Hohenmölsen zeigt: Wir sind bunt, nicht braun
Katholische Kirche beim Aktionsbündnis gegen den NPD-Parteitag in der Stadt
Hohenmölsen. Mehrere Hundert Menschen haben in Hohenmölsen gegen den Bundesparteitag der rechtsextremen NPD in ihrer Stadt protestiert. Mit dabei waren auch die Christen und die Kirchengemeinden.
Bunte Stoffreste sind zu einem langen Band zusammengebunden und mehrfach um die Hohenmölsener Stadtkirche gezogen worden. Auch über dem Altmarkt und hin zum Rathaus hängt die Toleranzkette in Ästen, an Straßenlampen und was sonst noch als Halterung dienen kann. Menschen tragen bunte Kleidung, haben sich Blumenketten um den Hals geschwungen und immer wieder steigen Luftballons in den Himmel. Hohenmölsen ist bunt, tolerant, respektvoll. Und das zeigen die Menschen auch bei einem Aktionstag am 6. November. "Bunte sta(d)tt Braune" - so lautete das Motto der Veranstaltung.
Anlass für die friedliche Veranstaltung war der Bundesparteitag der rechtsextremen NPD, die sich im Bürgerhaus der Stadt eingemiete hatte. Zwar hatte die Stadt versucht, dagegen rechtlich vorzugehen, aber das gelang nicht. Der Parteitag durfte stattfinden und so organisierte ein Aktionsbündnis binnen zehn Tagen eine friedliche und vor allem bunte Gegenveranstaltung.
Dem Bündnis voran standen die katholische und evangelische Kirche der Stadt sowie die Kommune selbst. Aber auch Vereine, Gruppen, Musiker, Chöre und Parteien brachten sich in die Vorbereitungen an. Der katholische Pfarrer Rudolf Hempel und sein evangelischer Amtskollege Thomas Wisch fungierten als Sprecher des Bündnisses.
"Es ist gut zu wissen, dass diese Stadt so zusammenhält", sagte Pfarrer Hempel in einer Pressekonferenz am Tag der Veranstaltung. Er erinnerte auch daran, dass sich die katholische Gemeinde in der Stadt erst richtig nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hat. Nicht wenige der Hohenmölsener Katholiken sind also direkt oder indirekt Opfer des Naziregimes. Sie kamen als Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemals deutschen Ostgebieten in die Region. Umso betroffener zeigte sich Pfarrer Hempel, als das Vorhaben der NDP bekannt wurde und zahlreiche Gläubige bei ihm das Gespräch suchten. "Ich weiß, dass viele im Herzen bei uns sind, auch die, die aus Angst nicht zum Aktionstag kommen. Da muss man tolerant sein", sagt der katholische Seelsorger.
Auch in der vom Aktionsbündnis verfassten Hohenmölsener Erklärung wird auf eben jene sorgenvoll dreinblickenden Bürger und Zeitzeugen des Krieges, der Vertreibung und Zerstörung hingewiesen. Aber auch auf die, die vor 20 Jahren auf die Straße gingen und mit vielen anderen im Land die Demokratie erstritten. Rund 750 Menschen haben die Erklärung, in der sich die Stadt von braunem Gedankengut distanziert, unterschrieben und damit noch ein schriftliches Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus gesetzt. Die Blätter werden nun zu einem Buch gebunden und im Stadtarchiv von Hohenmölsen aufbewahrt.
Alltag ist auch Tage nach dem Aktionstag und Bundesparteitag der NPD nicht eingekehrt, der Redebedarf ist groß, sowohl an Schulen, als auch im Rathaus und den Kirchengemeinden. Doch Hohenmölsen hat deutlich gezeigt, dass es "bunt sta(d)tt braun" ist und darauf sind die Bürger und Mitglieder des Aktionsbündnisses stolz.
Von Claudia Petasch
Im Wortlaut
Hohenmölsener Erklärung
Auszug aus der Hohenmölsener Erklärung (unterzeichnet vom Stadtrat der Stadt und vom Aktionsbündnis "Bunte Sta(d)tt Braune"): ... Seit dem Bekanntwerden der Nachricht (dass der Bundesparteitag der NPD in Hohenmölsen stattfindet, d. Red.) bewegt das viele Menschen in Hohenmölsen und in der Region. Sorgenvoll blicken nicht nur jene Bürgerinnen und Bürger, die Zeitzeugen von Krieg, Zerstörung und Vertreibung wurden, auf dieses Ereignis in der Stadt. Wir erklären: Die NPD ist eine Partei, die in Buchstaben und Geist Ziele, die unsere Werteordnung und der Verfassung zuwiderlaufen, verfolgt. Vor 20 Jahren erstritten wir mit vielen in diesem Land die Demokratie. Sie gilt es, zu bewahren und zu festigen. ... Wir wenden uns entschieden und gewaltfrei gegen die von der NPD betriebene Verklärung des Nationalsozialismus, gegen Antisemitismus und Rassismus. Als Demokraten unterschiedlicher weltanschaulicher Prägung treten wir gemeinsam für Demokratie, Weltoffenheit, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz ein. Unsere Stadt ist kein Ort für Neonazis. Gemeinsam stehen wir für Respekt, Demokratie und Toleranz ein. Hohenmölsen ist bunt und vielfältig - bunt - nicht braun.