportation ins KZ nicht genutzt hat, weil ihre Schwester nicht hätte mitkommen können.

Auch Simon Nagel sieht einen engen Zusammenhang zwischen seinem Firmspruch und dem Firmpatron: "Liebt einander, denn die Liebe hält alles zusammen und macht alles vollkommen" (Kol 3,14) heißt sein Bibelwort, das er besonders im Leben von Roger Schutz, dem Gründer der Bruderschaft von Taizé, verwirklicht sieht. Simon erinnert sich gern an seinen eigenen Aufenthalt in Taizé "Ich hatte dort sehr viel Spaß, habe aber auch viel nachgedacht." An Frère Roger bewundert er besonders dessen Mut und die Konsequenz, mit der er Nächstenliebe gelebt hat, beispielsweise, als er sich während des Zweiten Weltkriegs an der Front um Verwundete kümmerte und Juden versteckte. Nächstenliebe ist ein Ziel, für das es sich zu leben lohnt, ist Simon überzeugt.

Von Dorothee Wanzek

Zitat

"Ich sehe immer in glückliche junge Gesichter"


Angeregt von der Praxis der evangelischen Kirche zur Konfirmation hat Bischof Joachim Reinelt vor etwa zwanzig Jahren eingeführt, dass Firmbewerber im Bistum Dresden-Meißen ein Bibelwort benennen. Nach Ansicht des Bischofs hat sich diese Tradition, die mittlerweile auch in tschechischen Nachbarbistümern aufgegriffen wurde, bewährt: "Unsere jungen Christen brauchen unbedingt einen lebendigen und persönlichen Kontakt zum Wort Gottes. In der Annahme des göttlichen Wortes geschieht Kommunion mit Christus. Nach den Kirchenvätern und dem Zweiten Vatikanum ist diese Kommunion nicht geringer einzuschätzen als die eucharistische Kommunion. Wenn die Firmlinge während der Feier sich zum Wort Gottes bekennen, verknüpfe ich damit die Erinnerung an die Gestaltung des Lebens aus der Kraft dieses Wortes. In diesem kurzen Dialog nach der Spendung des Firmsakraments sehe ich immer in glückliche junge Gesichter."

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